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Franz Groll
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Frage von Cora von H. •

Frage an Franz Groll von Cora von H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Groll,

grundsätzlich denek ich auch, dass ein Mindestlohn absolut nötig ist. Dies hat sich DIE LINKE als ein Hauptthema auf die Fahne geschrieben. Für mich ist dies aber keine linke Forderung sondern ein Gebot des Anstandes.

Was mich aber umtreibt, in Ihrer Partei gibt es eine Viezahl von ehemaligen SED Parteigägern, auch einer Ihrer Ehrenvorsitzenden Herr Modrow gehört zu den Personen, die den Schiessbefehl zu ver- antworten haben. Auch mit der freien Meinungsäusserung war es unter seiner Ägide nicht sonderlich weit her. Doch zur Frage, weswegen distanziern sich weder Ihre Partei noch Sie von solchen Personen

mit freundlichen Grüssen

Cora von Haeften

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau von Haeften

Sie haben völlig recht, dass ein Mindestlohn, von dem man leben kann, eigentlich selbstverständlich sein müsste und, wie Sie schreiben, ein Gebot des Anstandes ist. Offensichtlich ist es aber so, dass 7 Millionen Menschen in Deutschland weniger als 8,50 €/Stunde verdienen, das ist fast ein viertel der Lohnempfänger, jedenfalls hat das Herr Steinbrück gesagt und ich habe keinen Grund es ihm nicht zu glauben. DIE LINKE fordert 10 € Mindestlohn. In Diskussionen wird mir manchmal gesagt, das sei zu hoch. Ich weiß nicht wie Sie darüber denken, ich möchte aber kurz begründen, dass 10 € ganz in Ordnung sind. In den OECD-Staaten gilt 60 % des Durchschnittseinkommens als Armutsgrenze. Im Jahr 2011 betrug der Durchschnittsstundenlohn in Deutschland 22,10 €. 60 % davon sind 13,26 €. Wenn wir wollen, dass niemand unterhalb der Armutsgrenze entlohnt wird, müsste eigentlich der Mindestlohn auf 13,26 € festgesetzt werden. Nun ist es aber so, dass wir in Deutschland nicht überall das gleiche Lohnniveau haben. Es gibt Gegenden, wo das Durchschnitts-Lohnniveau über 22,10 liegt und in anderen Gegenden liegt es darunter. Da der gesetzliche Mindestlohn in ganz Deutschland Gültigkeit hat, ist es in Ordnung, dass er etwas niedriger angesetzt wird, dann ist er auch überall anwendbar. Ich denke, dass wir uns darauf verständigen können.

Und nun zu ihren Ausführungen über die Mitglieder, die früher der SED
angehört haben und im speziellen ihre Aussagen zu Herrn Modrow.

Als DIE LINKE gegründet wurde, ich war im Landesvorstand der WASG, habe ich kurz nach dem Zusammenschluss nachgefragt, wie viel unserer Mitglieder auch schon Mitglieder der SED waren. Damals, also im Jahr 2007, waren es noch etwa ein drittel. Heute sind es bestimmt weniger, da das Durchschnittsalter der Mitglieder in den neuen Bundesländern sehr hoch ist. Die Situation ist ähnlich wie nach dem 2. Weltkrieg im Westen, auch in der CDU, in der ich 25 Jahre Mitglied war, gab es sehr viele ehemalige NSDAP-Mitglieder oder Militärrichter die Todesurteile erlassen haben. Einige davon bekleideten danach in der Bundesrepublik hohe Ämter, einer wurde sogar Ministerpräsident und Herr Kiesinger war sogar Bundeskanzler.

Aufgrund ihrer Ausführungen über Herrn Modrow habe ich mich über seine Vergangenheit kundig gemacht. Ihre Meinung, dass er zu den Personen gehört, die den Schießbefehl zu verantworten haben, dürfte wohl nicht zutreffen, da er erst am 8.11.1989 in das Politbüro des ZK der SED aufgenommen wurde, also am Vortag der Grenzöffnung. Am 13.11. wurde er von der Volkskammer zum Vorsitzenden des Ministerrats, also zum Regierungschef, der DDR gewählt. In dieser Zeit gab es mit Sicherheit keine Schießbefehle mehr. Positiv ist auf alle Fälle zu werten, dass er ab Februar 1990 Vertreter/innen des "Runden Tisches", also der Oppositionsgruppen, als Minister in die Regierung mit aufgenommen hat. Ehrenvorsitzender der PDS wurde er schon 1990. Ich weiß nicht, was die Gründe hierfür waren, ich sehe jetzt aber keinen Grund, ihm diesen Ehrentitel 23 Jahre später abzuerkennen.

Mich treibt etwas ganz anderes um: Nämlich die Untätigkeit unserer Regierungen in den letzten 30 Jahren, unsere Wirtschaftsweise zukunftsfähig zu machen. Wir beuten völlig unverantwortlich die Rohstoffe dieser Erde aus und wir stoßen riesige Mengen an klimaschädlichen Gasen in die Atmosphäre. Wir sind auf dem "besten" Weg, unsere Erde in weiten Gebieten unbewohnbar zu machen, teilweise wegen der Ausdehnung der Wüsten und andererseits durch die Überschwemmung weiter Gebiete, bedingt durch den Anstieg der Meeresspiegels, verursacht durch die Erderwärmung. Wir hinterlassen unseren Nachkommen riesige Probleme.

Was vergangen ist können wir nicht verändern, wir können uns nur für unser Handeln entschuldigen, wenn es nicht in Ordnung war. Das hat die PDS getan. Für unsere Fehler, die wir weiterhin begehen, habe ich noch nie eine Bitte um Entschuldigung vernommen. Alles deutet darauf hin, dass wir noch eine weitere Legislaturperiode so weiter machen. Das ist es, was mich wirklich umtreibt und deshalb lade ich jeden Tag zu Politikgesprächen ein, in der Hoffnung, dass ich einen kleinen Beitrag für ein grundlegendes Umdenken leisten kann.

Mit freundlichen Grüßen
Franz Groll