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Hermann Otto Solms
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Frage von Stephen F. •

Frage an Hermann Otto Solms von Stephen F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

sehr geehrter herr dr solms

die abstimmung über das neue meldegesetz und speziell den §§44 fand statt während einer übertragung eines fussballspiels zur em. dabei waren nur sehr wenige abgeordnete im bundestag anwesend. eigentlich kann man sagen, dass der bundestag nicht beschlussfähig ist, wenn nur so wenige abgeordnete abstimmen können.
wer hat den bundestag bzw die abgeordneten der regierungskoalition bezüglich des gesetzestextes beraten bzw den text verfasst, der dann zur abstimmung kam? haben sie für das gesetz gestimmt, oder waren sie nicht bei der abstimmung anwesend? war der absonderliche zeitpunkt während der übertragung eines fussballspiels dieser bedeutung dazu geeignet, ein gesetz dieser bedeutung für den datenschutz und essentieller grundrechte im bundestag ausreichend zu diskutieren? wurde der zeitpunkt absichtlich so gewählt, dass sich damit ein gesetz, bei dem man mit erheblichem widerstand in der bevölkerung rechnen muss, leichter durch den bundestag bringen liess? und sind im zusammenhang mit diesem gesetz parteispenden an die fdp geflossen?

ich danke ihnen für die beantwortung dieser fragen herzlich und verbleibe mit freundlichen grüssen
Stephen Fritsch

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Fritsch,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Lassen Sie mich zunächst auf die Arbeitsweise des Deutschen Bundestags eingehen und dann zum Meldegesetz kommen:

Nach § 45 GO BT ist der Bundestag beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder im Sitzungssaal anwesend ist. Hat der Bundestag 620 Abgeordnete, müssten also theoretisch mindestens 311 Abgeordnete bei einer Abstimmung anwesend sein. Da aber das Stimmverhalten unter den Fraktionen meistens bereits in zahlreichen Arbeitsschritten vorab geklärt wird, kommen viele Beschlüsse auch bei Anwesenheit von weniger als der Hälfte der Abgeordneten zustande. Faktisch wird bei Abstimmungen so lange davon ausgegangen, dass der Bundestag beschlussfähig ist, bis jemand das Gegenteil behauptet. Dieser „jemand“ muss entweder eine Fraktion oder die Menge von fünf Prozent der anwesenden Abgeordneten sein. Bejaht dann der Sitzungsvorstand die Frage nach der Beschlussfähigkeit nicht einmütig, wird zusammen mit der gerade anstehenden Abstimmung bspw. über ein Gesetz auch nachgezählt, ob der Bundestag beschlussfähig ist. Das geschieht mit dem Hammelsprung. Ergibt das Ergebnis, dass zu wenige Abgeordneten anwesend sind, hebt der Sitzungspräsident die Sitzung sofort auf.

Nun stellen Sie zu Recht die Frage, warum bei der von Ihnen angesprochenen Abstimmung zum Meldesetz nicht deutlich mehr Abgeordnete im Plenarsaal anwesend waren. Es wäre aber ein Trugschluss, die Besetzung der Plenarsitzung als Vergleichsmaßstab für das Pflichtbewusstsein, Engagement und Interesse der Abgeordneten zu nehmen. Viel mehr ist es so, dass über alle Fraktionen hinweg, arbeitsteilig vor allem die Abgeordneten das Plenum besuchen, die sich besonders mit dem aktuell diskutierten Thema befasst haben. Nur so kann gewährleistet werden, der Deutsche Bundestag den vielen Themen, die sich auf der Tagesordnung befinden, gerecht werden kann.

Was Ihre inhaltlichen Bedenken, was das Meldegesetz angeht, betrifft, kann ich Ihre Sorge gut nachvollziehen. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass gerade der Datenschutz der FDP besonders am Herzen liegt. Der Entwurf zum Bundesmeldegesetz ist mit der Widerspruchsregelung eine deutliche Verbesserung zu der jetzigen Rechtslage: Mit dem neuen Bundesmeldegesetz gibt es erstmalig ein voraussetzungsloses Widerspruchsrecht gegen Melderegisterauskünfte zum Zwecke der Werbung. Denn die meisten Landesmeldegesetze, die bisher gelten, enthalten eine solche Regelung nicht. Darüber hinaus sind wir jedoch stets für weitere Änderungen für mehr Bürgerrechte offen. Wir laden unseren Koalitionspartner ein, schnellstmöglich zu einer Einwilligungslösung im Melderecht zu kommen. Wenn eine Mehrheit mit der Union im Bundestag für eine solche Lösung besteht, wird die FDP diese sehr gerne nutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Hermann Otto Solms