Dr. Inge Gräßle
Inge Gräßle
CDU
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Frage von Armin W. •

Frage an Inge Gräßle von Armin W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Gräßle,

die Zensur könnte schon sehr bald die kulturellen Normen des Webs, wie wir es kennen, auf den Kopf stellen. Upload-Sperren sorgen in Kombination mit fehleranfälligen Algorithmen dafür, dass selbst das Posten von Links künftig ein massives Problem darstellen wird. Derartiges wird sich vor allem auf Plattformen wie Twitter, Facebook, 9GAG und Co. zeigen. Um genau zu sein – höchstwahrscheinlich auf allen Lieblingswebsites. Denn hier würden die Artikel 11 und 13 dafür sorgen, dass Verlinkungen und direkte Zitate geschwärzt oder sogar gänzlich am Hochladen gehindert werden. Das ist aus meiner Sicht ein verheerender Schritt und ich bitte Sie daher um Ihre Meinung zu dem Thema.

Hoachtungsvoll

A. W.
73079 Süßen
P.S. Ich unterstütze diese Petition mit fast 600,000 Unterstützer: change.org/savetheinternet-de

Dr. Inge Gräßle
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Eine Reform des Urheberrechts ist dringend notwendig, um es an das veränderte Nutzungsverhalten der Bürger anzupassen und dabei die Interessen von Künstlern und Internetnutzern zu berücksichtigen. Denn der Schutz der Rechte am geistigen Eigentum und die Förderung eines breiteren Zugangs zu Werken sind die Säulen der wirtschaftlichen Nutzung des Internets und Grundlagen der digitalen Wirtschaft der EU.

Hierbei soll Artikel 11 Presseverlagen die Möglichkeit geben, dass diese für die kommerzielle Nutzung von Artikeln, eine Vergütung erhalten. Denn es werden die Inhalte der Presseverlage genutzt und deshalb müssen sie auch am Gewinn beteiligt werden. Damit wird auch der Qualitätsjournalismus geschützt und unterstützt. Dieses sogenannte Leistungsschutzrecht führt keine „Link-Steuer“ ein. Das Posten und Teilen von Links für die private Nutzung ist nicht von Artikel 11 betroffen, da dies eine nichtkommerzielle Nutzung ist.

Artikel 13 bezieht sich lediglich auf Plattformen, die ihre Geschäftsmodelle auf die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten aufgebaut haben. Diese Plattformen sollen für die Veröffentlichung von geschützten Inhalten in Zukunft bezahlen. Große Plattformen wie YouTube setzen bereits eigene Erkennungssoftwares ein, um urheberrechtlich geschützte Werke zu schützen.

Nun sollen auch andere Plattformen Erkennungssoftwares einsetzen. Diese sollen nur bei Plattformen eingesetzt werden, die von Verstößen gegen das Urheberrecht am meisten profitieren. Dabei müssen Plattformen mit Rechteinhabern Lizenzen abschließen. Zudem sollen Künstler, Verleger und andere Urheber den Plattformen alle Informationen mitteilen, um erkennen zu können, welche Werke veröffentlicht oder nicht veröffentlicht werden dürfen. Das heißt, Urheber müssen den Plattformen aktiv mitteilen, welche Werke nicht ohne Zustimmung veröffentlicht werden dürfen. Damit kann eine generelle Überwachung nicht stattfinden. Von "Uploadfiltern" oder einem generellen Monitoring kann demnach auch nicht gesprochen werden. Artikel 13 verpflichtet nur kommerzielle Plattformen und nicht Konsumenten. Internetnutzern wird es weiterhin möglich sein, kostenfrei Bilder auf 9GAG, Facebook und anderen Plattformen wie zum Beispiel Memes zu posten. Die Reform des Urheberrechts soll weiterhin für Parodien, Kritik, Zitation etc. Ausnahmeregeln beinhalten.

Zum Stand des Gesetzgebungsprozesses möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Bericht des Rechtsausschuss Anfang Juli vom Plenum in der jetzigen Fassung abgelehnt wurde. Damit wird der Verhandlungsbeginn mit dem Ministerrat zunächst verschoben. Das bedeutet, dass es in der Plenarsitzungswoche im September die Möglichkeit gibt, Änderungen am bisherigen Bericht des Rechtsauschusses einzubringen. Ein Abgeordneter kann mit Unterstützung der Fraktion, des Ausschusses oder mit mindestens einem Zwanzigstel der Mitglieder des Parlaments Änderungsanträge zum Bericht des Rechtsauschusses einreichen. Wie der Rechtstext dann letztendlich aussehen wird, lässt sich also zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit Sicherheit sagen, da dieser sich in den Verhandlungen mit dem Ministerrat nach der Mandatserteilung im Plenum noch einmal ändern kann.

Mit freundlichen Grüßen

Inge Gräßle

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