Portrait von Brigitte Zypries
Brigitte Zypries
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Brigitte Zypries zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Adolf W. •

Frage an Brigitte Zypries von Adolf W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypries,

ich hätte mal eine Frage und zwar die Beschneidung von Männern ist erlaubt, die Beschneidung von Frauen ist verboten.

Sind Männer und Frauen bei der Beschneidung gleichberechtigt, gleichgestellt und gleichbehandelt, so wie es die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland vorschreibt?

Portrait von Brigitte Zypries
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wagner,

strafrechtlich betrachtet stellt die Beschneidung einer Person – egal ob medizinisch oder religiös motiviert – eine Körperverletzung gemäß § 223 StGB dar. Erfolgt die Beschneidung eines minderjährigen Jungen aus medizinischen Gründen (z.B. bei Verengung der Vorhaut), ist sie über die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt. Die Einwilligung ist wirksam, da sie bei medizinischer Indikation im Interesse des Kindes erfolgt. Erfolgt der Eingriff aus rein religiösen Gründen, treffen zwei grundrechtlich geschützte Rechtsgüter aufeinander: das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und das Recht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder (Art. 6 GG) und auf Ausübung ihrer Religion (Art. 4 GG).
Im Sinne des Rechtsfriedens war es 2012 nötig geworden, eine gesetzliche Regelung religionsbedingter Beschneidungen bei Jungen bis zu einem bestimmten Alter zu finden, um auf die starke Unsicherheit bei Anhängern des jüdischen und muslimischen Glaubens sowie bei den Ärzten zu reagieren. Die gesetzliche Regelung, die getroffen wurde, hat diese Verfassungsgrundsätze abgewogen und in eine Balance gebracht. Die Mehrheit des Bundestages war dafür, dass jüdische und muslimische Glaubensausübung in Deutschland auch in Zukunft möglich sein muss, der Eingriff aber für das Kind so gering wie möglich zu halten ist.
Die Beschneidung von Mädchen ist dagegen durch nichts zu rechtfertigen. Sie ist niemals religiös motiviert, sondern ihr Zweck ist die Verstümmelung und die Diskriminierung selbst. Der Vergleich mit der Beschneidung von Jungen ist schon aufgrund des völlig unterschiedlichen Maßes an Gewalt unzulässig. Die verschiedenen Praktiken der Beschneidung weiblicher Genitalien stellen allesamt viel weitreichendere Eingriffe dar als die Vorhautbeschneidung bei Jungen.
Deshalb entsprechen die gesetzlichen Regelungen zur Beschneidung den Grundsätzen unserer Verfassung.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries