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Bettina Herlitzius
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Frage von Sandra M. •

Frage an Bettina Herlitzius von Sandra M. bezüglich Umwelt

Wie stehen Sie zu einer Genehmigung von Fracking in Deutschland, bzw. Europa?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Melcher,

in Deutschland wird seit vielen Jahrzehnten Erdgas gefördert. Die grüne Bundestagsfraktion vertritt die Ansicht, dass die Erschließung neuer Gasquellen in Deutschland grundsätzlich weiterhin möglich sein sollte. Warum? Da wir ansonsten bald vollständig auf Importe aus dem Ausland angewiesen wären - und damit auf undemokratische Staaten ohne ausreichende Umwelt- und Sozialstandards. Allerdings ist bei der heimischen Förderung sicherzustellen, dass diese nur unter strikter Einhaltung höchster Umweltstandards stattfinden darf.

Für die grüne Bundestagsfraktion gilt strikt das Vorsorgeprinzip. Solange solche gravierenden Umweltwirkungen, wie sie bei der unkonventionellen Erdgasförderung in den USA vorkommen, nicht ausgeschlossen werden können, dürfen in Deutschland keine Genehmigungen für Fracking erteilt werden. So muss zum Beispiel die Verwendung Grundwasser gefährdender Substanzen verboten werden. Darüber hinaus muss eine fachgerechte Entsorgung des Frac- und Lagerstättenwassers gesichert sein. Hier gab es in der Vergangenheit gravierende Mängel in den rechtlichen Rahmenbedingungen, die dringend beseitigt werden müssen. Als Sofortmaßnahme treten wir Grünen im Bundestag daher für ein Moratorium von mindestens zwei Jahren ein, um a) die Risiken der Technologie genauer zu untersuchen und b) eine gesellschaftliche Debatte darüber zu führen, ob wir diese Technologie überhaupt anwenden wollen. Andere europäische Länder sind diesen Schritt bereits gegangen: Während in Großbritannien, den Niederlanden und in Teilen der Schweiz die zuständigen Ministerien per Erlass ein Moratorium ausgesprochen haben, wurde in Bulgarien und Frankreich vom Parlament ein Verbotsgesetz verabschiedet.

Die aktuellen Vorschläge der schwarz-gelben Bundesregierung sind dagegen eine Mogelpackung. Auch wir fordern die Einführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) im Bergrecht für alle Vorhaben vorzuschreiben. Dies wird den Einsatz der Technologie aber nur in den seltensten Fällen verhindern. Eine UVP entscheidet nicht darüber, ob etwas genehmigt wird, sondern lediglich welche Auflagen und Ausgleichsmaßnahmen fällig werden. Das verhindert also nur die offensichtlichsten Umweltschäden. Das Verbot von Fracking in Trinkwasserschutzzonen gilt schon heute für die Trinkwasserschutzzonen I und II. Auch in der Zone III wird heute Fracking schon heute regelmäßig untersagt. Die Minister Altmaier und Rösler schaffen mit ihrer neuen Regelung eine weitere Hintertür für Fracking in Trinkwasserschutzgebieten. So können auch in Trinkwasserschutzgebieten weiterhin Genehmigungen erteilt werden und es besteht sogar Anspruch auf eine Genehmigung, „zur Vermeidung unzumutbarer Beschränkungen des Eigentums“. Statt eines klaren Verbotes, wie öffentlich dargestellt, wird ein riesiges Hintertürchen geschaffen. Außerdem umfassen Trinkwasserschutzggebiete nur 14 Prozent der deutschen Landesfläche. Im Umkehrschluss bedeutet dies: In 86 Prozent der Landesfläche darf in Zukunft gefrackt werden.

Darüber hinaus gelten für unkonventionelles Erdgas wie für grundsätzlich alle Bodenschätze in Deutschland, dass es bei der Suche und Förderung einer deutlich höheren Transparenz bedarf. Wir Grüne setzen uns seit langem für eine grundlegende Reform des Bergrechts ein, das in seiner jetzigen Form in großen Teilen heutigen Anforderungen an Umwelt- und Wasserschutz sowie an Anliegerschutz nicht mehr genügt. Auf die Belange der betroffenen Bürger nimmt das Bergrecht viel zu wenig Rücksicht. Stattdessen räumt es den Bergbauunternehmen auf Kosten von Bergbaubetroffenen, Umwelt und Klima durch nichts zu begründende Sonderprivilegien ein. Es darf in Deutschland nicht mehr passieren, dass Unternehmen klammheimlich ihre Claims abstecken und umfangreiche Aufsuchungsbohrungen vorbereiten, ohne dass die Öffentlichkeit in angemessener Weise miteinbezogen wird.

Grundsätzlich wollen wir Grünen im Bundestag den Erdgasverbrauch deutlich senken. Statt mit Gas schlecht isolierte Wohnungen zu beheizen, wollen wir die energetische Gebäudesanierung massiv steigern und mit dem Gas dezentral Strom und Wärme in Kraft-Wärme-Kopplung gleichzeitig erzeugen. Langfristig möchten wir auf den Einsatz von Erdgas ganz verzichten. Unser Ziel ist es, möglichst bis zum Jahr 2040 den Energiebedarf im Gebäude- und Wärmebereich vollständig aus erneuerbaren Energien zu decken.

Mit freundlichen Grüßen,

Bettina Herlitzius