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Bijan Djir-Sarai
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Frage von Ludwig N. •

Frage an Bijan Djir-Sarai von Ludwig N. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Bijan Djir-Sarai,

in einem BR-Rundschau Interview am 14.06.2019 haben Sie gesagt, "beide, dass sowohl die Europäische Union als auch die amerikanische Administration hier am Ende des Tages identische Ziele haben ...dass der Iran nicht zu Atomwaffen kommt ... die Ziele sind identisch, die Methoden sind unterschiedlich..." Sehen Sie es dann wie ich, dass die EU es diplomatisch und mit Abkommen schaffen will und dass Trump und seine Administration es mit Sanktionen und Krieg erreichen wollen. Oder wie Anders ist es zu verstehen, dass Trump den Vertrag mit Iran einseitig gekündigt hat und jetzt Alles daran setzt, Iran in eine Provokation zu treiben, die einen Kriegseinsatz nach seinen Regeln ermöglicht. Sie haben gesagt, "der Iran muss sich an die internationalen Regeln halten". Würden Sie Gleiches auch von Trump und seinen Hardlinern fordern? Haben nicht die den Vertrag mit Iran einseitig und gegen die Vorstellung Europas aufgekündigt? Sie haben auch die Rolle des Iran in der Region angesprochen und kritisiert. Gilt das gleichermaßen auch für Saudi-Arabien? Sie hoffen auf diplomatischen Verhandlungserfolg. Glauben Sie, dass Trump dazu bereit bzw. überhaupt Willens oder in der Lage dazu ist?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrte Herr Niederberger,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen zu meinem Interview im BR. Gern möchte ich Ihnen meine Positionierung zu diesem immer noch sehr aktuellen Thema näher bringen.

Seit Beginn der Amtszeit von Präsident Trump beobachten wir, dass sich die Amerikaner schrittweise aus der Diplomatie zurückziehen, das bedauere ich sehr. Nicht abgestimmtes Handeln macht eine verlässliche Partnerschaft in der Außenpolitik immer schwieriger und stellt die Europäer vor neue Herausforderungen. Klar ist, sowohl für die EU als auch die USA ist ein Atomabkommen mit dem Iran von enormer Bedeutung.

Durch den Austritt der USA aus dem Atomabkommen ist JCPoA bedauerlicherweise faktisch gescheitert. Dennoch hat Präsident Trump bei der Aufkündigung zwei zentrale Defizite des Abkommens aufgedeckt: Weder das iranische Raketenprogramm noch die Rolle des Irans in der Region werden in dem aktuellen Abkommen berücksichtigt. Das Abkommen steht daher nicht im Einklang mit der Realität vor Ort. Meine Empfehlung wäre daher, dass die Europäische Union eine neue Iran-Strategie entwickeln und nicht nur einseitig an diesem Abkommen festhalten würde. Sie sollte auch darauf drängen, dass gerade diese Punkte in einem Zusatzabkommen mit aufgegriffen werden.

Ich stimme Ihnen dahingehend zu, dass sich die Strategie der US-Administration grundlegend von der Strategie der Europäer unterscheidet. Während die Europäer auf Diplomatie setzen, bedienen sich die Amerikaner der Methode des “maximalen Drucks” und versuchen die Iraner durch Sanktionen wieder an den Verhandlungstisch zu zwingen. Generell ist meine Einschätzung, dass weder die USA, noch die Iraner an einem Krieg interessiert sind. Ein Krieg in der Region würde nur Verlierer produzieren, dessen sind sich sowohl Washington als auch Teheran bewusst. Auch innenpolitisch wäre ein Krieg in der Region für Trump nicht tragbar. Dessen oberste Priorität ist es, seine Wiederwahl bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr zu sichern. Einen neuen Krieg würden ihm seine Wähler nicht verzeihen.

Präsident Trump hat seit Beginn des Ausstiegs aus dem Atomabkommen immer wieder die Bereitschaft für neue Verhandlungen angedeutet, diese sind bislang an Teheran gescheitert. Wie ich bereits erwähnte, haben auch die Amerikaner ein enormes Interesse an einem Abkommen mit dem Iran. Denn das Abkommen greift ja ein großes Problem auf, nämlich die Frage der nuklearen Bewaffnung Irans. Diese wollen die USA selbstverständlich verhindern. Daher glaube ich, dass Präsident Trump dazu bereit ist mit Teheran neu zu verhandeln. Jetzt liegt es auch an den europäischen Staaten hier eine Vermittlerrolle einzunehmen und durch gezielte und gemeinsame diplomatische Initiativen, Washington und Teheran wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.

Für uns Freie Demokraten ist eine auf internationale Regeln und Vereinbarungen basierende Außenpolitik oberste Priorität. Diese erwarten wir von jedem unserer Partner. Dazu zählt selbstverständlich auch unsere transatlantische Partnerschaft, die für uns als Deutsche und Europäer traditionell von großer Bedeutung sind. Auch das Äußern von konstruktiver Kritik gehört selbstverständlich zu einer erfolgreichen und langjährigen Partnerschaft dazu.

Abschließend zu Ihrer Frage bezüglich des Umgangs mit Saudi-Arabien: Auch Saudi-Arabien kommt neben Iran eine Schlüsselrolle in der Region zu und ist für die Bundesregierung daher ein wichtiger strategischer Partner. Dennoch müssen wir trotz strategischer Partnerschaft auch die Rolle Saudi-Arabiens in der Region und die Situation der Menschenrechte innerhalb des Landes immer wieder kritisch bewerten und in Frage stellen. Daher muss auch in Richtung Riad der deutliche Appell lauten, internationales Recht und Menschenrechte ernst zu nehmen.

Ich hoffe, Ihre Frage hinreichend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Bijan Djir-Sarai

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