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Hartmut Ganzke
SPD
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Frage von Marcel G. •

Frage an Hartmut Ganzke von Marcel G. bezüglich Verbraucherschutz

Hallo Herr Ganzke,

ich sehe Sie seit ein paar Tagen fröhlich auf sämtlichen Plakaten lächeln. Damit haben Sie bei vielen schon gewonnen, nur noch nicht bei mir. Ich hätte da ein paar Fragen an Sie:

1. Wie steht die NRW-SPD und ganz besonders Sie für die Abtragung der NRW Schuldenlast. Wann wird ein ausgeglichener Haushalt erwartet?

Nach Studium der Finanzhistorie in NRW ist die SPD nicht ganz an dem derzeitigen Schuldenstand unschuldig. Nebenbei ist zu erwähnen, dass die Minderheitsregierung ja wegen haushaltspolitischer Bedenken der größeren Opposition gescheitert ist. Interessant ist hier die Frage, was wird alles eingespart werden müssen, um eine Trendwende zu erreichen.

2. Wie stehen Sie persönlich zur direkten Demokratie? Unterstützen Sie eine Implementierung von Volksentscheiden in der NRW-Verfassung?

3. Von der Partei "Die Linken" hört man auf der Bundesebene immer den Ruf nach mehr direkter Demokratie und Umsetzung des Artikels 146 GG. Alle anderen Parteien lehnen dieses Verfassungsgebot ab, inkl. der SPD. Wie stehen Sie zu diesem Thema, insbesondere das Thema der noch aktiven Artikel des Überleitungsvertrages, siehe Bundesgesetzblatt 1990 S.1387 ff.?

4. Wie stehen Sie zu dem Thema EFSF, sowie ESM? Sind diese "unnötigen" Finanzvehikel grundgesetzkonform, oder unterstützen Sie hier ein Volksentscheid, falls Budgetrechte an Brüssel abgegeben werden. Erfüllt das nicht den Tatbestand des Artikels 20 (4) GG?
In diesem Zusammenhang erklären Sie mir bitte den Artikel 133 GG.

"Der Bund tritt in die Rechte und Pflichten der Verwaltung des vereinigten Wirtschaftsgebietes ein"
Zunächst muß man wissen, daß die vereinigten Wirtschaftsgebiete die Besatzungszonen der drei Mächte sind.

5. Wie würden Sie die Eurokrise lösen, welche ja bekanntlich keine Währungskrise ist, sondern ein Zusammenwirken folgender Komponenten ist:

- Bankenkrise
- Staatsschuldenkrise
- riesige Ungleichgewichte in der Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Länder

Ich bedanke mich herzlich
Grüße

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Grassat,

vielen Dank für Ihre umfangreichen Fragen.

Zu Frage 1)
Jede Landesregierung stellt einen Haushalt auf, in dem sie selbstverständlich ihre politischen Schwerpunkte finanziell hinterlegt. Für die SPD in Nordrhein-Westfalen sind das die Investitionen in Kinder, Bildung und in unsere Kommunen. Aus meiner Sicht kann nur so eine gute Zukunft für NRW gesichert werden. Sie haben Recht, dass wir dafür keine Mehrheit gefunden haben: die CDU wollte weitere Einsparungen, ohne die konkreten Auswirkungen zu hinterlegen. Die Linke wollte weitere Ausgaben in Höhe von ca. 1 Milliarde Euro. Hannelore Kraft hat daraufhin für die Auflösung des Landtags geworben, damit die Bürgerinnen und Bürger über den Kurs der Landesregierung entscheiden können. Ich bin mir sicher, mit dem Dreiklang aus Zukunftsinvestitionen, Einsparungen und Einnahmeverbesserungen das Vertrauen der Menschen zu bekommen.

Wir halten die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldengrenze ein und sind für die Verankerung in der Landesverfassung. Die Nettokreditaufnahme werden wir bis 2020 auf null bringen.

Zu Frage 2)
Ich halte die Stärkung der direkten Demokratie für immens wichtig. Daher brauchen wir die Öffnung der demokratischen Meinungsbildungsprozesse für dieses Engagement, wenn echte Mitbestimmung entstehen soll.
Auf Landesebene haben wir den Bürgerinnen und Bürgern durch die Vereinfachung von Volksbegehren und Volksentscheiden mehr Beteiligungsrechte ermöglicht und setzen uns für eine Absenkung der Quoren ein. Diese hätten wir auch schon erreicht, hätte die CDU nicht blockiert. Eine Verankerung in der Landesverfassung halte ich nicht für notwendig.

Zu Frage 3)
Bei der Frage nach der Wirksamkeit des Art. 146 des Grundgesetzes, wird in der Diskussion auch immer wieder der weggefallene Artikel 23 des Grundgesetzes genannt: „[1] Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern. [2] In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.“
Aus meiner Sicht hat sich das Grundgesetz bestens bewährt – vor und nach dem Beitritt der „neuen“ Länder.

Zu Frage 4 & 5)
Zunächst würde ich Ihnen zustimmen, dass die sog. „Eurokrise“ (eigentlich ging sie darüber hinaus), eine Mischung aus unterschiedlichen Faktoren war.
Die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag hat dem EFSF unbenommen ihrer grundsätzlichen Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung aus einer übergeordneten Verantwortung unterstützt. Im Dezember-Gipfel des vergangenen Jahres haben die europäischen Staats- und Regierungschefs beschlossen, den dauerhaften Rettungsschirm, den so genannten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), auf Juli 2012 vorzuziehen. Damit haben sie endlich eine zentrale Forderung der SPD aufgegriffen. Wir brauchen den ESM so schnell wie möglich.
Die Rettungsschirme sind Ausdruck der innereuropäischen Solidarität. Diese Solidarität ist selbstredend keine Einbahnstraße. Die betroffenen Staaten müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und Schulden abbauen. Klare und strikte Bedingungen für Hilfsmaßnahmen, die Haushalte zu konsolidieren, sind unerlässlich. Aber ebenso wichtig ist es, Wachstum und Beschäftigung zu fördern. Die notwendige Konsolidierung kann ohne wirtschaftliche Belebung nicht gelingen. Vor allem muss aber der Finanzsektor reguliert und an den Kosten der Krise beteiligt werden. Wir lehnen es ab, in erster Linie die Steuerzahler und nicht die Krisenverursacher die Zeche zahlen zu lassen. Deshalb fordern wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten seit geraumer Zeit die Einführung einer Steuer auf Spekulationen (Finanztransaktionssteuer).
Bei dem gesamten Verfahren ist mir wichtig, dass der Deutsche Bundestag als unser gewähltes Parlament die entsprechenden Entscheidungen trifft und somit den Bürgerinnen und Bürgern Transparenz bietet. Aus Sicht der SPD soll der ESM zu einem schlagkräftigen Krisenreaktionsmechanismus ausgebaut werden, um die Währungsunion dauerhaft zu stabilisieren. Eine gemeinschaftliche Lösung in Form eines „Europäischen Währungsfonds“ ist unser Ziel. Nicht alleine die Staats- und Regierungschefs sollen über Hilfsmaßnahmen und Anpassungsprogramme entscheiden. Die Gemeinschaftsinstitutionen, insbesondere das Europäische Parlament, aber auch die nationalen Parlamente sind zu stärken, um die demokratische Legitimation zu sichern und Transparenz zu gewährleisten. Den Artikel 20, Abs. 4 des Grundgesetzes sehe ich daher nicht tangiert.

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Ganzke

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