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Brigitte Pothmer
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Frage von Hermann A. •

Frage an Brigitte Pothmer von Hermann A. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Pothmer,

soeben lese ich i(Alg II-Empfänger) n der Welt, dass Sie den Öttinger-Vorschlag ablehnen, den Alg II-Satz laufend den steigenden Stromkosten anzupassen.

Sie sollten eigentlich wissen, dass der Regelsatz zu knapp bemessen ist. Bei mir (single) sind 26 € für Strom vorgesehen. Trotz Anbieterwechsels und sparsamen Verbrauchs muss ich aber 39 € zahlen.

Die Nachzahlung für das letzte Jahr bringt mich in noch größere Schwierigkeiten, weil ich von staatlicher Seite in die Armut gestürzt wurde! Auch die Grünen haben für die Agenda 2010 gestimmt. Aber die hat wohl nur der SPD geschadet.

Ich (62), unverschuldet arbeitslos, 36 Jahre eingezahlt, habe trotz guter Qualifikation keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt.
Mit nun 382 € erhalte ich den gleichen kümmerlichen Betrag wie ein 25-jähriger, der sich "einen Lenz macht" und noch nie gearbeitet hat.

1. Finden Sie das gerecht?
2. Halten Sie die Höhe des Satzes überhaupt für angemessen?
3. Wenn nein, würden die Grünen sich im Fall der Regierungsbeteiligung für einen Satz einsetzen, der menschenwürdig ist (mindestens 450 €) ?

Für eine Beantwortung wäre ich Ihnen dankbar!

Mit freundlichen Grüßen
H. Augustin

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Augustin,

vielen Dank für Ihre Mail. Eine menschenwürdige und vom Verfassungsgericht angemahnte Grundsicherung ist eine Grundvoraussetzung gesellschaftlicher Teilhabe und ein zentrales Anliegen grüner Politik. Die Grundsicherung muss also neben der materiellen Absicherung auch die soziokulturelle Teilhabe an der Gesellschaft sicherstellen. Die derzeitigen Regelsätze sind dafür nicht ausreichend. Deshalb fordern wir eine Erhöhung des Regelsatzes für Erwachsene auf 420 Euro. Bei der Berechnung müssen alle Bedarfe, selbstverständlich auch der Energiebedarf, angemessen berücksichtigt werden. Ich habe den Vorschlag von EU-Kommissar Günther Oettinger kritisiert, weil dort die Entwicklung der Regelsätze an einen einzelnen Parameter geknüpft würde. Was sollte bei einen derartigen Herangehen geschehen, wenn die Energiepreise wieder fallen, dafür aber die Lebensmittelpreise stark steigen?

Diese Kritik bedeutet aber keinesfalls, dass wir Grüne - und auch ich ganz persönlich - das Problem der sogenannten „Energiearmut“ ignorieren. Im Gegenteil, wir haben umfassende Vorschläge unterbreitet, um sicherzustellen, dass Energie für alle bezahlbar ist. Um dies zu gewährleisten, müssen der ökologische Umbau und ein sozialer Ausgleich Hand in Hand gehen. Hierzu haben wir einen Antrag in den Bundestag eingebracht, den sie unter der Drucksachennummer 17/11030 auf der Internetseite des Deutschen Bundestages finden. Darin fordern wir unter anderem „Stromspar-Tarife“ ohne Grundgebühr, eine gesetzliche Einschränkung des Sperrens der Strom- und Gasversorgung und eine dauerhafte Stärkung einkommensschwacher Haushalte. Die Regelsätze müssen dafür insgesamt auf ein Niveau angehoben werden, das auch die Versorgung mit Wärme und Strom sicherstellt.

Nun zu Ihren drei konkreten Fragen:

Zu 1: In der Grundsicherung spielt die bisherige Arbeitsleistung keine Rolle. Ich kann verstehen, dass Sie das als ungerecht empfinden, zumal es um die Chancen älterer Arbeitsloser auf einen Job schlecht bestellt ist. Ich möchte aber zum einen darauf hinweisen, dass in der Arbeitslosenversicherung das Lebensalter und die Dauer der Beitragszahlung in gewissem Umfang berücksichtigt werden. Und zum anderen suchen auch die allermeisten jungen Menschen, die auf die Grundsicherung angewiesen sind, händeringend einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz.

Zu 2 und 3: Die derzeitige Höhe der Regelsätze halte ich, wie bereits oben ausgeführt, nicht für angemessen. Wir setzen uns daher dafür ein, den Regelsatz für Erwachsene auf 420 Euro anzuheben.

Mit freundlichem Gruß
Brigitte Pothmer