Felix Herkens
Felix Herkens
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Frage von Jochen B. •

Wie stehen Sie zur neuen Genehmigungsfiktion der LBO BW?

Sehr geehrter Herr Herkens,

Nach der neuen LBO Baden-Württemberg findet die Genehmigungsfiktion des Paragraphen 42a LVwVfG auch Anwendung auf die Erteilung von Baugenehmigungen. Dies mag auf den ersten Blick wie eine Bürgerfreundliche Regelung erscheinen, jedoch eröffnet diese Regelung der Errichtung von baurechtswidrigen Bauten, welche niemals eine Baugenehmigung erhalten hätten, Tür und Tor, Falls die Behörde nicht rechtzeitig bearbeitet.

Warum wird zu dieser Regelung gegriffen? Stehen dem Bauherr mit der Untätigkeitsklage und etwaigen Maßnahmen gegen eine faktische Zurückstellung nicht schon genug Mittel zur Verfügung, um gegen eine untätige Baurechtsbehörde tätig zu werden?

Ich sehe hier große Probleme in der Zukunft

Felix Herkens
Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre berechtigte Nachfrage zur neuen Genehmigungsfiktion in der Landesbauordnung Baden-Württemberg.

Ich teile Ihr Anliegen, dass baurechtliche Verfahren sowohl rechtssicher als auch sorgfältig ablaufen müssen – gerade im Hinblick auf Umweltstandards, Nachbarschaftsschutz und nachhaltige Stadtentwicklung. Gleichzeitig erlebe ich aber auch, dass langwierige und intransparente Verfahren auf kommunaler Ebene häufig Investitionen ausbremsen, den Wohnungsbau verzögern und Bürger*innen frustrieren.
Die in der LBO verankerte Genehmigungsfiktion nach § 42a LVwVfG setzt genau hier an: Sie ist für mich kein Freifahrtschein für baurechtswidrige Bauvorhaben, sondern vielmehr ein Anreiz für Behörden, ihren Prüfauftrag innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist zu erfüllen. Wichtig ist dabei: Diese Fiktion greift nur, wenn alle Unterlagen vollständig, präzise und fehlerfrei vorliegen – und selbst dann nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen. Die Baurechtsbehörden hingegen können die Fiktionswirkung nutzen, um die personellen Kapazitäten gezielter und sinnvoller dort einzusetzen, wo sie dringend benötigt werden. Gleichzeitig bleibt die Verantwortung für die Einhaltung aller öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z. B. Wasserrecht, Bodenschutz, Natur- und Artenschutz, örtliche Bauvorschriften, Brandschutz etc.) weiterhin beim Bauherrn oder bei der Bauherrin. Weitere Details finden Sie unter LBO-Reform „Schnelleres Bauen“ des Landesministeriums für Landesentwicklung und Wohnen.

Zu Ihrer Frage nach der Untätigkeitsklage: Ja, diese ist ein wichtiges Instrument und steht jeder Bauherrin und jedem Bauherrn offen. Allerdings bedeutet sie in der Praxis oft einen langwierigen, kostenintensiven und mitunter unsicheren Rechtsweg. Die Genehmigungsfiktion sehe ich als ein präventives Instrument, um unnötige Blockaden zu vermeiden – nicht, um gerichtliche Kontrollen auszuschalten.
Für Bürger*innen und Bauherr*innen bedeutet diese Regelung vor allem eines: mehr Planungssicherheit und eine spürbare Entlastung von bürokratischen Hürden. Dadurch können Projekte schneller umgesetzt werden, was gerade beim dringend benötigten Wohnungsbau und nachhaltigen Stadtentwicklung wichtige Vorteile bringt. Zudem sorgt die Fristbindung dafür, dass Behörden ihre Prüfprozesse optimieren und diese effizienter ablaufen.

Ich danke Ihnen ausdrücklich für Ihre kritische Perspektive – solche Rückmeldungen sind wichtig, um solche Regelungen nicht nur juristisch, sondern auch politisch verantwortungsvoll weiterzuentwickeln.

Mit freundlichen Grüßen
Felix Herkens

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