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Christos Pantazis
SPD
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Frage von Pascal Z. •

Wie stehen Sie zu der SV-Abgaben Politik Ihrer Partei/Koalition?

Sehr geehrter Herr Pantazis,

auf den Wahlplakaten der SPD zur EU-Wahl wird "Gerechtigkeit" als Schlagwort aufgeführt. Daher wende ich mich an Sie als meinen Direktmandatsträger, weil Gerechtigkeit sehe ich in den Sozialabgaben nicht.

Schon jetzt gebe ich 47% meines AG-Bruttos an die Sozialversicherungen, das inkludiert die Lohnsteuer, die rechnerisch über den Bundeszuschuss an die GRV geht (Der Bundeszuschuss entspricht in etwa den Einnahmen aus der Lohnsteuer). Mit dem Rentenpaket II und den geplanten Erhöhungen der PV wird der Anteil auf >50% steigen, Erhöhungen der GKV-Beiträge fehlen noch.

Ich bin für Solidarität, aber das hat auch Grenzen. Wir können nicht ausschließlich für die Rentner arbeiten. Seit den 1980ern ist bekannt, dass das System platzen wird. Gemacht hat man nichts, allenfalls nur solche Fehlversuche wie z.B. Riesterrente und teure Geschenke wie Rente mit 63.

Warum muss das jetzt von u40 ausgebadet werden? Wo ist die Gerechtigkeit?

MfG
Pascal Z.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Z.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage rund um unsere Sozialversicherung in Anbetracht fehlender „Gerechtigkeit“. Da die Tragfähigkeit unserer Sozialversicherungen das Fundament unseres Sozialstaates darstellt, setze ich mich persönlich für eine tiefgreifende Sozialversicherungsreform ein, die im Sinne der Gerechtigkeit alle Einkünfte in die Beitragspflicht einbeziehen würde – auch Selbstständige und Beamte sowie Politiker wären hiervon betroffen.

Sie haben völlig recht mit Ihrer Annahme, dass die deutsche Sozialversicherung vor großen Herausforderungen steht: In den kommenden zwölf Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente, während die Zahl der Beitragszahlenden sinkt. Dies betrifft insbesondere die Rentenversicherung, die bereits erhebliche staatliche Zuschüsse benötigt, aber auch die Krankenversicherung ist betroffen.

Um die Sozialversicherung zu stabilisieren, muss diese einer grundlegenden Änderung unterworfen werden. Dabei sollten alle Einkünfte eines Jahres zur Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge herangezogen werden, unabhängig davon, ob diese aus abhängiger oder selbstständiger Arbeit oder aus Kapitaleinkünften stammen. Die Beitragslast würde dadurch auf 27,6 Prozent sinken, gegenüber den derzeitigen von Ihnen zurecht beschriebene rund 40 Prozent. Mit einem zusätzlichen Beitrag zur Stabilisierung der Sozialversicherungen könnte die Belastung bei 30 Prozent liegen.

Die vorgeschlagenen 27,6 Prozent ergeben sich aus den Ausgaben der Sozialversicherungen im Jahr 2019, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit 666 Milliarden Euro beziffert hat. Im Verhältnis zum Primäreinkommen von 2.416 Milliarden Euro ergibt sich der vorgeschlagene Beitragssatz. Selbstständige, die bisher alle Einkünfte verbeitragen mussten, wären künftig gleichgestellt, da auch Kapitaleinkünfte herangezogen würden. Die Belastung durch die Kapitalertragssteuer würde in diesem Zuge entfallen.

Ein weiterer Punkt wäre die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze. Dies würde bedeuten, dass auch höhere Einkommen vollständig in die Finanzierung der Sozialversicherung einbezogen werden. Gleichzeitig könnten in diesem Zuge Unternehmenssteuern sogar gesenkt bzw. gänzlich abgeschafft werden.

Ferner setze ich mich in diesem Zusammenhang für die Einbeziehung von Beamten und Politikern in die Sozialversicherung ein. Ich erachte diese Erweiterung als Notwendig an, um die finanzielle Stabilität des Systems zu gewährleisten. Auch Angehörige von verkammerten Berufen – wie ich als Arzt Mitglied der Ärztekammer bin – wären hiervon betroffen.

Meine Vorstellungen von einer Sozialstaatsreform decken sich auch mit bereits bekannten. Allen gemein ist, dass diese einen interessanten, aber umstrittenen Ansatz zur Reform der Sozialversicherung bieten. Sicherlich wird dieser von mir vorgeschlagene Reformprozess umfangreiche Diskussionen und Anpassungen erfordern, insbesondere für Selbstständige und hohe Einkommen. Die Einbeziehung von Beamten und Politikern könnte für mehr Gerechtigkeit sorgen, wird aber auf erheblichen Widerstand stoßen. 

Aus meiner Sicht muss es das Ziel sein, einen umfassender Paradigmenwechsel einzuleiten, der alle gesellschaftlichen Gruppen einbezieht und die finanzielle Basis der Sozialversicherung stärkt.

Ich hoffe sehr, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben und verbleibe

Mit besten Grüßen 

Ihr

Dr. Christos Pantazis, MdB

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