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Frage von Alfred K. •

Frage an Alois Karl von Alfred K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Karl,
vor ein paar Tagen habe ich der Abgeordnetenfraktion der CDU/CSU eine Mail geschickt, in der ich mitteilte, daß, wenn auch nur ein Cent nach Griechenland fließen würde, ich niemals mehr CDU/CSU, SPD oder FDP (die Grünen schon gar nicht), also die etablierten Parteien wählen werde. Als Antwort bekam ich dann gestern eine lange nichtssagende Antwort mit dem Inhalt, daß die Griechen ja noch nicht um Hilfe gebeten hätten. Heute lese ich im Handelsblatt, daß es bald so weit sein würde. Ich teile die Ansicht des Autors, Griechenland muß pleite gehen! Meine Frage jetzt: Sind sie auch der Meinung, daß die EU und allen voran Deutschland helfen muß? Sind sie nicht auch der Meinung, daß das ein Faß ohne Boden ist? Helfen wir dann auch Portugal und Spanien? Wer sagt wann (bei wieviel Milliarden) STOPP?
Mit freundlichen Grüßen
Alfred Kuhn
PS: Das mit dem Wählen ist mein ernst, ich werde wählen gehen, aber keinesfalls diese Parteien!

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Kuhn,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage, die mich über Abgeordnetenwatch.de erreicht hat.

Grundsätzlich verstehe ich den Unmut, den viele Bürger verspüren, wenn es um die Stabilisierung Griechenlands geht. Es ist in der Tat ein Unding, dass sich ein Land über unzutreffende Haushaltskennzahlen den Beitritt zum Euro-Raum erschleicht und dann durch die fortgesetzte Meldung falscher Daten ein rechtzeitiges Inkrafttreten des bestehenden Sanktionsmechanismus faktisch verhindert. Dieses Verhalten verurteile ich scharf.
Dennoch ist die Situation so eingetreten, wie sie ist, und deshalb gilt es hier zunächst gründlich und sachlich abzuwägen und dann konsequent zu handeln.

Hinsichtlich Ihrer Fragen will ich Schritt für Schritt vorgehen:

1. Können wir uns leisten Griechenland „pleite“ gehen zu lassen?
Nein. Die bestehende Verträge sehen nicht vor, dass ein Land aus der Euro-Zone „geworfen“ werden kann. Damit wäre auch ein zahlungsunfähiges Griechenland weiterhin Mitglied im Euro-Raum. Eine Pleite eines Landes würde den Euro weiter schwächen und diesen Preis müssten wir alle „bezahlen“, indem Güter, die anderen Währungen gehandelt werden, z.B. Rohöl, in Euro berechnet deutlich teurer werden würden. Zudem würden es für Anleger bei gleichbleibendem Zinssatz deutlich uninteressanter Euro-Anliehen zu zeichnen. Die Folge wäre, dass alle Euro-Länder höhere Zinsen für ein gleichbleibende Kreditaufnahme an Investoren bieten müssten, um das erhöhte Währungsrisiko auszugleichen. Und damit Sie eine Vorstellung haben, über welche Größenordnung es hierbei geht: Im aktuellen Bundeshaushalt betragen die Zinszahlungen über 40 Mrd. Euro bei vergleichsweise niedrigen Zinssätzen. Jede Zinserhöhung schlägt damit massiv auf den Bundeshaushalt und auch auf fast alle Länder- und Gemeindehaushalte in Deutschland durch.

2. Wird eine Hilfe für Griechenland zu einem Fass ohne Boden?
Sicher kann das niemand sagen. Mein Ziel ist es, dass dieser Fall nicht eintritt. Deshalb muss Griechenland konsequent seine Ausgaben reduzieren und seine Einnahmen erhöhen. Dazu gehören auch erhebliche Einschnitte in bisherige soziale Leistungen. So halte ich es z.B. durchaus für zumutbar, dass die Altersgrenze für den erstmaligen Rentenbezug in Griechenland auf ein Niveau wie in Deutschland angehoben wird. Unternimmt Griechenland mit Nachdruck alle Anstrengungen, um nicht länger über seine Verhältnisse zu leben, so kann mittelfristig eine Sanierung des Haushalts gelingen. Dies gilt es von unserer Seite aktiv zu begleiten und auch immer wieder einzufordern.
Daher begrüße ich es auch, dass die für Griechenland in Aussicht gestellten Hilfen eine Einbeziehung des Internationalen Währungsfonds (IWF) vorsehen. Der IWF kann Regierungen unter Zugzwang setzen, dass derartige Reformen nicht nur angekündigt, sondern auch umgesetzt werden. Dennoch gilt es kurzfristig dafür zu sorgen, dass Sparanstrengungen Griechenlands nicht durch massive Zinsaufschläge bei Kreditverlängerungen fast komplett aufgezehrt werden. Die Mitgliedsländer der Eurozone haben sich deshalb bereit erklärt, in den nächsten drei Jahren insgesamt bis zu 30 Mrd. € an Krediten bzw. Kreditbürg¬schaften zur Verfügung zu stellen, der IWF bis zu weitere 15 Mrd. €. Diese Kredite der Euro-Länder wird es aber nicht zum Nulltarif geben. Vielmehr werden diese Kredite zu einem in der Euro-Zone für solche Kredite üblichen Zinssätzen zzgl. eines Aufschlages von 3-Prozentpunkten gewährt. Wird dieser Kredit länger als 3 Jahre in Anspruch genommen, erfolgt ein weiterer Zuschlag von 1 Prozentpunkt „on top“. Hinzu kommt noch eine einmalige Gebühr für die Deckung der Verwaltungskosten, die bis zu 0,5 Prozentpunkte betragen kann. Damit kann der Aufschlag auf den üblichen Zinssatz über 4 % betragen!

3. Helfen wir auch Portugal und Spanien?
Notfalls ja, denn grundsätzlich gilt gleiches Recht für alle. Aber hier ist die Ausgangslage eine andere. Die Neuverschuldung ist weniger dramatisch und die früheren gemeldeten Kennzahlen zu den nationalen Haushalten waren nicht geschönt. Ich bin der Überzeugung, dass Spanien und Portugal den Ernst der Lage verstanden haben und von sich aus weiterhin mit Nachdruck versuchen werden, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. Wie ich Ihnen oben dargestellt habe, sind die Konditionen für solche Hilfe sicherlich nicht so attraktiv, dass eine Regierung gerne solche Euro-Hilfen in Anspruch nimmt.

4. Wer sagt wann stopp?
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat durchgesetzt, dass sich nicht alle Euro-Länder an solchen Hilfen beteiligen müssen. Damit können wir auf nationaler Ebene entscheiden, welches Handeln angemessen ist: Sind die Risiken und Belastungen aus Hilfszusagen größer oder kleiner als der zu vermutende Schaden für unser Land, wenn diese Hilfszusage unterbleibt? Diese Frage werde ich als Mitglied des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vor einer Zustimmung zur Freigabe solcher Kredite sorgsam abwägen und gegebenenfalls auch stopp sagen.

Als Bürger des Landkreises Neumarkt wissen Sie, dass ich in meiner Zeit als Neumarkter Oberbürgermeister ähnliche Fragen auf Kreisebene klar gestellt habe und auch gegen etwaige Widerstände vertreten habe. Diesen konsequenten Weg, der nicht immer einfach ist, will und werde ich auch im Bundestag fortsetzen. Dabei setze ich auf Ihre Unterstützung. Zugleich lade ich Sie ein, dass Sie an einer meiner nächsten Veranstaltungen im südlichen Landkreis Neumarkt teilnehmen und wir im direkten Dialog diese Frage und weitere Themen, z.B. wie können wir künftige eine vergleichbare Situation erst gar nicht entstehen lassen, erörtern. Bis dahin verbleibe ich

mit besten freundlichen Grüßen

Alois Karl, MdB