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Anke Rehlinger
SPD
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Frage von Edgar D. •

Nato investiert über 14mal mehr in Militär als Russland! Ist das und sind 31 NATO-Länder gegen Russland nicht genug? Weshalb diese gigantische Aufrüstung? Was sind Ihre Argumente dafür oder dagegen?

SIPRI, führende wissenschaftliche Institution für Konflikt- und Rüstungsforschung berichtet im Report 2023: die Militärausgaben der NATO betrugen 1.232 Mrd. US$, diejenigen von Russland 86 Mrd. US$. [https://www.sipri.org/media/press-release/2023/world-military-expenditure-reaches-new-record-high-european-spending-surges]
Leider hat mir noch kein Nato- oder Bundeswehr- oder Regierungsmitglied plausibel erklären können, weshalb diese gigantische Nato eine noch größere Übermacht haben muss.
Mich beunruhigen zudem die Aktivitäten der NATO in Sachen „cognitive warfare“ sowie die US-Kultur des „Winner takes it all“ und die weltweiten Aktivitäten der USA. Siehe z.B.: Lindsey A. O'Rourke dataset identifies more than 60 covert efforts to bring about regime change pursued by the United States between 1947 and 1989 (“Covert Regime Change. America's Secret Cold War”, https://www.cornellpress.cornell.edu/book/9781501761737/covert-regime-change/#bookTabs=1)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. G.,

vielen Dank für Ihre Nachricht zur NATO-Aufrüstung und der militärischen Balance zwischen der NATO und Russland. Bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort.

Sie haben Recht, wenn Sie darauf hinweisen, dass die NATO insgesamt deutlich mehr in ihre Verteidigung investiert als Russland. Diese Diskrepanz ergibt sich aus der größeren wirtschaftlichen Stärke der NATO-Staaten und ihrer Verpflichtung zur kollektiven Verteidigung. Die Anstiege in den Verteidigungsausgaben der NATO sind jedoch keinesfalls Ausdruck von Militarismus, sondern eine Antwort auf die veränderte Sicherheitslage in Europa. Seit der Annexion der Krim durch Russland 2014 und dem fortgesetzten Krieg in der Ukraine sieht sich die NATO einer realen und unmittelbaren Bedrohung gegenüber, die eine verstärkte Verteidigungsbereitschaft erforderlich macht. 

Mit Blick auf das Ergebnis der US-Wahl ist außerdem klar, dass die NATO zukünftig europäischer werden muss und Deutschland mehr Verantwortung trägt – eine Entwicklung, die Olaf Scholz mit der ausgerufenen Zeitenwende bereits 2022 antizipiert hat. Ein wesentlicher Teil der erhöhten Ausgaben dient dazu, die Verteidigungsfähigkeiten zu modernisieren und zu verbessern, um sicherzustellen, dass die NATO-Staaten in der Lage sind, ihre Bürger zu schützen und ihre Verpflichtungen im Rahmen der kollektiven Verteidigung zu erfüllen. Dies umfasst Investitionen in moderne Technologien, die Ausbildung von Truppen und die Erhöhung der Einsatzbereitschaft.

Aus sozialdemokratischer Perspektive ist es wichtig, dass wir einen ausgewogenen Ansatz verfolgen: Einerseits müssen wir unsere Verteidigungsfähigkeit stärken, um unsere Demokratie und unsere Werte zu schützen. Andererseits setzen wir weiterhin auf diplomatische Lösungen und suchen den Dialog, um langfristigen Frieden und Stabilität zu gewährleisten. Unsere erhöhte Verteidigungsbereitschaft soll abschreckend wirken und so letztlich dazu beitragen, den Frieden zu bewahren. 

Die NATO strebt nicht danach, Russland zu provozieren oder eine Konfrontation zu suchen. Militärische Stärke und Diplomatie gehen für uns Hand in Hand und sind kein Widerspruch. Das galt auch schon für Willy Brandt, dessen Entspannungspolitik eingebettet war in den Schutzschirm der NATO. 

Gerade steht viel auf dem Spiel: Die europäische Sicherheitsordnung und die Souveränität der NATO-Mitgliedstaaten müssen geschützt werden. Gleichzeitig hält die NATO die Kommunikationskanäle offen, um Missverständnisse zu vermeiden und Konflikte zu deeskalieren. 

Mit freundlichen Grüßen

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