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Frage von Max M. •

Frage an Beate Merk von Max M. bezüglich Recht

Die katholische Kirche wird derzeit (wieder einmal!) durch Fälle von Kindesmissbrauch in kirchlichen Einrichtungen durch Priester erschüttert. Die überwiegende Zahl der Fälle ist zwar verjährt, es gibt aber durchaus auch aktuelle Fälle. Bayern ist - so mein Eindruck - überproportional betroffen. Bischof Mixa hat dafür unter anderem die "sexuelle Revolution" verantwortlich gemacht, wofür er in der Öffentlichkeit angegriffen wurde. Sie haben ihn dagegen - so ziemlich als einzige, so mein Eindruck - verteidigt. Meine Fragen an Sie als bayerische Justizministerin in diesem Zusammenhang:
1) Sind Sie der Meinung, dass die katholische Kirche genug tut, um Missbrauch in ihren Einrichtungen und durch ihre Priester zu verhindern?
2) Arbeitet die Kirche mit den staatlichen Behörden, insbesondere Polizei und Staatsanwaltschaft, ausreichend zusammen oder nicht doch eher nach eigenem Gutdünken, wenn es sich nicht mehr verhindern lässt (weil ein Fall schon aufgedeckt wurde)?
3) Halten Sie es für richtig, wenn Priester, die bereits einschlägig auffällig geworden sind, erneut in Bereichen eingesetzt werden, in denen sie Kontakt mit Kindern und Jugendlichen haben?
4) Tut die Kirche genug, um Opfer zu entschädigen?
5) Sollte die bayerische Staatsregierung, die ja enge Verbindungen zu den Kirchen pflegt und die kirchlichen Einrichtungen fördert, nicht auf die Kirchen einwirken, damit mehr in Richtung Prävention, Aufklärung und Opferschutz getan wird?

Über eine Antwort würde ich mich freuen!

Mit freundlichen Grüßen

Max Munter

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Munter,

vielen Dank für Ihre Fragen, die alle miteinander sehr spannend, nur leider im Moment noch schwer zu beantworten sind. Zumindest teilweise.

Zu Frage 1)
Die katholische Kirche hat eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, um einen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in ihren Einrichtungen zu verhindern. Ob sie ausreichen werden, wird sich erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt sagen lassen.

Zu Frage 2)
Die Kirche - und jede andere betroffene Institution - muss einen Verdacht unverzüglich an die staatlichen Ermittlungsbehörden weitergeben, damit unabhängig und objektiv ermittelt werden kann. Nicht nur um der Opfer, sondern auch um ihrer selbst willen. Wenn die katholische Kirche sich jetzt nicht öffnet, wenn sie den Staatsanwalt nicht unverzüglich dort ermitteln lässt, wo er ermitteln muss, wird das Vertrauen, das die katholische Kirche genießt, dauerhaft Schaden nehmen.

Zu Frage 3)
Diese Frage kann ich klar beantworten: Ich halte es für falsch, wenn Priester, die bereits wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern oder Jugendlichen nachweislich auffällig wurden, erneut in Bereichen eingesetzt werden, in denen sie unmittelbaren Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen haben.

Zu Frage 4)
Diese Frage kann eigentlich nur mit einer Gegenfrage beantwortet werden: Kann man überhaupt genug tun, um Opfer eines sexuellen Missbrauchs zu entschädigen? Das wiederum ist eine Frage, die ihnen nur ein Opfer beantworten kann und die ihnen möglicherweise jedes Opfer unterschiedlich beantworten wird.

Zu Frage 5)
Ich bin der Auffassung, dass wir gemeinsam mit der katholischen Kirche für Prävention, Aufklärung und Opferschutz sorgen müssen. Daher will ich ein Forum zur Aufarbeitung der Gewalt- und Sexualdelikte in Erziehungseinrichtungen in Bayerin einrichten. An diesem sollen sich neben Justiz-, Sozial-, Kultus- und Umweltministerium die katholische und evangelische Kirche, sonstige Träger von Erziehungseinrichtungen und der Jugendarbeit, Opferverbände sowie Sachverständige beteiligen. Alle mit der Missbrauchsbekämpfung befassten Stellen sollen Gelegenheit haben, sich mit ihren Erfahrungen und ihrer Fachkenntnis einzubringen.
Wir müssen uns gemeinsam überlegen, wie wir jetzt und in Zukunft zusammenarbeiten, um sexuellen Missbrauch von Minderjährigen - nicht nur in der katholischen Kirche, sondern überall - zu verhindern, einen erfolgten Missbrauch aufzuklären und um Opfer zu schützen und ihnen zu helfen.

Das, was mir in meinem Rahmen derzeit möglich ist, bin ich bereit zu tun. Die Bekämpfung jeglicher Art von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen, insbesondere aber des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen und der sexuellen Ausbeutung von Frauen, liegt mir ganz besonders am Herzen. Seit langem kämpfe ich daher in diesen Bereichen vehement für eine Verschärfung der bestehenden Strafvorschriften, um eine effektive Bekämpfung dieser Kriminalitätsformen zu ermöglichen. Seit vielen Jahren bringe ich immer wieder vor, dass es nicht sein kann, dass der sexuelle Missbrauch eines Kindes nur ein Vergehen darstellt. Diese Tat muss - wie andere schwere Delikte auch - endlich als Verbrechen eingestuft werden. Nur damit können wir ein klares Signal setzen, dass sexueller Missbrauch von Kindern eines der abscheulichsten Verbrechen ist.

Ich habe daher zuletzt im Sommer 2008 einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht, der u.a. die Aufstufung der Grundfälle des Kindesmissbrauchs zum Verbrechen vorsieht. Bedauerlicherweise wurde die Beratung des Gesetzentwurfs vom Rechtsausschuss des Bundesrates mit großer Mehrheit gegen die Stimme Bayerns vertagt. Für dieses Anliegen werde ich mit einem neuen Gesetzentwurf, den ich derzeit erarbeite, weiterkämpfen.

Handlungsbedarf des Gesetzgebers besteht aber auch bei den Verjährungsregeln. Die jüngst bekannt gewordenen Verdachtsfälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern in kirchlichen Schulen zeigen, dass die geltenden Verjährungsvorschriften der besonderen Situation der Opfer sexuellen Missbrauchs nicht gerecht werden.

Nach der aktuellen Rechtslage verjährt der Grundfall des sexuellen Missbrauchs von Kindern 10 Jahre, schwerer sexueller Missbrauch 20 Jahre nach Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers. Die Erfahrungen und die aktuell bekannt gewordenen Fälle zeigen, dass diese Fristen oft nicht genügen, um dem Opfer eine frei verantwortliche Entscheidung zu ermöglichen. Immer wieder gibt es Fälle, in denen Opfer aufgrund ihrer starken Traumatisierung im Kindesalter erst nach dieser Zeit zu einer Anzeige bereit und fähig sind. Meines Erachtens muss dem durch längere Verjährungsfristen für Straftaten des sexuellen Missbrauchs von Kindern Rechnung getragen werden. Wir brauchen bei Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und insbesondere bei Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern eine Verjährungsfrist von 30 Jahren. Das ist der Gesetzgeber den Opfern dieser abscheulichen Straftaten schuldig!

Auch was die zivilrechtliche Verjährung von Ansprüchen der Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs angeht, wird die derzeitige Rechtslage den Belangen der Opfer nicht gerecht. Zwar beginnt die Verjährung erst zu laufen, sobald der/die Geschädigte das 21. Lebensjahr vollendet hat bzw., wenn der/die Geschädigte bei Beginn der Verjährung mit dem Schädiger in häuslicher Gemeinschaft lebt, ab Beendigung der häuslichen Gemeinschaft. Nicht ausreichend ist jedoch die geltende Verjährungsfrist von drei Jahren. Ich werde mich daher auch für eine Verlängerung der Verjährungsfrist von Ansprüchen, die auf einem sexuellen Missbrauch von Kindern beruhen, auf 30 Jahre einsetzen.

Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um eine Verlängerung der Verjährungsfristen für sexuellen Missbrauch von Kindern zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Beate Merk, MdL