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Carsten Müller
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Frage von Andreas R. •

Frage an Carsten Müller von Andreas R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Müller,

ich wende mich an Sie, da Sie Mitglied des Rechtsausschusses sind.
Seit einiger Zeit bewegt mich der Mordfall Frederike von Möhlmann sehr, denn er zeigt eine Ungerechtigkeit des deutschen Rechtssystems auf, die ich kaum fassen kann, und sicher bin ich mit meine Fassungslosigkeit nicht alleine. Der Fall ist hier kurz zusammengefasst:
https://de.wikipedia.org/wiki/Frederike_von_M%C3%B6hlmann
Im Kern geht es um die Frage, warum ein offensichtlicher Mörder nicht verurteilt werden kann.

§ 362 der Strafprozessordnung setzt der Wiederaufnahme von Gerichtsprozessen zurecht enge Grenzen, nachzulesen hier: https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__362.html
Dennoch frage ich mich, warum man für solche Fälle keine Ausnahme machen kann. So könnte man einen Punkt hinzufügen:

"5. wenn neue Beweise vorgelegt werden, die derart schwerwiegend sind, dass bei Wiederaufnahme eine Verurteilung wahrscheinlich wäre und die zu erwartende Strafe eine Gefängnisstrafe wäre."

Eine solche Ergänzung würde der Rechtssicherheit nicht zuwiederlaufen, da nur sehr schwerwiegende Beweise infrage kämen, etwa der DNA-Beweis im vorliegenden Fall und auch nur sehr schwerwiegende Taten betrachtet werden würden.

Meine Frage ist daher, was gegen eine solche Ergänzung spräche?

Mit freundlichen Gruessen
A. R.

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Sehr geehrter Herr R.,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de zum Thema Wiederaufnahme eines Verfahrens zuungunsten des Täters.

Der von Ihnen geschilderte Fall ist von besonderer Tragik und wie Sie bin ich der Meinung, dass dieser Täter zur Rechenschaft gezogen werden muss. Daher stimme ich Ihnen zu, dass der § 362 StPO erweitert werden sollte. Und nicht nur ich sehe das so, sondern auch ein Großteil der CDU und der SPD. Daher ist im Koalitionsvertrag bereits festgehalten, dass die Wiederaufnahmemöglichkeiten zuungunsten der oder des freigesprochenen Angeklagten in Bezug auf nicht verjährbare Straftaten erweitert werden müssen. Wir als große Koalition werden also noch in dieser Legislaturperiode eine Gesetzesänderung anstrengen.

Eine solche Gesetzesänderung bedarf allerdings einer umfassenden Prüfung. Denn auch die von Ihnen vorgeschlagene Änderung ist voller unbestimmter Rechtsbegriffe, bspw. schwerwiegende Beweise oder wahrscheinliche Beurteilung, die die Rechtssicherheit im Einzelfall ins Wanken bringen können. Es muss abgewogen werden zwischen dem Interesse an Rechtsfrieden und Rechtssicherheit sowie dem Interesse an materieller Gerechtigkeit. Zudem müssen die Folgen einer Änderung der Wiederaufnahmegründe genau geprüft werden. Erst danach kann eine abschließende Aussage getroffen werden, wie § 362 StPO zu verändern ist.

Ich stimme also vollkommen mit Ihnen überein, dass § 362 StPO einer Erweiterung bedarf, der zumindest solche Fälle erfasst wie den von Frederike von Möhlmann. Da es sich aber um ein sehr sensibles juristisches Thema handelt, unterstütze ich eine gute und inhaltlich fundierte Vorbereitung der Gesetzesänderung. Denn mit einem Schnellschuss, dessen Folgen nicht abgeschätzt werden können, ist niemandem geholfen.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen aus Berlin

Carsten Müller

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