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Frage von Nina L. •

Frage an Brigitte Zypries von Nina L. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypries,

da der Kindesvater dem Umgang weder fördert noch positiv beeinflusst, habe ich keinen Kontakt zu meiner Tochter. Hierzu habe ich Ihnen bereits geschrieben. Nun habe ich eine weitere Frage, oder auch einen Vorschlag wie Eltern, die ihre Kinder dem ausserhalb lebenden Elternteil entziehen, Grenzen gesetzt werden können.
Wie man aus zahlreichen Internetveröffentlichungen erkennen kann, scheinen die vorhandenen Gesetze nicht ihren Zweck zu erfüllen, da sie nicht entsprechen angewendet werden (können?). Googeln Sie doch mal: Parental Alienation Syndrom, oder Kind und Entfremdung.

Ich zahle monatlich € 294 Kindesunterhalt für meine Tochter die seit einem Jahr nicht gesehen habe!

Warum koppelt man den Kindesunterhalt nicht an einen verlässlichen Umgang?

Ein Beispiel:
Der Kindesunterhalt wird bei Umgangsboykott auf ein Notar-Anderkonto gezahlt. Sobald wieder ein verlässlicher und dauerhafter Umgang (mindestens 3 Monate lang!) stattfindet, fliesst das Geld wieder auf das Konto des Elternteils bei dem das Kind lebt. Der auf dem Anderkonto eingegangene Betrag verbleibt dort, bis zur volljährigkeit des Kindes, welcher dann z.B. für die Ausbildung oder Führerschein verwendet werden kann. Der entfremdende Elternteil muss nicht mehr machen als dem Kind, so wie es das Gesetz vorsieht, den Umgang mit dem anderen Elternteil zu ermöglichen.

Laut Gesetz ist der ausserhalb lebende Elternteil für die finanzielle Versorgung, und der Elternteil bei dem das Kind lebt für die ”Fürsorge und Pflege” des Kindes verantwortlich. Frau Zypries, wenn ein Kind keinen Kontakt zu beiden Elternteilen hat und dieser weder gefördert noch, wie es das Gesetz ebenfalls vorsieht, positiv beeinflusst wird, kann man doch davon ausgehen, dass dem Kind weder Fürsorge noch Pflege zukommt.

Was halten Sie von meinem Vorschlag? Freundliche Grüße Nina Lütgen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Lütgen,

aufgrund eines Versehens hat es sehr lange gedauert, bis ich Ihnen heute antworte. Das tut mir leid. In der Sache kann ich Ihrem Vorschlag, den Kindesunterhalt daran zu knüpfen, dass der Unterhaltverpflichtete verlässlichen Umgang erhält, aber dennoch nicht zustimmen.
Der Kindesunterhalt ist ein eigener Anspruch des Kindes. Er dient zur Sicherstellung seines laufenden Unterhalts. Ein Fehlverhalten des anderen Elternteils darf nicht dem Kind diesen Anspruch nehmen. Konflikte zwischen den Eltern - die ja im Regelfall der Grund für Schwierigkeiten bei der Durchführung des Umgangs sind - dürfen nicht auf dem Rücken des Kindes ausgetragen werden. Aus der Sicht des Kindes könnte sich eine solche Verkoppelung außerdem so darstellen, als müsste es sich den Unterhalt durch einen Umgang mit dem Elternteil, bei dem es nicht lebt, "erkaufen".
Mir ist bekannt, welche Schwierigkeiten sich bei der Durchsetzung von Umgangsentscheidungen ergeben können. Bei der faktischen Gestaltung des Umgangs kann es für die Kinder und auch die Eltern zu sehr belastenden Situationen kommen. Denn häufig sind die früheren Partner, die jetzt Distanz voneinander suchen, auch in Angelegenheiten des Kindes nicht mehr bereit, miteinander zu kooperieren.
Schon heute regelt das Gesetz ausdrücklich, dass ein Kind ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat, dass jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt ist und dass die Eltern alles zu unterlassen haben, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Gibt es dennoch Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Umgangsrechts, können Eltern und Kinder das Jugendamt um Vermittlung und Hilfestellung bitten. Wird eine gerichtliche Umgangsentscheidung vereitelt oder erschwert, können die Eltern auch eine Vermittlung beim Familiengericht beantragen. Darüber hinaus sieht das Gesetz auch schärfere Maßnahmen vor, um auf die Einhaltung gerichtlicher Umgangsentscheidungen hinzuwirken, wie etwa Zwangsgeld und die Einschränkung oder Übertragung des Sorgerechts. Schließlich kann das Familiengericht den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils - aber eben nicht den Anspruch des Kindes - gegen den umgangsberechtigten Elternteil kürzen oder versagen, wenn der betreuende Elternteil den Umgang massiv und schuldhaft vereitelt.
Zudem arbeiten wir derzeit an einer Reform des Verfahrensrechts in Familiensachen. Dieses sogenannte "FGG-Refomgesetz" soll noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. Damit sollen Schwierigkeiten und Defizite bei der Wahrnehmung und Durchsetzung von Umgangsrechten vermindert und insbesondere das Verfahren in Umgangssachen beschleunigt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries