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Aydan Özoğuz
SPD
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Frage von Gudrun und Bernhard K. •

Frage an Aydan Özoğuz von Gudrun und Bernhard K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau und Genossin Özogûz,

die gleiche Frage haben wir an Herrn und Genossen Gabriel gestellt, wobei es uns um die Glaubwürdigkeit unserer Partei geht.
Einfach zu behaupten, die neu ermittelten Regelsätze für Hartz IV-Empfänger seien zu niedrig oder sollten mindestens 400 € betragen, widerspricht genau den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Welche Berechnungen (eigene oder von Sozialverbänden) liegen der SPD vor? Welche Quellen gibt es ggf. dazu?

Mit freundlichen Grüßen - verbunden mit persönlichen und parteilichen Wünschen für Glück und Erfolg im Neuen Jahr -

Gudrun und Bernhard Künzel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Künzel, sehr geehrter Herr Künzel,

vielen Dank erst einmal für die Neujahrswünsche, die ich gerne erwidere: Auch Ihnen alles Gute im Jahr 2011! Ihre Frage zur Ermittlung der Regelsätze des Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) beantworte ich gerne.

Es ist natürlich nicht der Fall, dass die SPD einfach behauptet, dass die neu „berechneten“ Regelsätze zu niedrig seien, und wir deshalb im Bundestag und Bundesrat gegen das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung gestimmt haben. Ebenso wenig fordern wir 400 Euro als neuen ALG II-Regelsatz.

Vielmehr hat die SPD gegen die Vorlage der Bundesregierung gestimmt, weil der Gesetzentwurf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mangelhaft umsetzt und die Verfassungskonformität der Regelsatzbemessung äußerst fraglich ist. Außerdem hat die Bundesregierung ihr geplantes Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder vollkommen ungenügend ausgestattet.

Die ALG II-Regelbedarfe wurden von der Bundesregierung nicht transparent und methodisch schlüssig ermittelt, wie es das Urteil des Bundesverfassungsgericht fordert: So wurden bei der Berechnung der ALG II-Regelsätze für Einpersonenhaushalte plötzlich nicht mehr die untersten 20 Prozent der Nettoeinkommen herangezogen, sondern nur noch die untersten 15 Prozent – vollkommen ohne Begründung. Außerdem wurden die sogenannten Aufstocker (die zusätzlich zu ihrem kargen Lohn noch Unterstützungsleistungen vom Staat beziehen müssen) mit in die Berechnung der Einkommensgruppen einbezogen. Beides führt zu künstlich niedrigeren Regelsätzen und dem Wunschergebnis der Bundesregierung von 5 Euro ALG II-Aufschlag. Uns stört nicht die geplante, dürftige Erhöhung des Regelsatzes, sondern dessen willkürliche Berechnung.

Berechnungsmodelle für Regelsätze liegen uns viele vor, bspw. vom Paritätischen Gesamtverband oder dem Deutschen Gewerkschaftsbund. Als Datengrundlage dient allen Berechnungen – auch derjenigen der Bundesregierung – die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes. Die SPD hatte keine eigene Berechnung angestellt, sondern sich zunächst mit der Berechnungsmethode des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung auseinandergesetzt. Anschließend haben wir das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Ministerin von der Leyen gebeten, unsere Vorschläge (wie z.B. die Bereinigung der Referenzgruppe zur Regelsatz-Ermittlung) unter Mithilfe des Statistischen Bundesamtes, welches über die Daten verfügt, durchzurechnen. Das wurde abgelehnt, weil es zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde! Seitdem sind Wochen vergangen, ohne dass die Ministerin etwas zur Konsensfindung beigetragen hätte. Auf diese Missstände hat Manuela Schwesig, die Verhandlungsführerin der SPD in der Vermittlungsrunde zu den Regelsätzen, gerade erst wieder hingewiesen.

Eine detaillierte Übersicht der Forderungen der SPD und wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes mit angemessenen Regelsätzen umgesetzt werden kann, finden Sie im Antrag 17/3648 der SPD-Bundestagsfraktion, den ich meiner Antwort beifüge.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen ein wenig weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Aydan Özoguz, MdB

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