Wie beurteilen Sie den Angriff Israels und der USA auf den Iran?
Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages kommt zu dem Ergebnis, dass die Angriffe Israels und der USA auf den Iran höchstwahrscheinlich völkerrechtswidrig waren ( https://www.spiegel.de/ausland/iran-israel-konflikt-bundestagsgutachten-zum-israelischen-angriff-auf-iran-a-d50753d5-f5b3-4aea-9cb7-40f7f971c345 ). Wie beurteilen Sie und die SPD-Bundestagsfraktion die Angriffe? Bundeskanzler Merz und auch Innenminister Dobrindt haben ja klar gemacht, dass die Bundesregierung die Angriffe unterstützt ( https://www.deutschlandfunk.de/unterstuetzung-fuer-angriffe-auf-iran-102.html ).

Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
In den vergangenen Wochen habe ich immer wieder klare Stellung bezogen: Als Bundesrepublik Deutschland sind wir nicht nur nach internationalen Verträgen, sondern auch qua Grundgesetz (Art. 25, Abs. 1 GG) dazu verpflichtet, das Völkerrecht zu achten und ihm Geltung zu verschaffen.
Die völkerrechtliche Bewertung der Angriffe durch Israel und die USA fällt unter Expertinnen und Experten eindeutig aus. Wer bei anderen Staaten zurecht auf die Einhaltung internationaler Regeln pocht, kann daher nicht schweigen, wenn Verbündete diese Regeln brechen. Glaubwürdigkeit in der Außenpolitik misst sich daran, dass das Vertrauen in die Prinzipien internationaler Ordnung nicht untergraben wird.
Die derzeitige Waffenruhe zwischen Israel und Iran muss dringend verstetigt werden – und wir müssen gemeinsam mit unseren Verbündeten in der EU und NATO weiter auf Verhandlungen und Deeskalation in der Region setzen. Dies werden wir auch gegenüber israelischen Regierung und der der US-Regierung immer wieder betonen.
Ungeachtet dessen sehen wir, dass das iranische Mullah-Regime die gesamte Region durch die Unterstützung islamistischer Terrororganisationen wie der Hisbollah im Libanon und der Hamas im Gazastreifen, den Ausbau seines Atomprogramms sowie durch aggressive Propaganda, insbesondere gegen Israel, destabilisiert und bedroht.
Es ist daher von zentraler Bedeutung für die Sicherheit der gesamten Region, dass der Iran keine Atombombe erlangt. Kaum ein anderes Land hat in jüngster Zeit Uran in einem vergleichbaren Umfang angereichert wie der Iran. Eine solche Anreicherung ist kaum mit friedlichen Zwecken, etwa wissenschaftlichen Anwendungen, zu erklären. Das Land hat wiederholt gegen diverse Verpflichtungen und Berichtspflichten verstoßen, darunter das Safeguard-Abkommen und den Atomwaffensperrvertrag (Non-Proliferation Treaty, NPT). Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat dies in ihrer Resolution vom 12. Juni 2025 nochmals deutlich gemacht (siehe: https://www.iaea.org/newscenter/focus/iran/iaea-and-iran-iaea-resolutions).
Die jüngste Entscheidung des Irans, die Zusammenarbeit mit der IAEA offiziell auszusetzen, ist eine äußerst besorgniserregende Entwicklung. Auch vor diesem Hintergrund ist es dringend erforderlich, auf Basis des Waffenstillstands verstärkt auf eine diplomatische Lösung hinzuarbeiten, die eine dauerhafte Beilegung des Konflikts ermöglicht und langfristige Stabilität in der Region sichert.
Abschließend bleibt festzuhalten: Im Falle militärischer Auseinandersetzungen zwischen Iran, Israel und den USA müssen alle beteiligten Parteien das Völkerrecht uneingeschränkt respektieren und den Schutz von Zivilpersonen gewährleisten. Zudem betrachte ich provokative, aggressive und einschüchternde Rhetorik, gleich aus welcher Richtung sie stammt, als kontraproduktiv und wenig hilfreich für eine friedliche Konfliktlösung.
Erneut danke ich Ihnen vielmals für Ihr Schreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Adis Ahmetović, MdB