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Frage von Reinhard S. •

Frage an Carola Reimann von Reinhard S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,
mir graut vor der Einführung des Gesundheitspool das wird ein Fiasko die Leidtragenen
werden wieder die Mitglieder der GKV (Rentnerinnen u. Rentner) sein !!

Zu meiner eigentlichen Frage:
Warum wird die MWST auf Arzneimittel nicht halbiert was aller Orten gefordert wird,
um die Kosten der Mitglieder in der GKV zu mildern ??

Mit freundlichen Gruß,
Reinhard Schielke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schielke,

Vielen Dank für Ihr Schreiben über das Internetportal „abgeordnetenwatch.de“. Ihre Frage zum Thema Umsatzsteuer auf Arzneimittel beantworte ich Ihnen gerne.

Ich bin wie Sie der Meinung, dass es unser Ziel sein sollte, die Kosten im Gesundheitswesen und damit selbstverständlich auch die Kosten von Arzneimitteln zu senken. Und in der Tat erscheint Ihr Vorschlag, den Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel zu senken um den Beitragszahler zu entlasten, auf den ersten Blick überlegenswert. Der Vorschlag wurde auch schon in den dafür zuständigen Ausschüssen und Gremien diskutiert.

Ob jedoch die von Ihnen vorgeschlagene Reduzierung des Umsatzsteuersatzes auf Arzneimittel von 19 % auf 7 % das wirtschaftspolitische richtige Instrument ist, um Krankenkassen und damit letztendlich den Endverbraucher zu entlasten, wage ich unter den jetzigen Voraussetzungen zu bezweifeln.

Ich gebe Ihnen insofern Recht, dass sich jeder von uns sicherlich schon einmal geärgert hat, dass er zum Beispiel Aspirin in der Türkei wesentlich preiswerter erhalten hat als dies bei uns der Fall ist. Die Ursache für diesen Preisunterschied liegt jedoch nicht in den unterschiedlichen Steuern, sondern im Wettbewerb mit anderen Anbietern von Schmerzmitteln. Vorrangiges Ziel einer jeden Diskussion zur Senkung der Kosten im Gesundheitswesen muss es letztendlich sein, den Endverbraucher zu entlasten. Dies steht auch bei der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes an oberster Stelle. Erfahrungen anderer EU-Mitgliedstaaten zeigen aber, dass die Entlastung für den Verbraucher durch Senkung der Umsatzsteuersätze nur kurzfristiger Natur ist. Letztlich werden ermäßigte Umsatzsteuersätze nicht in Form geringerer Preise an den Verbraucher weitergegeben. Dieses Ergebnis bestätigte 2007 eine Untersuchung der Beratungsgesellschaft Copenhagen Economics im Auftrag der EU-Kommission.

Kurzum: Unterschiedliche Umsatzsteuersätze spiegeln sich nicht zwangsläufig in den Verbraucherpreisen wieder. Aus diesem Grund denke ich, sind ermäßigte Umsatzsteuersätze in der Regel nicht geeignet, eine Preissenkung und damit eine Entlastung für den Verbraucher zu bewirken.

Paradebeispiel hierfür ist der Bereich der Gastronomie. Auch Sie werden sicherlich schon einmal die Erfahrung gemacht haben, bei der Bestellung in einer Fast-Food-Kette den gleichen Preis bezahlt zu haben, egal ob sie im Restaurant verzehrt haben oder außerhalb. Interessanterweise sind Speisen und Getränke, die in den Restaurants, also "Zum-Hier-Essen" verzehrt werden, dem allgemeinen Umsatzsteuersatz von 19 % unterworfen, zum Mitnehmen erworbene Speisen jedoch sind mit einem Umsatzsteuersatz von 7 % belegt. Keiner von uns hat bisher aber ein Menüprodukt entsprechend preiswerter erhalten, welches er mit nach Hause genommen hat. Sie sehen also, dies ist ein klassisches Beispiel, dass der Gewinn des umsatzsteuerreduzierten Produkts hier ausschließlich in die Taschen des Unternehmens und nicht in die Taschen zu Gunsten des Endverbrauchers fließt. Dies kann aber nicht Sinn und Zweck einer reduzierten Umsatzsteuer sein.

Wir wollen und müssen uns aber dafür einsetzen, dass die Gleichung "ermäßigter Steuersatz = Preissenkung für den Verbraucher" wieder stimmt. Denn sonst gehen dem Fiskus Steuereinnahmen verloren, ohne dass der Verbraucher etwas davon hätte.

Insofern werden wir sorgfältig diskutieren, damit eine gesellschaftlich einwandfreie Lösung zur Kostenreduzierung auch im Arzneimittelbereich erreicht werden kann.

In diesem Zusammenhang möchte ich durchaus darauf hinweisen, dass die SPD-Bundestagsfraktion unverändert dafür eintritt, gesamtgesellschaftliche Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung zunehmend aus Steuermitteln zu finanzieren. Eine Entlastung der Beitragszahler lässt sich durch direkte Zuschüsse zuverlässig und zielgenau erreichen.

Hinweisen möchte ich aber auch darauf, dass in Deutschland das Umsatzsteuergesetz eine Steuerbefreiung für die meisten Umsätze der Heilberufe und Krankenhäuser vorsieht. Lieferungen orthopädischer Hilfs- und Fortbewegungsmittel für Kranke und Körperbehinderte unterliegen einem ermäßigten Steuersatz, ebenso beispielsweise die Lieferung und die Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten.

Insofern bleibt das wichtigste Ziel – egal welches Mittel letztendlich das geeignete sein wird – den Endverbraucher und damit den Käufer von Arzneimittelprodukten zu entlasten. Denn: Eine Kostenreduzierung muss da ankommen, wo sie nötig ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carola Reimann MdB