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Frage von Oliver K. •

Frage an Elke Ferner von Oliver K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Frau Ferner,

koennen Sie mir bitte erklaeren wie es zu dem aktuellen Gesetzesentwurf bezueglich des Waffengesetzes kommt?
Ich bin selbst kein Sportschuetze oder Jaeger, aber ich spiele Paintball.
Wenn es im privaten Bereich erhebliche Maengel bezueglich der Lagerung und Zugaenglichkeit von Schusswaffen gibt, so ist es sicher nur sinnvoll und richtig die bestehenden Gesetze zu erweitern oder zu veraendern.
Was aber hat eine im Wettkampf gespielte Teamsportart damit zu tun?
Ich denke, die fuer den Gesetzesentwurf Verantwortlichen haben ein voellig falsches Bild von Paintball.
Paintball ist eine Teamsportart bei der es darum geht, das gegnerische Team durch "markieren" aus dem Spiel zu werfen. Ein Vergleich mit Voelkerball ist wohl am treffensten.
Paintball wird in Deutschland in Ligen gespielt (Bundesliga, Regionalliga etc.). Viele Spielfeldbetreiber leben von Spielern, die etwa als Betriebsausflug "Paintball spielen gehen". Durch das notwendige Spielen im Team wird das Miteinander gefoerdert und man hat zusammen einfach Spass. Ich selbst habe mit etwa 15 meiner Arbeitskollegen schon einen solchen Ausflug veranstaltet und bis auf Wenige, wollen die Meisten beim nachsten mal wieder dabei sein.
Ich will jetzt gar nicht weiter auf die in den Medien genannten Gruende zum Paintball spielen eingehen (simuliertes Toeten, militaerisches Training etc.) Diese Behauptungen entsprechen in keinster Weise den Tatsachen.
Ich bin mir sicher, Sie werden sich Ihre eigene Meinung ueber Paintball bilden. Vllt besuchen SIe ja mal ein Spielfeld und ueberzeugen sich selbst von der Harmlosigkeit des Paintballsports.

mit freundlichem Gruß

O. Kubek

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kubek,

vielen Dank für Ihre E-Mail über abgeordnetenwatch.de zum Thema Waffenrecht.

Kurz nach dem unfassbaren Amoklauf von Winnenden war sehr bald der Ruf nach schnellen Maßnahmen zu hören, die eine Wiederholung dieser Tat verhindern können. Einige waren sofort mit Lösungen in den Medien präsent, die gut klangen und die Stimmung nutzten. Hilfreich waren die meisten dieser Vorschläge nicht und wenn wir zukünftig besser solche Taten verhindern wollen und uns ernsthaft des Themas annehmen wollen, sollte dies unaufgeregt, mit dem nötigen Abstand und dem notwendigen Respekt den Opfern und ihren Angehörigen gegenüber erfolgen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich ausreichend Zeit genommen und ausführlich über das für und wider eines schärferen Waffengesetzes diskutiert - auch mit der Union. Der nun gefundene Kompromiss mag einigen zu weit gehen, anderen nicht weit genug.

Tatsache ist aber, dass jeder Mensch, der durch eine legale Waffe zu Tode kommt, einer zuviel ist. Tatsache ist auch, dass 95 Prozent der schlimmsten Amokläufe in westlichen Demokratien seit 1966 mit legalen Waffen verübt wurden. Die in den vergangenen Jahren bei uns verübten Taten wurden alle mit legalen Waffen begangen. Ich hoffe, dass die neuen Regelungen dazu führen, dass wir diese Diskussionen nicht noch einmal führen müssen - ich fürchte, sie reichen nicht aus. Trotzdem unterstütze ich den gefunden Kompromiss, da auch ein kleiner Schritt zu mehr Sicherheit im Umgang mit legalen Waffen ein mehr an Sicherheit für alle bedeutet.

Die Aufgabe verantwortlicher Politik ist es, die Maßnahmen zu ergreifen, welche die Schwelle zur Begehung von Verbrechen möglichst hoch setzen. Dies hat nichts mit einem "Generalverdacht" gegen sämtliche legale Waffenbesitzer zu tun, sondern damit dass die Einhaltung bestimmter Vorgaben - beispielsweise zur Verwahrung der Waffen - ohne behördliche Kontrolle im Einzelfall laxer ausfällt als unter dem Druck einer jederzeit möglichen Kontrolle. Kontrollen und Kontrolldruck können nicht jeden Regelverstoß verhindern, aber sie werden mit Sicherheit dazu beitragen, dass die Regeln besser eingehalten werden.

Die im Juni 2009 vom Deutschen Bundestag in 2./3. Lesung verabschiedeten Maßnahmen haben das Ziel:

* die Anzahl legaler und illegaler Waffen zu reduzieren,
* den Umgang mit großkalibrigen Waffen einzuschränken,
* die Verwahrung legaler Waffen besser zu sichern,
* mit neuester Technik in Zukunft dafür zu sorgen, dass nur noch legale Besitzer die Waffe nutzen können und
* die Recherche der Polizeibehörden nach Waffen und Waffenbesitzern wesentlich zu beschleunigen.

Im Einzelnen heißt dies:

* Reduzierung der Anzahl legaler und illegaler Waffen
Die Waffenbehörde soll künftig nicht nur wie bisher nach Ablauf von 3 Jahren nach Erteilung der ersten waffenrechtlichen Erlaubnis, sondern auch nach Ablauf dieses Zeitraums das Fortbestehen des waffenrechtlichen Bedürfnisses von Waffenbesitzern überprüfen können. Bislang werden lediglich Zuverlässigkeit und persönliche Eignung mindestens alle drei Jahre geprüft. Die häufigere Überprüfung des Bedürfnisses nach einer Waffe wird dazu führen, dass die Waffenberechtigung öfter als bisher wieder aberkannt werden kann.

Das geltende Waffenrecht billigt Sportschützen als Grundausstattung zur Ausübung des Schießsports drei halbautomatische Langwaffen und zwei mehrschüssige Kurzwaffen zu. Will der Schütze dieses Kontingent überschreiten, muss er dies gegenüber seinem Verband begründen und das gesteigerte schießsportliche Bedürfnis darlegen. Um die Anzahl der Waffen von Sportschützen über das Grundkontingent hinaus zu reduzieren, wir eine Überschreitung des Grundkontingents in Zukunft nur noch möglich sein, wenn der Schütze seine regelmäßige Wettkampfteilnahme (zumindest auf der untersten Bezirksebene, die auch für einfache Sportschützen zu-gänglich ist, um sich sportlich mit anderen zu messen) nachweist.

Den Waffenbehörden wird die Möglichkeit eingeräumt, auf den Verkauf von eingezogenen Waffen verzichten und diese vernichten zu können. Dies hat den Vorteil, dass sich staatliche Stellen nicht mehr als "Waffenhändler" gerieren müssen und sich die Anzahl der im "Umlauf" befindlichen Waffen reduziert.

Im Hinblick auf den Besitz illegaler Waffen werden wir eine bereits 2002/2003 erprobte und Ende 2003 ausgelaufene Amnestieregelung neu fassen. Bis Ende 2009 wollen wir erneut die Möglichkeit eröffnen, durch die freiwillige Abgabe illegaler Waffen einer Strafverfolgung wegen illegalen Waffenbesitzes, Waffenerwerbes sowie des illegalen Führens von Waffen zu vermeiden. Voraussetzung ist, dass dem Täter nicht bereits die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen waffenrechtlicher Verstöße bekannt gegeben worden ist oder die Tat im Zeitpunkt der Abgabe der Waffe bereits entdeckt war. Zielgruppe dieser Maßnahmen sind Waffenbesitzer, die sich ihrer Waffe in verantwortlicher Weise ohne Gefährdung anderer entledigen wollen und hiervon bislang durch die Gefahr der Strafverfolgung abgehalten wurden.

* Einschränkung des Umgangs mit großkalibrigen Waffen
Wir haben intensiv ein Verbot großkalibriger Schusswaffen im Schießsport diskutiert. Die gegen ein Verbot vorgebrachten Argumente sind auch aus unserer Sicht bedenkenswert. So wurden zahlreiche Sportordnungen der Sportverbände für den Einsatz von Großkaliberwaffen genehmigt mit der Folge, dass entsprechende Einrichtungen Bestandsschutz haben. Ein Verbot würde die deutschen Sportschützen von internationalen Wettbewerben ausschließen. Die auf Großkaliber spezialisierten Vereine stünden vor dem "Aus". Schließlich stellt sich auch die Frage, was mit den zum Teil sehr wertvollen Waffen nach einem Verbot geschehen soll.

Wir haben uns nun im Wege des Kompromisses auf eine Lösung geeinigt, die Jugendliche unter 18 Jahren vom Schießen mit großkalibrigen Waffen ausschließt. Damit wollen wir erreichen, dass Jugendlich sich nicht an den Umgang mit Waffen gewöhnen und mit Waffen umzugehen lernen, mit denen Kapitalverbrechen began-gen werden können. Das Schießen für Minderjährige bleibt grundsätzlich auf Kleinkaliberwaffen beschränkt. Die Ausnahme für Flinten - und hier nur Einzellader-Langwaffen - trägt der Besonderheit der Disziplinen des Schießens auf Wurfscheiben (Trap / Skeet) Rechnung.

* Die Verwahrung legaler Waffen besser sichern
Der sicheren Verwahrung gefährlicher Waffen dient unser besonderes Augenmerk. Unser Ziel ist es, auch verdachtsunabhängige Kontrollen zu ermöglichen. Zurzeit findet eine Überprüfung der sicheren Verwahrung nur bei begründeten Zweifeln an einer sicheren Aufbewahrung statt. Wir wollen, dass in Zukunft zunächst der Antragsteller vor Erteilung der Waffenbesitzerlaubnis nachweisen muss, dass er Maßnahmen zur sicheren Aufbewahrung der Waffen getroffen hat. Zusätzlich sollen die Waffenbesitzer verpflichtet werden, der Behörde die Möglichkeit verdachtsunabhängiger Kontrolle der sorgfältigen Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen oder Munition zu ermöglichen. Auch wenn nicht sämtliche Waffenbesitzer tatsächlich kontrolliert werden können, wird alleine die ständige Möglichkeit unangemeldeter Kontrollen eine striktere Befolgung der Regeln veranlassen. Hierbei ist - außer bei Gefahr im Verzug - nicht vorgesehen, dass die Wohnung gegen den Willen des Berechtigten betreten werden kann. Wer seiner Pflicht zur Gestattung einer Kontrolle nicht entspricht, muss jedoch mit dem Entzug der Waffenbesitzkarte rechnen.

Die unsachgemäße Lagerung von Waffen oder Munition soll in Zukunft als Straftat verfolgt werden, falls hierdurch vorsätzlich die Gefahr des Verlustes der Waffe oder des Zugriffs Unbefugter verursacht wurde.

* Mit neuester Technik gegen die unberechtigte Nutzung legaler Waffen Bislang sind Waffenschränke mit Doppelbart- oder Zahlenschlössern (mechanisch oder elektronisch) ausgestattet. Wir werden es dem Bundesministerium des Innern ermöglichen, im Wege der Rechtsverordnung technische Systeme der Absicherung von Waffen und Waffenschränken zu verlangen. Dies betrifft insbesondere biometrischen Sicherungssystemen. Die Technik hierzu ist noch in der Entwicklung, aber in ihrer Zielrichtung bereits absehbar. Die gesetzliche Maßnahme wird die technische Entwicklung beschleunigen und vor allem dazu führen, dass aufgrund der Massenproduktion der Einsatz der Technik auch bezahlbar sein wird. Ziel ist die Entwicklung von Erkennungschips, die die Öffnung der Schränke aber auch die Nutzung der Waf-fe bezogen auf den einzelnen Schuss davon abhängig macht, dass die individuellen körperlichen Merkmale des Berechtigten eingelesen werden.

* Einführung eines elektronischen Nationalen Waffenregisters
Aufgrund der EU-Waffenrechtlinie vom 21. Mai 2008 sind die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, bis Ende 2014 ein computergestütztes Waffenregister einzuführen. In diesem Register müssen Typ, Modell, Fabrikat, Kaliber, Seriennummer der Waffe sowie Name und Anschrift des Verkäufers und des Waffenbesitzers eingetragen werden. Ein derartiges nationales Waffenregister ist zentrale Voraussetzung für die genaue Kenntnis der Anzahl legaler Waffenbesitzer und Schusswaffen in Deutschland. Gegenwärtig gibt es ca. 570 Waffenerlaubnisbehörden in den Ländern, ohne dass eine Vernetzung existiert. Wir wollen, dass ein derartiges Register bis Ende des Jahres 2012 - und damit zwei Jahre vor Ablauf der in der EU-Waffenrichtlinie vorgegebenen Frist - eingerichtet wird.

Von einem Verbot von Laserdome-/Paintball-Spielen wird zunächst Abstand genommen, da es keinen begründeten Zusammenhang zwischen SpielerInnen dieser Sportart und Amokschützen. Und auch wenn man diese Spiele befremdlich findet, reicht das in unserem Staat glücklicherweise nicht aus, um etwas zu verbieten. Ich gehe davon aus, dass auch die weiteren Untersuchungen zum Thema "Paintball" keine Ergebnisse zu Tage fördern, welche ein Verbot dieser Spiele zur Folge hätten.

Wie oben bereits erwähnt, bleibt zu hoffen, dass die angestrebten Änderungen im Waffengesetz die erforderlichen Veränderungen in der Handhabung der Waffen mit sich bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Elke Ferner