Hakan Demir
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Frage von Dorothea L. •

Würden Sie, bitte, Israel weiter unterstützen, auch wenn es z.Zt.schwierig ist? So macht man das doch unter Freunden...Wenn Sie an Israels Stelle wären- wie würden Sie mit der Hamas umgehen?

Hakan Demir
Antwort von
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Sehr geehrte Frau L.,

Sie sprechen zu Recht die deutsch-israelische Freundschaft, die Bedrohung Israels durch die Hamas und implizit sicher auch den Schrecken und die Brutalität des 7. Oktobers an. Dass Deutschland Israel in einer Situation, in der es in seiner Sicherheit und seiner Existenz bedroht ist, unterstützt, ist für mich – ebenso wie für Sie – eine Selbstverständlichkeit.

Aber in der aktuellen Art der Kriegsführung – ebenso wie in der Frage der Besatzung und des Siedlungsbaus - geht es nicht mehr um „Unterstützung unter Freunden, wenn es schwierig wird“ oder um die Verteidigung Israels. Wir erleben zunehmend, dass Israel in seiner Kriegsführung schwere Kriegsverbrechen begeht. Eine unabhängige UN-Untersuchungskommission sieht sogar den Verdacht des Völkermords bestätigt (https://www.ohchr.org/en/press-releases/2025/09/israel-has-committed-genocide-gaza-strip-un-commission-finds). Unabhängig davon, ob man diese Einschätzung teilt, sind verschiedene nicht zu tolerierende Kriegsverbrechen dokumentiert. 

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte (UN OHCHR) berichtet von knapp 1.000 Palästinenser:innen, die in der Nähe von Verteilzentren der sogenannten „Gaza Humanitarian Foundation“ getötet wurden. Menschen auf der Suche nach Essen dürfen niemals zu militärischen Zielen werden. Menschen dürfen niemals in eine Hungersnot getrieben werden.

Vertreibungen in sogenannte „sterile Zonen“, geplanter israelischer Siedlungsbau, die Verwehrung des Zugangs zu Wasser sowie die unzureichende Versorgung mit humanitärer Hilfe sind nicht zu rechtfertigen und stellen einen Bruch mit dem Völkerrecht dar.

Das mit Israel vereinbarte EU-Abkommen zur Verbesserung des humanitären Zugangs bleibt bislang wirkungslos – ein weiteres leeres Versprechen der israelischen Regierung, während Menschen sterben. Parallel gibt es systematische Zerstörungen ziviler Infrastruktur durch Abrissarbeiten in Gaza, die durch das israelische Militär vorgenommen werden. Dies ist ein systematischer Vertreibungsprozess, den wir in aller Schärfe ablehnen müssen. 

Vor diesem Hintergrund ist es absolut richtig, dass Deutschland keine Waffenlieferungen nach Israel mehr genehmigt und dass die EU-Kommission Sanktionen sowie die Aussetzung von Handelserleichterungen vorschlägt (https://germany.representation.ec.europa.eu/news/eu-kommission-schlagt-aussetzung-von-handelszugestandnissen-mit-israel-und-sanktionen-gegen-2025-09-17_de). Deutschland und die EU müssen – gerade vor dem Hintergrund der engen Beziehungen zu Israel – alles tun, um diesen Krieg zu stoppen. 

Zudem haben uns die vergangenen bald zwei Jahre gezeigt, dass es nur auf der Grundlage von diplomatischen Verhandlungen zur Waffenruhe gekommen ist, Geiseln freigekommen sind und das humanitäre Leid gelindert werden konnte. 

Aber der Nahostkonflikt dauert bereits lange an, er ist komplex und vielschichtig. Es muss deswegen immer um mehr gehen als um die kurzfristige Eindämmung des Konflikts. Es muss um ein glaubwürdiges Eintreten für einen dauerhaften und gerechten Frieden gehen, auf beiden Seiten. Deutschland hat dabei eine besondere historische und völkerrechtliche Verantwortung. Ziel ist dabei für mich ein gerechter Frieden auf Basis einer Zwei-Staaten-Lösung. Nur so ist es möglich, dass Frieden und Versöhnung zwischen allen Gruppen in der Region erreicht werden kann.

Grundlage für die Zwei-Staaten-Lösung sind neben der Beendigung des Kriegs in Gaza das Ende der völkerrechtlichen Besatzung im Westjordanland sowie die Anerkennung von Israel und Palästina durch alle in der Region involvierten Akteure, die bisher einen der beiden Staaten nicht anerkannt haben. In diesem Sinne unterstütze ich die Bestrebungen, dass alle arabischen Staaten Israel anerkennen, dass aber auch alle Staaten der EU und die USA Palästina anerkennen. Denn nur, wenn sich keine Seite grundlegend in seiner Existenz bedroht sehen muss, kann ein dauerhafter und gerechter Friede gelingen. 

Keine Zukunft haben darf dabei die Hamas. Sie ist eine Terrororganisation, kein Friedenspartner. Umso wichtiger ist es, gerade in diesen Zeiten die Palästinensische Autonomiebehörde zu unterstützen – wie es beispielsweise von Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan gefordert wird. (https://www.fr.de/politik/entwicklungsministerin-warnt-vor-fatalem-kipppunkt-in-gaza-zr-93945599.html)

Mit freundlichen Grüßen

Hakan Demir 

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