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Frage von Blaise E. •

Frage an Fabio De Masi von Blaise E. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr De Masi,

da Sie Mitglied des Finanzausschusses sind, habe ich einige Fragen zu der Beschränkung der Verlustabzugsberechtigung bei Termingeschäften bei Privatanlegern. Nach dem neuen Gesetze zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen gilt ab 2021 eine neue Beschränkung der Verlustverrechnung auf 10.000 € pro Veranlagungszeitraum bei Termingeschäften nach § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG, während die Gewinne aus Termingeschäften aus dem selben Veranlagungszeitraum der vollen Besteuerung unterliegen. Verluste aus Termingeschäften sind zudem nicht mit sonstigen Gewinnen aus Kapitaleinkünften verrechenbar. Die Regelung führt zu folgenden Konstellationen:

Beispiel - Privatanleger 1:

Gewinne aus Termingeschäften 2021: 100.000 €
Verluste aus Termingeschäften 2021: 90.000 €
Wirtschaftlicher Gewinn: 10.000 €
Verrechenbare Verluste: laut dem neuen Gesetz nur 10.000 €
Zu versteuernder Gewinn: 90.000 €
Steuerlast (Abgeltungssteuer und Soli): 23.737,50 €

In diesem Beispiel führt die neue gesetzliche Regelung also bei Privatanleger 1 dazu, dass er mehr Steuern zahlt, als er Gewinn erwirtschaftet hat. Inwieweit halten Sie das Ergebnis für verfassungsrechtliche gerechtfertigt und jenseits der rechtlichen Beurteilung für gerecht und fair?

Beispiel - Privatanleger 2:

Gewinne aus Termingeschäften 2021: 30.000 €
Verluste aus Termingeschäften 2021: 20.000 €
Wirtschaftlicher Gewinn: 10.000 €
Verrechenbare Verluste: laut dem neuen Gesetz nur 10.000 €
Zu versteuernder Gewinn: 20.000 €
Steuerlast (Abgeltungssteuer und Soli): 5.275 €

In diesem Beispiel hat der Privatanleger 2 faktisch und wirtschaftlich genau so viel Gewinn im Steuerjahr erwirtschaftet, wie Privatanleger 1 (jeweils 10.000 €). Privatanleger 2) zahlt jedoch nur 5.275 € Steuern während Privatanleger 1) 23.737,50 € steuern zahlt.
Inwieweit begründen Sie, dass diese steuerliche Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich zulässig ist und zudem auch jenseits der rechtlichen Beurteilung gerecht und fair ist?

Beispiel - Privatanleger 3:

Privatanleger 3 investiert ausschließlich langfristig und breit gestreut in Aktien, da er auf seinem Sparbuch keine Zinsen mehr bekommt. Da Privatanleger 3 risikoscheu ist, nutzt er Short-Optionsscheine auf den DAX, um sein Depot vor Marktrisiken wie einem Börsencrash zusätzlich vor fallenden Kursen abzusichern (sog. Marktneutrale-Anlagestrategie für Risikoscheue).

Gewinn aus Aktiendepot 2021: 30.000 €
Verlust aus Optionscheinen (Absicherung des Marktrisikos): 25.000 €
Wirtschaftlicher Gewinn: 5.000 €
Verrechenbare Verluste: laut dem neuen Gesetz 0 €
Steuerbarer Gewinn: 30.000 €
Steuerlast (Abgeltungssteuer und Soli): 7.912,50 €

Da Verluste aus Termingeschäften nicht mit Gewinnen aus einem Aktiendepot verrechnet werden dürfen, muss der Risikoscheue Privatanleger 3 nach der neuen Regelung mehr Steuern zahlen, als er wirtschaftlich Gewinn gemacht hat.
Inwieweit halten Sie dieses Ergebnis für verfassungsrechtliche Zulässig und für Sinnvoll und fair?

Setzt sich die Linke dafür ein, dass Gesetz nochmals zu überarbeiten? Ansonsten ist wohl eine Klagewelle garantiert.

Vielen Dank!

Portrait von Fabio De Masi
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr El Mourabit,

herzlichen Dank für Ihre Zuschrift.

Unsere Fraktion hat sich bei der Beschlussfassung zu diesem Thema im letzten Herbst für eine Beschränkung lediglich bei der Verrechnung von Totalverlusten eingesetzt. Dies sollte nach Angaben des Bundesministeriums der Finanzen Schlupflöcher zur Steuergestaltung schließen. Totalverluste wurden auch vor Einführung der Abgeltungsteuer bereits steuersystematisch separat gehandhabt.

Per Änderungsantrag der Regierungsfraktionen war dann im laufenden Gesetzgebungsverfahren die finale Version eingebracht worden an deren Erarbeitung wir nicht beteiligt waren. Wir hatten bei dem Gesetz den Schwerpunkt auf den eigentlichen Regelungsinhalt gesetzt - die Meldepflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen.

Ihre Beispiele erscheinen grundsätzlich schlüssig und wir prüfen gerne, ob möglicherweise unintendierte Nebenwirkungen der Neuregelung zum Zweck der Betrugsbekämpfung Nachbesserungen erforderlich machen.

Mit besten Grüßen

Fabio De Masi