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Hubertus Heil
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Frage von Christine W. •

Frage an Hubertus Heil von Christine W. bezüglich Soziale Sicherung

Zum Thema Grundrente würde mich interessieren weshalb diese nur für Personen gelten soll, die 35 Jahre Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt haben und sich die Grundrente nicht an der tatsächlichen Arbeitsleistung orientieren soll?

Hintergrund der Frage ist, dass seit der Agenda 2010 durch die Möglichkeit der Aufstockung der Grundsatz, dass Mini-Job-Arbeiter aufgrund von leistungskräftigen Familienmitgliedern keine weitere soziale Absicherung - gerade auch im Alter - brauchen, keine Anwendung mehr findet. Zudem hat die Agenda 2010 den Verzicht auf die Pauschale für die gesetzliche Rentenversicherung möglich gemacht, von der sicherlich viele Menschen, die als "Aufstocker" dringend auf jeden Cent angewiesen sind, Gebrauch gemacht haben. Da vor Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 zum Teil Stundelöhne von 3,25 Euro durchaus möglich, wenn auch sittenwidrig waren (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.04.2009, Az.: 5 AZR 436/08), haben hier viele Menschen zu einem "Hungerlohn" in sogenannten Mini-Jobs schwer gearbeitet ohne jedoch von der Rentenversicherung erfasst zu werden.

Wieso soll die Grundrente aufgrund des derzeit diskutierten Konzepts der GroKo nicht für diese Menschen gelten, die vielleicht sogar deutlich mehr als die von Ihnen als Mindestmaß vorgesehenen 35 Jahre gearbeitet haben - und als langjährige "Aufstocker" das Geld dringend benötigen würden -, jedoch keine (ausreichenden) Rentenversicherungszeiten vorweisen können und damit von Ihrem bisher diskutierten Konzept von vornherein ausgeschlossen werden sollen?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Winkler,

vielen Dank für Ihre Frage zur Grundrente, gerne beantworte ich Ihre Frage.

Bei der Grundrente geht es um die Anerkennung der Lebensleistung für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung: Wer beim regulären Übergang in die Alters-rente mindestens 33 Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder (sozialversicherungspflichtig) selbstständig tätig war, der soll im Alter eine spürbar höhere Rente haben. Arbeit muss sich lohnen, auch bei der Rente. Für viele Menschen, die wenig verdient haben, die Kinder großgezogen oder Angehörige gepflegt haben, ist das oft aber nicht die Realität: Lagerarbeiterinnen und Lagerarbeiter, Kassiererinnen und Kassierer, Küchenhilfen, Friseurinnen und Friseure, Kellnerinnen und Kellner, Beschäftigte in Call Centern, Rezeptionisten und Rezeptionistinnen, Köche, Zahnarzthelferinnen und Zahnarzthelfer, Pflegepersonal, Berufskraftfahrer, Floristen und Floristinnen und viele andere haben nach einem Leben voller Arbeit eine anständige Rente verdient. Grundlage dafür sind anständige Löhne. Deshalb machen wir uns für gute Löhne und eine breite Tarifbindung stark. Allerdings hilft das nicht denjenigen, die bisher zu geringen Löhnen gearbeitet haben. Für sie brauchen wir eine Lösung.

Mit der Grundrente werden rund 1,3 Millionen Menschen mit geringen Rentenbeträgen mehr Rente bekommen. Darunter sind überwiegend Frauen (rund 70 Prozent), die häufig der Familie wegen nur Teilzeit oder in weniger gut bezahlten Berufen gearbeitet haben und häufig weniger verdienen als Männer. Darüber hinaus ist tendenziell von einem höheren Anteil von Beziehern der Grundrente in den neuen Bundesländern auszugehen. Denn die Versicherten im Osten haben oft besonders lange, aber zu niedrigen Löhnen gearbeitet.

Die Grundrente setzt geleistete Arbeit voraus, denn Arbeit soll einen spürbaren Unterschied machen. Wer mit 17 oder 20 in die Ausbildung gegangen ist, hat 45 bis 50 Jahre bis zum Eintrittsalter für die Regelaltersrente vor sich. Diese Zeit ist im Regelfall zu einem wesentlichen Anteil mit Arbeit gefüllt – dazu zählen aber auch Zeiten der Kindererziehung und Pflege Angehöriger ebenso wie Zeiten der Berufsausbildung, soweit es sich um eine (sozialversicherungspflichtige) Beschäftigung gegen Entgelt handelte. Die Grundrente setzt lediglich mindestens 33 Jahre an entsprechenden Versicherungszeiten (Grundrentenzeiten) voraus. Das ist eine angemessene Grenze. Denn diese 33 Jahre sind selbst mit längeren Zeiten der Arbeitslosigkeit zu erreichen.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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