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Dietmar Bartsch
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Frage von Joachim A. •

Frage an Dietmar Bartsch von Joachim A. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,

neueste Untersuchungen belegen das das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat in 14 Biersorten vorhanden ist. Was unternehmen Sie, um diesen Missstand zu unterbinden?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Albrecht,

danke für Ihre Anfrage, auf die ich auch als einer der Vizepräsidenten des Deutschen Instituts für Reines Bier gern antworten möchte.
Grundsätzlich ist die LINKE davon überzeugt, dass in der Landwirtschaft so wenig wie möglich Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden sollten. Stattdessen muss mehr getan werden, um sowohl Pflanzenkrankheiten zu vermeiden als auch gesundheitliche Risiken durch notwendige Pflanzenschutzmaßnahmen zu minimieren und auszugleichen. Glyphosat ist vor allem deshalb in der aktuellen Debatte, weil in Brüssel darüber entschieden wird, ob dieser Wirkstoff für 15 weitere Jahre in der EU zugelassen werden soll. 10 Jahre nach der ersten Zulassung war eine erneute Prüfung der Zulassungskriterien vorzunehmen. Deutschland ist Berichterstatter in diesem Verfahren. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte diese Prüfung vorgenommen und Ende 2014 keine Bedenken gegen die Zulassung erhoben. Im März 2015 hat dagegen die Krebsforschungsagentur IARC Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. In Reaktion auf diese Entscheidung läuft aktuell ein Konsultationsprozess innerhalb der WHO, da 2006 die Pflanzenschutzbehörde der WHO Glyphosat als unbedenklich bewertet hat. Eine erneute Überprüfung des BfR nach der Bewertung des IARC hat zu keiner Änderung des Votums geführt, so dass die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA empfohlen hat, den Wirkstoff für 15 Jahre zuzulassen. Eine Zulassung der Pflanzenschutzmittel erfolgt dann in den jeweiligen Mitgliedsstaaten.

Aus Sicht der LINKEN bleibt ein wissenschaftlicher Dissens in der Bewertung des Glyphosats. Das ist keine Grundlage für eine so weitreichende Entscheidung zur Zulassung. Deshalb haben wir in einer Namentlichen Abstimmung in der letzten Februar-Sitzungswoche des Bundestages dem Antrag der Grünen zugestimmt, die Abstimmung jetzt zu verschieben, bis der WHO-interne Überprüfungsprozess abgeschlossen ist.

Jenseits dieses Streits über die gesundheitlichen Risiken kommt hinzu, dass es keine belastbaren Studien darüber gibt, wie häufig und in welchem Umfang Menschen unwillentlich Kontakt zu diesem Wirkstoff haben. Er wird mit steigendem Umfang in der Landwirtschaft zur so genannten Unkrautbekämpfung eingesetzt. In kleineren Studien wurde Glyphosat häufiger im Urin von Menschen gefunden. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass Menschen häufiger Kontakt haben, als bisher angenommen. Nachweise in Backwaren und nun auch in Bier scheinen das zu bestätigen. Unabhängig davon, dass die Nachweise in der Regel auf eine sehr geringe Belastung hinweisen, bleibt die Frage unbeantwortet, ob in der Summe möglicherweise belasteter Lebensmittel die gesundheitliche Gefahr nicht deutlich unterschätzt wird.

Unsere mehrfach vorgetragene Forderung nach einem Biomonitoring beim Menschen und in pflanzlichen Lebensmitteln zur Klärung des Kotaktrisikos wurde bisher leider ignoriert. Darüber hinaus hat die LINKE bis zur Klärung der Fragen als Sofortmaßnahme gefordert, unnötige Anwendungen von Glyphosat sofort zu verbieten. Dazu gehört die Anwendung im privaten Bereich, der Verkauf an Private über Baumärkte oder im Internet sowie die Vorerntebehandlung, weil sie den direktesten Eintrag von Glyphosat in die Nahrungskette bedeutet. Unser Antrag im Bundestag wurde leider von Union und SPD abgelehnt.

Das für die Zulassung verantwortliche Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat die Zulassung zwar vergangenes Jahr weiter eingeschränkt, uns aber geht das nicht weit genug. Wir werden weiter darauf dringen, dass vor einer abschließenden Klärung der gesundheitlichen und ökologischen Risiken eine Neuzulassung von Glyphosat nicht erfolgt und bis dahin die Anwendung im Vorsorgeprinzip zumindest so eingeschränkt wird, dass Risiken vermieden werden.

Freundliche Grüße

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