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Angelika Niebler
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Frage von Stephan M. •

Wie stellt die EU sicher, dass es in den Mitgliedsländern eine schlagkräftige und von politischen Einflüssen unabhängige Kontrolle der Korruption gibt?

Sehr geehrte Frau Niebler,

Danke, dass Sie hier regelmäßig auf Fragen der Bürger eingehen.

Kürzlich wurde in der Ukraine ja die unabhängige Behörde zur Korruptionsbekämpfung gestärkt, auch dank des Drucks der EU auf die Regierung. Das ist gut und wichtig.

Mir ist allerdings nicht klar, ob bei bestehenden Mitgliedsstaaten die Unabhängigkeit der Korruptionsbekämpfung sichergestellt wird. Gibt es z.B. in Deutschland eine schlagkräftige, politisch unabhängige Behörde, die Korruption in der Politik wirksam untersuchen und verfolgen kann? Dass es derzeit ein politisches Gezerre um einen möglichen Untersuchungssausschuss zur Beschaffung von Masken gibt und nicht eine uanbhängige Institution längst ermittelt, ist ein massives Problem und führt zu Vertrauensverlust.

Noch drastischer ist die Lage in Ungarn, wo es gar keine Korruptionsbekämpfung zu geben scheint, und einigen anderen Länder.

Was tut die EU bzw. Sie selbst, um die Staaten zu effizienter Korruptionsbekämpfung zu zwingen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr M.

vielen Dank für Ihre Nachricht zum Thema Korruptionsbekämpfung und das damit verbundene Interesse an meiner parlamentarischen Arbeit. 

Als Abgeordnete des Europäischen Parlaments möchte ich Ihnen gerne eine europäische Sichtweise geben. Lassen Sie mich bereits zu Beginn anmerken, dass auch die Bundesrepublik Deutschland über verschiedene zentrale Mechanismen zur Korruptionsbekämpfung verfügt, die dafür Sorge tragen, dass Politikerinnen und Politiker aber auch Beamtinnen und Beamte bzw. andere Beschäftigte in staatlichen Einrichtungen kontrolliert und ggf. auch strafrechtlich verfolgt werden können. Hier zwei Links für Sie zur weiterführenden Information: https://www.bmi.bund.de/DE/themen/moderne-verwaltung/integritaet-der-verwaltung/korruptionspraevention/korruptionspraevention-node.html und https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Korruption/korruptionBundeslagebild2023.html?nn=28078.

Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine ist festzuhalten, dass die Europäische Union seit Jahren darauf drängt, unabhängige und schlagkräftige Antikorruptionsbehörden zu etablieren und zu stärken. Hinsichtlich der Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Ungarn ist die Lage komplexer, da die Kompetenz für die strafrechtliche Verfolgung von Korruption bei den einzelnen Staaten verbleibt. 

Die EU setzt jedoch wichtige rechtliche und politische Rahmenbedingungen, um eine wirksame und unabhängige Korruptionsbekämpfung in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen. Zum einen gibt es einen Legislativrahmen, der unter anderem durch eine geplante Anti-Korruptions-Richtlinie umgesetzt wird, die alle Formen der Korruption in allen Mitgliedstaaten unter Strafe stellt und Mindeststandards für Ermittlungsbefugnisse sowie unabhängige Korruptionsbehörden vorschreibt. Zum anderen überwacht die Europäische Kommission im Rahmen des Rechtsstaatsmechanismus regelmäßig die Lage der Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten, inklusive Berichten zur Korruptionsbekämpfung. Dies ist gekoppelt an konkrete Empfehlungen und gegebenenfalls auch finanzielle Anreize, um Reformen voranzutreiben. Unter folgendem Link finden Sie den aktuellen Bericht über die Rechtstaatlichkeit: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_1742.

Eine Schlüsselrolle spielen auch unabhängige EU-Agenturen wie das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), das u. a. Korruption innerhalb der EU-Institutionen, aber auch bei der Verwaltung von EU-Mitteln untersucht und Maßnahmen vorschlägt. Zudem unterstützt die Europol die Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Korruptions- und Betrugsfällen mit kriminellem Hintergrund.

Was Ungarn betrifft, wird in EU-Berichten seit Jahren die mangelnde Unabhängigkeit von Kontrollorganen und die fehlende Effektivität der Korruptionsbekämpfung kritisiert. Hier übt die Kommission sowohl durch Berichte als auch Verfahren gegen Vertragsverletzungen Druck aus, um Verbesserungen zu erreichen. Hierzu möchte ich anmerken, dass ich mir persönlich ein strikteres und konsequenteres Reaktionsverhalten der EU gegenüber Ungarn wünschen würde. Es wurden und werden Mittel durch die EU zurückgehalten. Nichtsdestotrotz brauchen wir institutionelle Reformen, um das Prinzip der Einstimmigkeit im EU-Rat bei außenpolitischen Themen abzuschaffen. Nur so lassen sich künftig weitere Blockaden vermeiden. Aus meiner Sicht ist es nicht weiter hinnehmbar, dass sich ein EU-Mitgliedstaat derart gegen Grundwerte der EU stellen kann, ohne mit entsprechend harten Konsequenzen rechnen zu müssen.

Mit freundlichen Grüßen 
Prof. Dr. Angelika Niebler 

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