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Heribert Hirte
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Frage von CAROLINE B. •

Frage an Heribert Hirte von CAROLINE B. bezüglich Gesundheit

Bringen Sie das Klimaschutzgesetz auf echten 1,5-Grad-Kurs?

Sehr geehrter Herr Hirte​,

ich mache mir über die Veränderung des Klimas große Sorgen.

Das Bundesverfassungsgericht hat das frühere Klimaschutzgesetz als “teilweise verfassungswidrig” eingestuft, weil es künftige Generationen nicht ausreichend schützt. Ich lese auch, dass die neuen Regierungsentwürfe zur Nachbesserung auch aktuell “noch nicht 1,5˚C-kompatibel“ sind, wie Klimaforscher*innen analysierten.

Wofür genau werden Sie sich bei der Nachbesserung zum Klimaschutzgesetz einsetzen? Für mich ist es ein wichtiges Wahlkriterium, schon vor der Bundestagswahl zu sehen, dass “enkeltaugliche” Maßnahmen in die Tat umgesetzt werden.

Der Klimawissenschaftler Prof. Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung schreibt, dass der Richterspruch das knappe restliche Emissionsbudget für Deutschland und die 1,5-Grad-Grenze zurecht ins Zentrum rückt.

Verschiedene Ministerien und Bundestags-Abgeordnete sprechen öffentlich über eine beschleunigte Energiewende, damit Deutschland deutlich vor 2050 klimaneutral wird - idealerweise 2035. Das ist deutlich zu spät !

Bringen Sie das Klimaschutzgesetz auf echten 1,5-Grad-Kurs!
Sorgen Sie für stärkere Maßnahmen im Klimapakt und Sofortprogramm - ganz im Sinne des Klimaurteils.

Schon mehrfach wurde mir das dazu passende Positionspapier “Kompass Klimazukunft” empfohlen. Mich überzeugt es, weil es konkrete Vorschläge für ein wissenschaftliches 1,5-Grad-Emissionsbudget, die schnellere Erhöhung des CO2-Preises mit Sozialausgleich und die Senkung fossiler Steuer-Privilegien enthält.

Unterzeichnen Sie den “Kompass Klimazukunft” und veröffentlichen Sie
Ihre Zustimmung vor Abstimmung des neuen Klimaschutzgesetzes.

Ihre Öko - Aktivistin
Caroline Bischoff

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Bischoff,

ich unterstütze das jüngst beschlossene Klima- und Energiepaket unserer Großen Koalition. Gemeinsam haben wir ein umfangreiches Gesetzes-und Verordnungspaket in den Bereichen der Klima-, Umwelt- und Energiepolitik verabschiedet. Wir ergreifen darin weitreichende Maßnahmen, um den Weg zur Klimaneutralität 2045 und ins Zeitalter einer nachhaltigen Energieversorgung, die auf Erneuerbaren Energien basiert, entschlossen weiterzugehen. Gleichzeitig behalten wir die Belange der Menschen und unserer Wirtschaft im Blick.

Im Klima- und Umweltbereich überarbeiten wir das Klimaschutzgesetz (KSG) und beschließen die Carbon-Leakage-Verordnung zum Brennstoffemissionshandelsgesetz (BECV). Zudem setzen wir die EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie II im Bereich des Zulassungsverfahrens (RED II) in nationales Recht um.

Im Energiebereich ändern wir das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die Erneuerbare-Energien-Verordnung (EEG-VO).

Die wichtigsten Inhalte und Änderungen, die die Unionsfraktion erreichen konnte, sind:

I. Klima- und Umweltpolitik

1. Wir schreiben im Klimaschutzgesetz für Deutschland das Ziel der Klimaneutralität für das Jahr 2045 fest. Als wichtigste Zwischenmarken gelten für 2030 das Ziel einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 65 Prozent (bislang: 55 Prozent) im Vergleich zu 1990 und für 2040 ein Einsparungsziel von 88 Prozent.

Wir reagieren auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundes-Klimaschutzgesetz von Ende April und stecken den Weg zur Klimaneutralität klarer ab. Gleichzeitig sorgen wir für eine bessere zeitliche Verteilung der Lasten bei der Einsparung von Treibhausgasen. Das sorgt für mehr Generationengerechtigkeit.

2. Wir richten die deutsche Klimapolitik bereits jetzt auf das neue, erst im Frühjahr beschlossene EU-Klimaziel 2030 aus. Das liegt künftig bei einer Reduktion der Treibhausgasemissionen von 55 Prozent statt bisher 40 Prozent. Deutschland leistet somit einen offensiven Beitrag zum europäischen „Green Deal“ und zur Einhaltung des UN-Klimaübereinkommens von Paris.

3. Wir treten dafür ein, dass europäische und nationale Klimapolitik gut verzahnt werden. Unsere Ziele und Instrumente in Deutschland sind fortlaufend mit den europäischen Regeln abzugleichen und falls erforderlich darauf anzupassen, gerade auch bei nationalen Vorgaben für einzelne Sektoren. Die Berichtspflichten, die das im KSG gewährleisten, haben wir in den Verhandlungen mit der SPD deutlich verschärft. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn die EU im Gebäude- und Verkehrsbereich eine europäische CO2-Bepreisung einführt. Auch technische Entwicklungen und Veränderungen im internationalen Klimaregelwerk sind zwingend in der nationalen Klimapolitik zu berücksichtigen.

4. Wir wollen Arbeitsplatzverlagerungen vermeiden. Grünes Licht geben wir diese Woche auch für die Carbon-Leakage-Verordnung zum Brennstoffemissionshandelsgesetz (BECV). Mit ihr werden Unternehmen, die in einer besonderen internationalen Wettbewerbssituation stehen, bei den Kosten aus dem nationalen Emissionshandel entlastet, der seit Jahresbeginn greift. Diese Regelung soll dabei helfen, Arbeitsplätze im Land zu halten und die Abwanderung von Produktion in Länder mit geringeren Umwelt- und Klimastandards zu verhindern. Denn damit wäre weder dem Klimaschutz noch dem Wirtschaftsstandort Deutschland gedient. Noch bevor der Vorschlag des Bundesumweltministeriums das Kabinett erreicht hat, haben wir bereits erfolgreich für massive Verbesserungen gesorgt, zum Beispiel höhere Kompensationsgrade und eine Ausweitung des Kreises der kompensationsberechtigten Unternehmen. Des Weiteren wird die Absenkung der EEG-Umlage nicht mehr vom Beihilfebetrag in Abzug gebracht.

5. Wir entlasten kleine und mittlere Unternehmen bei den Emissionskosten. Die Union wollte wesentlich weitreichendere Entlastungen gerade von kleinen und mittelständischen Unternehmen. In den Verhandlungen mit der SPD haben wir daher bei der BECV intensiv auf eine weitere Erhöhung der Kompensationsgrade und niedrigere Zugangsschwellen zum Carbon-Leakage-Schutz gedrungen. Dies war jedoch aufgrund des Widerstandes des Koalitionspartners und des Bundesumweltministeriums nicht erreichbar. Tatsache ist auch: Ohne Verordnung gäbe es keinerlei Kompensation, ein Scheitern des Vorhabens war deshalb keine Option. Erreicht haben wir jedoch Verbesserungen für kleine und mittlere Unternehmen, deren Jahresenergieverbrauch unter 10 Gigawattstunden liegt. Für sie wird der Selbstbehalt bei der Ermittlung der Emissionsmenge zur Berechnung des Beihilfebetrages von 150 stufenweise auf 50 Tonnen CO2 gesenkt.

Zudem haben wir die Vorgaben zur Überprüfung der Verordnung erheblich verschärft. Der Erhalt von Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen muss zwingend im Fokus der Politik bleiben. Die Bundesregierung muss hierzu dem Deutschen Bundestag künftig einmal im Jahr berichten und klären, ob Änderungsbedarf an den Regelungen besteht. Die Union wird sich dafür einsetzen, dass die Carbon-Leakage-Verordnung zügig nachgebessert wird, wo dies notwendig ist. Das Thema bleibt fest auf unserer politischen Agenda.

6. Wir bringen das Ziel einer erfolgreichen Energiewende für mehr Klimaschutz sowie den Lärm- und den Artenschutz zu einem pragmatischen Ausgleich. Ein großer Erfolg ist die Neuregelung für das Repowering von Windkraftanlagen. Diese haben wir mit dem Gesetz zur Umsetzung der RED-II-Richtlinie im Zulassungsverfahren im Bundes-Immissionsschutzgesetz verankert. Beim Ersetzen alter Windkraftanlagen ist künftig im Genehmigungsverfahren maßgeblich, ob durch die neue Anlage zusätzliche Belastungen entstehen (so genannte „Delta-Analyse). Bislang wurde die Vorbelastung durch die bereits bestehende Windenergieanlage nicht berücksichtigt und viele Projekte wurden dadurch unnötig verhindert. Uns ist wichtig, dass bereits vorhandene Windstandorte mit modernster Anlagentechnik genutzt werden können, denn auf diese Weise kann deutlich mehr Strom auf gleicher Fläche erzeugt werden. Die Mindestabstandsregeln zur Wohnbebauung bleiben uneingeschränkt wirksam. Auch in sonstige bau- und planungsrechtliche Belange wird hierdurch nicht eingegriffen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz der Energiewende.

II. EnWG, EEG und EEG-VO:

1. Wir bringen den Markthochlauf von Wasserstoff in Deutschland voran: Hierzu schaffen wir den Einstieg in die Regulierung reiner Wasserstoffnetze. Der Regulierungsansatz ist schlank und flexibel angelegt, um sich an den entwickelnden Markt anpassen zu können. Darüber hinaus regeln wir die Vollbefreiung für grünen Wasserstoff von der EEG-Umlage. Wir haben durchgesetzt, dass ein höherer Anteil erneuerbaren Stroms aus dem europäischen Ausland auch in Deutschland für die Erzeugung grünen Wasserstoffs genutzt werden kann. Denn auch hier gilt: Klimaschutz und der Umbau der Energieversorgung können nur als europäische und internationale Projekte gelingen. Die Union hätte sich eine noch stärkere Einbindung in den europäischen Binnenmarkt gewünscht, ebenso eine Ausweitung der von der EEG-Umlage befreiten Vollbenutzungsstunden. Dies ist erforderlich, um den Markthochlauf von Wasserstoff noch stärker zu beschleunigen. Da dies mit dem Koalitionspartner nicht möglich war, werden wir dies in der nächsten Wahlperiode wieder auf die Agenda nehmen.

2. Wir stärken die Rechte der Verbraucher und erhöhen die Kostentransparenz: Stromversorger mit mehr als 100.000 Kunden werden künftig dazu verpflichtet, sog. dynamische Stromtarife anzubieten. Somit können Verbraucher, die ein intelligentes Messsystem (Smart Meter) nutzen, künftig einen Tarif wählen, mit dem sie zu bestimmten Zeiten (beispielsweise in den Nachtstunden) günstigeren Strom beziehen, und ihr Verbrauchsverhalten daran ausrichten. Die Verpflichtung zum Angebot solcher dynamischer Tarife wird in den nächsten Jahren schrittweise ausgeweitet und gilt ab 2025 auch für alle Versorger mit mehr als 50.000 Kunden. Stromlieferverträge müssen außerdem künftig um eine leicht verständliche Zusammenfassung ergänzt und unabhängige Vergleichsportale eingerichtet werden.

3. Wir machen mehr überschüssigen Strom aus erneuerbarer Energie nutzbar: Die Regelung „Nutzen statt Abregeln“ wird auf die Hochspannungsebene ausgeweitet. Das ermöglicht künftig auf dieser Netzebene auch den Verteilnetzbetreibern, überschüssigen EE-Strom, den das Netz nicht aufnehmen kann, zu nutzen statt abzuregeln.

4. Wir steigern den Ausbau der Erneuerbaren Energien: Für das nächste Jahr regeln wir zusätzliche umfangreiche Sonderausschreibungen bei Wind an Land und Photovoltaik (PV) als Sofortmaßnahmen. Damit überbrücken wir den Zeitraum, bis wir Klarheit zu den Ausbauzielen bei Erneuerbaren Energien auf europäischer Ebene bis 2030 haben, und stellen sicher, dass wir beim Ausbau keine Zeit verlieren. Die Ausschreibungsmengen im Jahr 2022 werden bei Wind an Land um 1,1 GW auf 4 GW und bei Photovoltaik um 4,1 GW auf 6 GW angehoben.

5. Wir erproben innovative Konzepte bei den Erneuerbaren Energien: In den Innovationsausschreibungen im EEG erweitern wir die Flächenkulisse für innovative PV-Anlagen im agrarwirtschaftlichen Bereich („Agro-PV“) und vereinfachen die Ausschreibungsverfahren bei PV. Damit wollen wir auch bei PV mehr Potenziale erschließen, um die neuen höheren Ziele auch tatsächlich zu erreichen.

6. Wir stärken den Eigenverbrauch von Photovoltaik-Anlagen: Die Beschränkung des Eigenverbrauchsprivilegs auf eine Strommenge von 30 Megawattstunden pro Jahr entfällt für PV-Anlagen mit einer Leistung von höchstens 30 Kilowatt installierter Leistung.

7. Wir tragen zu mehr Akzeptanz des Erneuerbaren-Ausbaus bei: Die Möglichkeit der finanziellen Beteiligung der Kommunen wird über Windenergieanlagen hinaus auf PV-Freiflächenanlagen ausgeweitet (mit bis zu 0,2 ct/kWh wie bei Wind an Land). Da wir einen marktgetriebenen Ausbau der Erneuerbaren wollen, schaffen wir diese Möglichkeit auch für Freiflächen-PPAs, ebenfalls mit einer Begrenzung auf 0,2 ct/kWh.

8. Wir stärken die Flexibilisierung von Biomasseanlagen und schaffen eine Perspektive für kleine Gülleanlagen: Biomasse-Bestandsanlagen bekommen weiterhin die Möglichkeit, die Flexibilitätsprämie im ersten Vergütungszeitraum mit dem Flexibilitätszuschlag im zweiten Vergütungszeitraum zu kombinieren. Kleine Gülleanlagen können nach dem Auslaufen ihrer 20-jährigen EEG-Förderung eine Anschlussförderung für 10 Jahre erhalten. Die Regelungen werden dazu beitragen, mehr Flexibilität im Strommarkt aufzubauen und die Biomasse auf heutigem Niveau zu stabilisieren.

9. Wir schaffen bessere Rahmenbedingungen für Stromspeicher: Die Regelungen für Stromspeicher werden vereinfacht, indem wir Messanforderungen verschlanken und insgesamt Hemmnisse bei der praktischen Handhabung abbauen. Die Vermeidung einer Doppelbelastung von Speichern mit Umlagen ist damit künftig sehr viel einfacher und unbürokratischer möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Hirte