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Ines Schwerdtner
Die Linke
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Frage von Holger G. •

Soll die Bundeswehr und die NATO abgeschafft werden ?

Sehr geehrte Frau Schwerdtner,

Ihre Beiträge bei „Hart Aber Fair“ erzeugen bei mir den Eindruck das Sie grundsätzlich gegen eine verteidigungsbereite Armee sind. Das konsequent weitergedacht bedeutet ja geradezu eine Aufforderung für die russische Förderation unser Land zu besetzen. Bitte verzeihen Sie mir in diesem Zusammenhang die provokante Frage ob das für „Die Linke“ sogar ein Ziel ist. Mit einer kompetenten Antwort helfen Sie mir bei meiner Einstellung gegenüber Ihrer Partei.

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Antwort von
Die Linke

Sehr geehrter Herr G., 

vielen Dank für Ihre Fragen. 

Putins Angriffskrieg führt nicht nur zu unermesslichem menschlichem Leid und unzähligen Opfern, dieser Völkerrechtsbruch hat zudem die internationale Ordnung schwer erschüttert. Die Linke verurteilt den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und wünscht selbstverständlich nicht, dass Deutschland von Russland besetzt wird.

Die Linke fordert auch nicht die Abschaffung der Bundeswehr. Wir wollen eine angemessen ausgestattete Bundeswehr - angemessen bedeutet, dass die Bundeswehr für eine effektive territoriale Landes- und Bündnisverteidigung befähigt sein muss. Angemessen bedeutet verteidigungsfähig, aber nicht kriegstüchtig. Deshalb wollen wir die Bundeswehr auf eine strukturelle Nichtangriffsfähigkeit ausrichten und bspw. keine Rüstungsgüter mehr beschaffen, die für sogenannte „out of area“-Einsätze geeignet sind.

Von der Bundesregierung fordern wir mehr Transparenz dahingehend, was die Bundeswehr für ihre Verteidigungsfähigkeit wirklich benötigt. Das letzte Dokument zur Konzeption der Bundeswehr stammt aus dem Jahr 2018. Wir fordern transparente Berechnungen und Konzepte, welche aktuellen Bedarfe die Bundeswehr decken muss, um verteidigungsfähig zu sein – und nicht einfach Forderungen nach immer mehr Aufrüstung und einer Wehrpflicht.

Besonders in konfliktreichen Zeiten braucht es auch aus unserer Perspektive Bündnisse, die sich konsequent für Frieden einsetzen, und nicht in einem eigenen ökonomischen oder hegemonialen Interesse handeln. Die NATO wird angeführt und dominiert von den USA, die sich besonders in den letzten Jahren als extrem unzuverlässiger Partner erwiesen haben. In der Vergangenheit haben sie zudem schon mehrfach im eigenen Interesse völkerrechtswidrige Angriffskriege geführt, wie gegen den Irak oder Afghanistan. Diese haben in keinem Fall zu langfristigem Frieden, sondern nur zu mehr Instabilität, Konflikt und Leid in den betroffenen Ländern und Regionen geführt. Von so einem Partner wollen wir uns nicht abhängig machen. Deswegen ist es ein langfristiges Ziel der Linken, dass die NATO durch andere, neue Bündnisse ersetzt werden muss – aber nicht von heute auf morgen ohne Ersatz abgeschafft. 

Diese anderen Bündnisse müssen sich den Logiken von Gewalt, fortlaufender Eskalation und Hegemonialansprüchen entziehen, und dafür konsequent auf diplomatische Mittel und Verhandlungen setzen. Ein Ansatzpunkt ist die verstärkte sicherheitspolitische Integration im Rahmen der EU-Verträge, die eine gemeinsame Verteidigung der EU möglich machen würde. Eine gute Koordination der Verteidigungsfähigkeiten zwischen den EU-Staaten würde zudem teure Doppel- bzw. Mehrfachstrukturen abbauen und zu mehr Effizienz beitragen. 

Die Linke steht für die Lösung von Konflikten nicht durch Aufrüstung und Eskalation, sondern durch Dialog, Verständigung und den Abbau von Spannungen. Wir wollen eine internationale Ordnung, basierend auf solidarischer Zusammenarbeit und Respekt vor dem Völkerrecht. Mit Blick auf die aktuelle Konfliktlage braucht es dafür auch eine verteidigungsfähige Bundeswehr, aber ohne Aufrufe zur „Kriegstüchtigkeit“ oder ein Vorantreiben der Militarisierung in der Gesamtgesellschaft. Die NATO hat zuletzt immer wieder gezeigt, dass sie ihrer Rolle als Friedensgarantin nicht mehr gerecht werden kann. Deswegen fordern wir perspektivisch, die NATO durch neue Bündnisse zu ersetzen, die konsequent für Frieden und Diplomatie eintreten – mit verlässlichen Partnern. 

Die Linke will eine friedliche und demokratische Außenpolitik, die internationale Solidarität über Profitinteressen stellt. Die Europäische Union muss sich in der Blockkonfrontation unabhängig machen, Sicherheit selbstständig organisieren und entschieden für globale Gerechtigkeit, Kooperation und Demokratie eintreten. 

Mit solidarischen Grüßen 

Das Team von Ines Schwerdtner 

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