Was halten Sie von einer Neuauszählung der Bundestagswahl?
Ist der Bundestag evt falsch zusammen gesetzt, da es Zählfehler bei der letzten Bundestagswahl gab.
Und muss nicht wenn es berechtigten Zweifel gibt dieser durch Nachzählung ausgeschlossen werden?
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage zur möglichen Neuauszählung der Bundestagswahl vom Februar 2025 und meiner Haltung dazu. Die Sorge um ein korrektes Wahlergebnis ist nachvollziehbar – schließlich ist die freie und faire Wahl das Fundament unserer Demokratie. Gerade deshalb gibt es in Deutschland sehr klare gesetzliche Verfahren, um Auszählungen zu überprüfen und eventuelle Fehler zu korrigieren.
Nach dem Bundeswahlgesetz erfolgt die Stimmenauszählung in einem mehrstufigen Verfahren, das an mehreren Punkten kontrolliert wird.
Grob zusammengefasst:
- Jede Stimme wird zunächst im Wahllokal öffentlich ausgezählt, und die Ergebnisse werden von den Mitgliedern des Wahlvorstands gegengezeichnet. Niemand zählt alleine aus.
- Stimmen, über deren Gültigkeit Uneinigkeit besteht, werden gesondert behandelt und protokolliert.
- Danach werden die Ergebnisse an die Kreiswahlleitung übermittelt und nochmals geprüft.
- Erst nach dieser Überprüfung werden sie an die Landes- und schließlich an die Bundesebene weitergeleitet, wo der Bundeswahlausschuss das endgültige Ergebnis feststellt.
Wenn bei diesen Prüfungen Unregelmäßigkeiten auffallen, können Nachzählungen angeordnet werden; Das ist bei der Bundestagswahl 2025 in einigen Wahlkreisen auch geschehen.
Tatsächlich gab es nach der Wahl im Februar 2025 in mehreren Wahlbezirken kleinere Korrekturen. Dabei wurden einige Stimmzettel, die zunächst falsch zugeordnet waren, richtiggestellt. Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hatte Nachzählungen gefordert, weil das Ergebnis knapp war. Diese Überprüfungen fanden in den zuständigen Wahlkreisen statt und führten zu geringen Abweichungen, die aber das bundesweite Endergebnis und die Sitzverteilung im Bundestag nicht grundlegend verändert haben. Das Bundesverfassungsgericht hat daher keinen Anlass gesehen, eine flächendeckende Neuauszählung anzuordnen
Aus Grüner Sicht ist klar: Jede berechtigte Beanstandung muss sorgfältig geprüft werden. Wenn es Hinweise auf Zählfehler gibt, ist eine Nachzählung selbstverständlich richtig und notwendig – genau dafür gibt es das Wahlprüfungsverfahren nach Artikel 41 des Grundgesetzes (Art. 41, GG) und dem Wahlprüfungsgesetz (WahlPrG). Dieses Verfahren erlaubt es jedem und jeder Wahlberechtigten, innerhalb von zwei Monaten Einspruch gegen die Wahl einzulegen. Die Prüfung erfolgt durch den Bundestag und kann im Zweifel auch vor dem Bundesverfassungsgericht enden. Das schafft eine rechtsstaatlich klare und transparente Kontrolle. Die Frist zur Einlegung eines Einspruchs für die vergangene Bundestagswahl lief am 23.04.25 ab.
Eine pauschale Neuauszählung aller Stimmen in ganz Deutschland wäre dagegen weder praktikabel noch rechtlich vorgesehen. Sie setzt konkrete Anhaltspunkte für Fehler voraus, die das Gesamtergebnis beeinflussen könnten. Solche Hinweise liegen nach allen bisherigen Prüfungen allerdings nicht vor. Das Wahlverfahren hat also funktioniert – nicht fehlerfrei im Detail, aber verlässlich im Ergebnis.
Meine Haltung und die meiner Partei Bündnis 90/Die Grünen ist eindeutig: Wir wollen das Vertrauen in demokratische Prozesse stärken, indem sie nachvollziehbar und überprüfbar bleiben. Transparenz und Kontrolle sind wichtig, aber auch die Verhältnismäßigkeit. Der Rechtsstaat bietet den Rahmen, um berechtigte Zweifel zu klären, ohne durch unbegründete Nachzählungsforderungen das Vertrauen in den Wahlprozess selbst zu untergraben.
Ich hoffe ich konnte Ihnen damit weiterhelfen.
Freundliche Grüße
Hermino Katzenstein

