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Anja Butschkau
SPD
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Frage von Hendrik N. •

Frage an Anja Butschkau von Hendrik N. bezüglich Gesundheit

Ich bin Bürger in Ihrem Wahlkreis und habe erfahren, dass die Landesregierung trotz der weiter steigenden Infektionszahlen, gerade unter jüngeren Menschen, und trotz der extrem schlechten Versorgung mit Impfstoff die Öffnung der Schulen gegen den Willen der Kommunen durchsetzt -> https://www.radio912.de/artikel/nrw-gesundheitsministerium-verbietet-schulschliessung-in-dortmund-895615.html Ich bin sprachlos, wie hier die Vereinbarungen der Konferenz der Ministrepräsidenten in Bezug auf die Inzidenz 100 ignoriert werden. Die Kommunen (eigentlich noch schlimmer: die Menschen) werden diese Entscheidung später ausbaden müssen, aber dürfen nicht selbst ihre Bürger und Wirtschaft nicht schützen.

Wie stehen Sie zu diesem Vorgang und welche Möglichkeiten der Einflussnahme sehen Sie?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Neukäter,

vielen Dank für ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch. Auch mich hat die
Reaktion der Landesregierung auf die Schulschließungsabsichten der Stadt
Dortmund verärgert. Vor allem in Bezug auf die Vehemenz der Kritik. So
geht man weder mit den Vertreter*innen der Kommunen noch mit den
Bürger*innen um.

Ich kann die Argumentation der Landesregierung nachvollziehen, dass es
klare Regelungen ab einer Inzidenz von 100 gibt, an die man sich halten
will. Ich kann auch die Bedenken nachvollziehen, dass Schulschließungen
gerade Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien hart
trifft.

Allerdings muss auch berücksichtigt werden, auf welch ernste Situation
wir hin steuern. Wie Sie richtig beschreiben, steigen die
Infektionszahlen rasant an und immer mehr Menschen erkranken an der
aggressiveren britischen Mutation. Deshalb müssen wir jetzt handeln und
nicht erst, wenn es zu spät ist. In Düren sind wir bereits deutlich über
einer Inzidenz von 100, zu Beginn der Woche lag sie sogar bei 240.
Dennoch wurde die vereinbarte Notbremse gegen den Willen des Kreises
nicht angewendet. In Dortmund ist der Inzidenzwert innerhalb von einer
Woche von 61,7 auf 91,3 gestiegen. Das sind alarmierende Werte und es
ist nicht so, dass das Land nicht schon vorher hätte handeln können.

Bis heute erkenne ich keine wirkliche Strategie zum Umgang mit Corona
und seinen Folgen in den Schulen. In der Sitzung des
Gesundheitsausschusses des Landtags am gestrigen Mittwoch berichtete
Prof. Dr. Christiane Woopen, die Mitglied des Corona-Expert*innenrats
der Landesregierung ist, dass dieser der Landesregierung bereits im
April letzten Jahres die Empfehlung für eine grundlegende und
flächendeckende Teststrategie gegeben hat. Ihrer Meinung nach dürfe eine
Öffnung der Schulen, Kitas und anderer Gemeinschaftseinrichtungen erst
erfolgen, wenn dort umfangreich Corona-Tests durchgeführt werden würden.
Ein Test pro Woche und Schüler*in, wie es die Landesregierung nun
einführen will, sei dabei nicht ausreichend.

Das Land hätte die Schulen und Kitas in meinen Augen erst öffnen dürfen,
wenn die Rahmenbedingungen geschaffen worden wären. Zeit dafür hätte es
in den letzten Monaten reichlich gegeben. Wenn aber erst die Schulen
geöffnet und danach erst die notwendigen Sofort-Tests beschafft werden,
dann stimmt da etwas in der Reihenfolge nicht.

Dieses Chaos, diese Planlosigkeit und dieses Abwälzen aller Probleme auf
die Kommunen gefährdet die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen
und letzten Endes auch die der gesamten Bevölkerung.

Die Opposition kann hierauf nur hinweisen und Missstände aufdecken. Wir
können Vorschläge unterbreiten, wie man es besser machen kann. Das tun
wir immer wieder frühzeitig. Allerdings nimmt die Landesregierung unsere
Vorschläge bestenfalls erst dann an, wenn das Kind bereits in den
Brunnen gefallen ist.

Der öffentliche Druck der Bürgerinnen und Bürger ist wichtig, wenn man
etwas verändern und beeinflussen will. Je mehr Menschen sich - sachlich
- an die Vertreter*innen der Landesregierung und an die
regierungstragenden Fraktionen von CDU und FDP wenden, um ihren Unmut zu
äußern, umso eher werden diese zum Umdenken gezwungen und diese ihren
falschen Kurs korrigieren. Am Ende darf nicht die
Verantwortungslosigkeit siegen, sondern die Vernunft.

Mit freundlichen Grüßen

Anja Butschkau

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