Portrait von Antje Hermenau
Antje Hermenau
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Antje Hermenau zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Klaus W. •

Frage an Antje Hermenau von Klaus W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Hermenau,

angeblich gibt es im Freistaat klare Regelungen zur Verschuldung öffentlicher Haushalte.Gemeinden mit instabiler Haushaltslage werden zur Haushaltskonsolidierung aufgefordert,bei keiner Senkung der Verschuldung wird Zwangsverwaltung angeordnet. Ein Kriterium bei der Bewertung ist die Pro-Kopf-Verschuldung. Die Stadt Reichenbach/Ol hat eine Pro-Kopf-Verschuldung von 4.069€. Trotz dieser Situation hat man noch hochspekulative Zinswetten in Höhe von 20,4 Millionen Euro abgeschlossen(LVZ-Artikel v. 10.08.2011). Warum wird aus ihrer Sicht nichts von der Landesregierung in der Sache unternommen? Wird der zuständige Kommunalamtsleiter seiner Verantwortung als Rechtsaufsicht gerecht? Spielt etwa die bevorstehende Landtagswahl eine Rolle,da der Bürgermeister das richtige Parteibuch hat?

Portrait von Antje Hermenau
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Wesely,

zur Beantwortung Ihrer Frage, inwieweit die Landesregierung ausreichend gegen hochspekulative Zinswetten von sächsischen Kommunen vorgeht, sind zwei Aspekte ausschlaggebend. Diese sind die einschlägigen Rechtsnormen auf der einen Seite und die Wirksamkeit der Kommunalaufsicht auf der anderen Seite.
Die hochspekulativen Finanzgeschäfte der Stadt Reichenbach/O.L. hat der Sächsische Rechnungshof in seinem Jahresbericht 2010 aufgedeckt und kritisiert.
Zu dieser Zeit waren Spekulationsgeschäfte im geltenden Recht augenscheinlich nicht eindeutig genug untersagt. Die Regelungen in Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 des § 72 GemO (Allgemeine Haushaltsgrundsätze) besag(t)en, dass die Gemeinde ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen hat, dass eine stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist und dass die Haushaltswirtschaft sparsam und wirtschaftlich zu führen ist.
Daraus ergäbe sich „nach allgemeiner Auffassung“, dass Kommunen „keine unnötigen finanziellen Risiken eingehen“ sollen, stellt die Staatsregierung in der Drucksache 5/8276, S. 21 fest. Trotzdem wurden zahlreiche kommunale Spekulationsgeschäfte abgeschlossen. Offensichtlich lag aufgrund der weitreichenden Interpretations- und Auslegungsspielräume der gesetzlichen Regelungen de facto eine Regelungslücke vor. Diese wurde nach Auffassung der grünen Landtagsfraktion Sachsen von der Staatsregierung und den sie tragenden Regierungsfraktionen CDU und FDP zu spät geschlossen.
Erst mit Wirkung zum 18.10.2012 wurde die Einfügung „Spekulative Finanzgeschäfte sind verboten.“ in § 72 Abs. 2 GemO (Allgemeine Haushaltsgrundsätze) aufgenommen. Begleitend wurden die Verwaltungsvorschriften „Kommunale Haushaltswirtschaft“ sowie „Kommunale Haushaltswirtschaft Doppik“ geändert, um das Spekulationsverbot konkretisieren.
Nach Auffassung der grünen Landtagsfraktion hätte die Kommunalaufsicht bereits auf Basis der vor 2012 geltenden Rechtslage kommunale Spekulationsgeschäfte verbieten müssen. Schließlich war die Rechtslage entsprechend auslegbar. Außerdem wurde das Spekulationsproblem der Kommunen in der Presse ausgiebig thematisiert.
Die Landesregierung ist hier ihrer Verantwortung, gegen kommunale Spekulationsgeschäfte entschieden vorzugehen, zweifellos nicht gerecht geworden. Sie steht offensichtlich nicht uneingeschränkt für eine solide Haushaltswirtschaft in Sachsen. Der sächsische Steuerzahler hat nun den Schaden zu tragen.

MfG
Antje Hermenau