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Antje Tillmann
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Frage von Maximilian B. •

Frage an Antje Tillmann von Maximilian B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Tillmann,

Ich wende mich mit dieser Email aufgrund der im Dezember 2019 beschlossenen Änderung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften an Sie mit der Bitte, meine u.a. Fragen zu beantworten.

Kurz zum Sachverhalt:

Es geht konkret um Artikel 5 - Änderung Einkommensteuergesetz – aus dem Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen. In der Begründung zum Gesetz steht, dass durch diese Regelung die Spekulation eingeschränkt werden soll.

Genau das Gegenteil wird m.E. durch die Neuregelung eintreten.

Im Wesentlichen werden mit dieser neuen Regelung Gewinne und Verluste für beispielweise Termingeschäfte nicht mehr steuerlich gleich behandelt.

Zwar werden beispielsweise börsennotierte Optionsgeschäfte im allgemeinen Sprachgebrauch gerne als hochspekulativ bezeichnet, allerdings wird dass diesem Handelsinstrument nicht gerecht sondern vor allem als Absicherung von Depots verwendet. Kollegen von mir haben bsp. folgende Ergebnisse erzielt:

Gewinne: 4.0 Mio €
Verluste: 3.9 Mio €
Nettogewinn: 0.1 Mio €

Nach der neuen Regelung werden nur noch Verluste in Höhe von 10.000 € angerechnet. Diese sind bei dem Gewinn von 4 Mio € zu vernachlässigen, so dass zukünftig die Kapitalertragssteuer ca. 1 Mio € (+KiSt & Soli) beträgt.

Meine Fragen:

1. Ist die Neuregelung so zu verstehen, dass auf einen Zuwachs auf dem Konto von 100.000,- EUR insgesamt knapp 1 Million EUR Steuern zu zahlen sind? Oder können unterjährig Gewinne und Verluste verrechnet werden?

2.Falls ja, kann die x-fache Besteuerung von Vermögenszuwächsen verfassungskonform sein?

3. Abwandlung des Beispiel:
Gewinne: 4.0 Mio €,
Verluste: 4.1 Mio €
Nettoverlust: 0.1 Mio € -

Wird auch hier eine Steuer auf die 4.0 Mio. fällig, obwohl gar kein Einkommen erzielt wurde, sondern das Konto im Verlust ist?

Danke für Ihre Bemühungen

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Sehr geehrter Herr B.,

danke für Ihre Anfrage.

Die neue Regelung des § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG sieht vor, dass Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Erträgen aus Stillhaltegeschäften ausgeglichen werden können. Dabei ist die Verlustverrechnung auf jährlich 10.000 Euro beschränkt. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalteprämien verrechnet werden. Die Verluste können nicht mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden. Die Regelung findet für Verluste aus Termingeschäften, die nach dem 31. Dezember 2020 eintreten, Anwendung. Das Bundesfinanzministerium prüft Regelungen grundsätzlich auf ihre Verfassungskonformität hin.

Der besagte § 20 Abs. 6 EStG sollte bereits im Elektromobilitätsgesetz (JStG 2019) ergänzt werden, wurde aber dort nach wochenlangen zähen Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner SPD herausgenommen. Die SPD wollte im Rahmen des JStG 2019 sogar eine komplette Nichtberücksichtigung dieser Verluste: Bei den Termingeschäften sollte durch eine komplette gesetzliche Nichtberücksichtigung eines Optionsverfalls die bis 2016 geltende Finanzverwaltungspraxis gesetzlich manifestiert werden und die BFH-Rechtsprechung vom 12. Januar 2016 (BStBl. I 2017 II, S. 264) überschrieben werden. Danach wären Verluste dann in Gänze nicht anzuerkennen gewesen, wenn der Steuerpflichtige eine Option bei Fälligkeit verfallen lassen würde. Das konnten wir verhindern. Die jetzige Lösung ist ein Kompromiss: die Verluste werden anerkannt, aber nur bis zu einer Höhe von 10.000 Euro. Damit wollten wir zumindest die Kleinanleger davor schützen, einen Totalverlust durch beispielsweise einen Forderungsausfall komplett nicht geltend machen zu können.

In den vielzähligen uns vorgetragenen Beispielen ist auch zu bedenken, dass bereits nach der bestehenden Rechtslage eine Verrechnung sog. Termingeschäfte mit der Veräußerung von Aktienveräußerungen nicht möglich ist: Nach § 20 Absatz 6 Satz 4 EStG dürfen Verluste, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden. Dementsprechend ist die steuerliche Gewinn- und Verlustverrechnung von Aktien und entsprechenden Sicherungsgeschäften nicht möglich. Dies galt und gilt bereits vor der jetzigen Neuregelung zu den Termingeschäften.

Die Unionsfraktion spricht sich grundsätzlich gegen die Nichtberücksichtigung von Verlusten im Rahmen des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EStG aus und hat in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner auch entsprechend argumentiert: Wie wir auch schon nach dem Beschluss im Finanzausschuss öffentlich formuliert haben, halten wir eine vollständige Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten - unabhängig davon, ob Totalverlust oder einfacher Verlust - weiterhin für sachgerecht. Wir mussten aber mit dem Koalitionspartner einen Kompromiss finden, dem wochenlange Verhandlungen vorausgegangen waren. Ansonsten hätte dieser möglicherweise alle weiteren, wichtigen Steuergesetze blockiert. Unser Koalitionspartner wollte Totalverluste steuerlich überhaupt nicht anerkennen und bestand zunächst rigoros auf einem Nichtanwendungsgesetz zur neuen BFH-Rechtsprechung.

Die Regelung ist dank der Hartnäckigkeit der Unionsfraktion aber zumindest besser als die bis 2016 bestehende Verwaltungsauffassung. Wir werden die von Ihnen angeführten Argumente und Beispiele jedoch gerne aufnehmen und nochmal auf unseren Koalitionspartner zugehen. Wie zuvor bereits beschrieben, gilt die Beschränkung bei Termingeschäften und Optionsgeschäften erst nach dem 31.12.2020. Damit haben wir noch etwas Zeit für neue Verhandlungen. Wir hoffen, dass wir auch mit Ihren Argumenten den Koalitionspartner nochmal umstimmen können.

Mit freundlichen Grüßen

Antje Tillmann

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