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Brigitte Zypries
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Frage von Guntram S. •

Frage an Brigitte Zypries von Guntram S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypris,

in Ihrer Antwort an H. W. vom 22.1.2013 erwähnen Sie, dass Artikel 12a GG nachträglich vom Deutschen Bundestag 1968 beschlossen wurde. Nun steht ja dieser Artikel objektiv und rechtslogisch betrachtet tatsächlich im Widerspruch zu Artikel 3 GG, dem ja 1994 noch neben der rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter die TATSÄCHLICHE Gleichstellung als Staatsziel, d.h. die Gleichstellung in der Lebenswirklichkeit hinzugefügt wurde.

Wenn sich hier zwei Artikel im GG offensichtlich widersprechen, welcher ist im Zweifel für die Beurteilung der höherwertige?

Was würde die Bundesrepublik machen, wenn sich die Männer einer derartigen Ungleichbehandlung einfach verweigern würden?

Ist es wirklich guter politischer Stil, das Grundgesetz zu ändern, wenn einem die Aussagen darin zu unbequem erscheinen?

Wäre es nicht besser, Politiker würden sich bei der Gesetzgebung am Grundgesetz von vorneherein ORIENTIEREN, so dass Verfassungsänderungen ggf. nicht von ehrlich denkenden Bürgern hinterfragt werden müssen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Seiss,

vielen Dank für Ihre Nachfrage zum Verhältnis von der in Art. 12a GG geregelten gesetzlichen Wehrpflicht und dem allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 GG. Gerne nehme ich im Folgenden dazu Stellung.
Die Einberufung in den Wehrdienst im März 2011 wurde durch Abänderung des Wehrpflichtgesetzes ausgesetzt. Art. 12a GG besteht jedoch weiterhin und der Gesetzgeber kann die verpflichtende Einberufung zum Wehrdienst jederzeit durch ein einfaches Gesetz wieder einführen.

Anders als von Ihnen beschrieben, steht Art. 12a GG jedoch nicht „tatsächlich im Widerspruch zu Art. 3 GG“. Art. 12a GG stellt im Verhältnis zu Art. 3 GG eine verfassungsunmittelbare Sonderregelung dar. Dies bedeutet, dass Art. 12a GG auf der Grundlage des von Ihnen richtig beschriebenen, prinzipiellen Gleichrangs verfassungsrechtlicher Normen insoweit neben den Gleichheitsgarantien des Art. 3 GG rangiert und deren Gleichheitsgewährleistungen in Gestalt der entsprechenden Begünstigung von Frauen (Freistellung von der Wehrpflicht) modifiziert. Art. 12a GG ist somit keine Verletzung von Art. 3 GG, sondern vielmehr eine Sonderregelung, die gleichrangig neben dem Gleichberechtigungsgrundsatz steht und darauf beruht, dass die Wehrgesetzgebung weitgehend dem Einflussbereich von Art. 3 GG entzogen ist. Dies wurde so bereits mehrfach vom Bundesverfassungsgericht bestätigt und ist unter anderem an folgender Stelle nachzulesen: BVerfGE 12, 45 (52); 48, 127 (165).

Mit freundlichen Grüßen

Brigitte Zypries