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Christos Pantazis
SPD
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Frage von Uwe P. •

Frage an Christos Pantazis von Uwe P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Pantazis,
sind Sie auch der Meinung, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) den deutschen Gesetzen, hier besonders dem Grundgesetz (GG) und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), entspricht?
Vertraglicher Drittbezug:
Durch einen Vertragsschluss werden grundsätzlich nur die Beteiligten – also die Vertragspartner - berechtigt und verpflichtet. Schuldner und Gläubiger der vertraglichen Pflichten sind somit regelmäßig nur die Vertragsparteien selbst und nicht sonstige am Vertragsschluss unbeteiligte Dritte.
Dieser Grundsatz folgt aus dem Prinzip der Privatautonomie. Dieses Prinzip fordert, dass der Einzelne seine privaten Rechtsverhältnisse selbstbestimmt gestalten kann. Da Verträge, welche Dritte ohne deren Mitwirkung berechtigen oder verpflichten sollen, zur Fremd- und eben nicht zur Selbstbestimmung führen würden, stehen sie im Widerspruch zur Privatautonomie und sind mit dieser nicht vereinbar.
Einen gesetzlichen Anklang findet der Grundsatz, dass Verträge grundsätzlich nur die Vertragspartner und nicht etwa Dritte berechtigen und verpflichten, in § 311 Abs. 1 BGB der bestimmt, dass zur Begründung eines nicht auf Gesetz beruhenden Schuldverhältnisses ein Vertrag "zwischen den Beteiligten" erforderlich ist.
"Dritter" im Sinne dieser Fragestellung ist jede Person, die nicht Vertragspartner ist.
Viele Bürger der Bundesrepublik Deutschland sind deshalb gegen den RBStV, da er gegen Gesetze verstößt, ungerecht, unsozial und undemokratisch ist und verweigern deshalb die Beitragszahlungen. Und es werden immer mehr. Diesem Übel kann abgeholfen werden, indem der Niedersächsische Landtag diesen Vetrag (RBStV) mit sofortiger Wirkung kündigt.
Über eine ausführliche Antwort würde ich mich sehr freuen, da es für mein Wahlverhalten sehr wichtig ist.
MfG
U. P. aus Braunschweig

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Poppe,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich habe mich mit Ihrem Anliegen intensiv auseinandergesetzt und kann Ich Ihnen nun wie folgt auf Ihre Fragen antworten:

Das Thema Rundfunkbeitrag ist zunächst einmal sehr komplex. Die Aufgabe des Rundfunks nach dem Grundgesetz (GG) sowie der Rundfunkgesetzgebung besteht darin, die gesamte Bevölkerung mit vielfältig ausgewogenen Programmen aus den Bereichen Information, Unterhaltung, Bildung und Kultur zu versorgen. Hierunter wird der sogenannte Grundversorgungs- oder Funktionsauftrag verstanden. Er ist ein wichtiger Faktor im Rahmen der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung der Bevölkerung. Die dazu erforderlichen technischen, organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen haben die Länder als Rundfunkgesetzgeber zu gewährleisten. Sie müssen für eine entwick­lungsoffene und funktionsgerechte finanzielle Ausstattung sorgen, damit sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk unabhängig von politischen und ökonomischen Einflüssen allein an sei­nen Zielen (insbesondere an dem der Meinungsvielfalt) ausrichten und auch im Zeitalter der Digitalisierung wettbewerbsfähig bleiben kann. Der Beitrag stellt somit zu Recht die vorrangige Finanzierungs­quelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dar.

Das in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des GG verankerte Grundrecht der Rundfunkfreiheit verlangt vom Gesetzgeber die Ausgestaltung einer Rundfunkordnung, in der die Vielfalt der bestehenden Meinungen dargestellt werden muss. Zur Um­setzung dieses Auftrags wurde in Deutschland ein duales Rundfunksystem geschaffen, das sich durch ein Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk auszeichnet. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist darin der Auftrag zugewiesen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen und damit in besonderem Maße die Mei­nungsvielfalt im Rundfunk sicherzustellen. Neben den klassischen Verbreitungswegen im Radio und im Fernsehen gehört mittlerweile auch eine angemessene Präsenz in digitalen Medien dazu. Die Pflichtaufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind in § 11 des Rundfunkstaats­vertrages (RStV) festgelegt. Für diesen Auftrag haben die Länder unter Beachtung der Pro­grammautonomie der Sender die finanzielle Ausstattung der öffentlich-rechtlichen Rundfunk­anstalten zu sichern. Der gesetzliche Auftrag ist zudem Grundlage für den finanziellen Bedarf.

Seit jeher werden sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch die Wirtschaft und die öffentliche Hand mittels der Rundfunkgebühr zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herange­zogen. Diese Gebühr wurde früher fällig, wenn ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit­gehalten wurde. Es war dabei unerheblich, ob das Gerät tatsächlich genutzt und Rundfunk konsumiert wurde. Heutzutage ist es nicht einmal mehr erforderlich, dass ein empfangsbereites Gerät vorhanden ist, sondern es genügt die bloße Möglichkeit, in der Wohnung jederzeit eine stetige, zuverlässige Quelle der Infor­mation für sich persönlich nutzen zu können. Seit 2013 wird deshalb ein Beitrag pro Wohnung erhoben.

Deshalb kommt ein Vertragsverhältnis gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), wie von Ihnen angenommen, nicht zu Stande. Vielmehr ent­steht die Verpflichtung zur Zahlung kraft Gesetzes mit dem "Innehaben" einer Wohnung. Die Rechtsgrundlage dafür finden Sie in § 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags.

Ich hoffe, dass Ihre Frage hinreichend beantwortet ist und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christos Pantazis

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