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Gülistan Yüksel
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Frage von Nida N. •

Warum gibt es Unterschiede beim Erwerb des deutschen Sprachzertifikats zwischen Deutschen, Ausländern und privilegierten Ausländern? Warum werden dabei die eigenen Staatsbürger benachteiligt?

Sehr geehrte Frau Yüksel,

ich möchte heute ein wichtiges Anliegen ansprechen. Es handelt sich hierbei, um den Erwerb eines Sprachzertifikats beim Ehegattennachzug zu deutschen Staatsangehörigen.

1. Seit kurzem dürfen ausländische Fachkräfte Ihre Ehegatten/innen ohne ein Sprachzertifikat nachziehen und wie sieht es mit deutschen Fachkräften aus?
2. Warum dürfen priviglierte Ausländer (Andorra, Australien, Korea, Monaco, Japan, Israel etc.) Ihre Ehegatten seit geraumer Zeit ohne jegliche Sprachkenntnissen nachziehen und deutsche Staatsangehörige nicht?
3. Warum hat nicht jeder das Recht seinen Ehegatten nachzuziehen mit der Bedingung innerhalb eines Jahres das Sprachzertifikat bei der jeweiligen Behörde nachzureichen?

Fazit: Ich bin deutsche Staatsangehörige sowie Fachkraft. Dementsprechend bin ich in der Lage, die erforderlichen Kenntnisse meinem Ehegatten vor Ort zu vermitteln. Leider ist dies unmöglich über solch einer Distanz.

Mit besten Grüßen,

N.

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Sehr geehrte Frau N.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Regelungen des Sprachnachweises beim Ehegattennachzug. Sie sprechen damit einen Punkt an, den auch ich immer wieder kritisiere. Seit ich in der Integrationsarbeit tätig bin, setze ich mich dafür ein, den Sprachnachweis beim Ehegattennachzug dahingehend zu ändern, dass der Nachweis auch erst nach der Einreise erbracht werden kann. Ehepartner sollten nicht jahrelang voneinander getrennt sein, nur weil es etwa zu wenige zertifizierte Sprachkursangebote im Heimatland gibt oder der Prüfungsort hunderte Kilometer entfernt liegt.

Die Regelungen zum Sprachnachweis sind in der Tat zahlreich und dadurch unübersichtlich und teilweise nicht immer nachvollziehbar. So gibt Ausnahmen vom Sprachnachweis, etwa wenn der in Deutschland lebende Ehegatte Inhaber:in einer Blauen Karte EU ist oder eine Aufenthaltserlaubnis als hochqualifizierte Fachkraft, Forscher:in, IT-Spezialist:in oder Selbststände:r besitzt. Des Weiteren gibt es Ausnahmen für bestimmte Führungskräfte und Wissenschaftler:innen oder aber, wenn der nachziehende Ehepartner über einen Hochschulabschluss verfügt, wenn er oder sie aus Australien, Israel, Japan, Kanada, Korea, Neuseeland oder den USA kommt. Ich verstehe den Unmut, der wegen solcher unterschiedlichen Regelungen bei den Betroffenen herrscht. Es kann tatsächlich zu einer Ungleichbehandlung zwischen deutschen und ausländischen Fachkräften kommen. Diese Ungleichbehandlung könnte man argumentativ durch das Interesse Deutschlands an der dringend notwendigen Fachkräftegewinnung zwar rechtfertigen, dennoch erscheint sie im direkten Vergleich ungerecht. Auch deshalb setzen wir uns als SPD schon seit Jahren für eine generelle Neuregelung beim Sprachnachweis im Rahmen eines Ehegattennachzugs ein und haben dieses Vorhaben im Koalitionsvertrag verankert.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es für den Familiennachzug zu deutschen Staatsangehörigen einige erleichterte Vorgaben gibt. Dazu gehört die sog. Härtefallregelung beim Nachweis von Deutschsprachkenntnissen für zu deutschen Staatsbürger:innen nachziehende Ehepartner: Wenn Bemühungen zum Erwerb einfacher Sprachkenntnisse im Einzelfall nicht möglich, nicht zumutbar oder nicht innerhalb eines Jahres erfolgreich sind, muss das entsprechende Visum ausgestellt werden. Denn es kann grundsätzlich nicht von deutschen Staatsangehörigen verlangt werden, ihre Ehe im Ausland zu führen.

Das bedeutet im Detail: Dem Visumsbegehren darf das Spracherfordernis nicht mehr entgegenstehen, wenn zumutbare Bemühungen zum Spracherwerb ein Jahr lang nachweisbar erfolglos geblieben sind. Entsprechendes gilt, wenn von vornherein nicht zumutbare Bemühungen zum Spracherwerb vorliegen. Etwa wenn Sprachkurse in dem betreffenden Land nicht angeboten werden oder deren Besuch mit einem hohen Sicherheitsrisiko verbunden ist und auch sonstige erfolgversprechende Alternativen zum Spracherwerb nicht bestehen. In diesem Fall braucht die Jahresfrist nicht abgewartet zu werden. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit sind insbesondere die Verfügbarkeit von Lernangeboten, deren Kosten, ihre Erreichbarkeit sowie auch persönliche Umstände (z. B. Krankheit oder Unabkömmlichkeit) zu berücksichtigen, die der Wahrnehmung von Lernangeboten entgegenstehen könnten.

Liebe Frau N., wir haben 2021 einen sehr ambitionierten Koalitionsvertrag vereinbart, der einen Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik bringen sollte. Leider kommen die Dinge auch in der Politik nicht immer so, wie man sie sich wünscht. Und so hatten die Aufnahme von über eine Millionen Ukrainer:innen nach dem Angriff Putins sowie die angespannte Situation aufgrund anhaltend hoher Geflüchtetenzahlen die Prioritäten in der Gesetzgebung etwas verschoben.

Dennoch haben wir in der Ampelkoalition bereits wichtige integrations- und migrationspolitische Vorhaben auf den Weg gebracht, wie etwa das Chancen-Aufenthaltsrecht, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz oder kürzlich die Reform des Staatsangehörigkeitsrecht. Für letzteres habe ich viele Jahre gekämpft und weiß daher genau, wie lange wichtige politische Entscheidungen manchmal brauchen. Andere Vorhaben stehen aber weiterhin aus, wie etwa das Partizipationsgesetz oder unser Plan, dass Ehepartner den Sprachnachweis erst nach der Ankunft erbringen müssen. Ich versichere Ihnen, dass ich mich persönlich auch für diese Themen weiterhin stark machen und einsetzen werde.  

Mit herzlichen Grüßen

Gülistan Yüksel

 

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