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Wolfgang Gunkel
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Frage von Brigitte K. •

Frage an Wolfgang Gunkel von Brigitte K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Gunkel,

vielen Dank für Ihre Antwort!

Natürlich ist es völlig unstrittig, daß Kinderpornographie bekämpft werden muss. Mir fällt es allerdings schwer, aus Ihrer Antwort Ihre Position zum geplanten Gesetz zu entnehmen. Deshalb habe ich noch ein paar konkrete Fragen dazu.

1. Soweit ich weiß, sind Sie Mitglied des Innenausschusses. Inwiefern haben Sie sich dort a) für die Informationsfreiheit eingesetzt und wie wollen Sie b) verhindern, daß ein durchaus mögliches versehentliches Aufrufen der Stopp-Seite bereits eine Strafverfolgung zur Folge hat?

2. Wie beurteilen Sie die Aussagen Ihres SPD-Kollegen Wiefelspütz, er könne sich eine Ausweitung der Sperren vorstellen?

3. Unterstützen Sie den von Björn Böhning, Franziska Drohsel und anderen der SPD-Linken unterzeichnete Antrag zur Delegiertenkonferenz, in dem über die Ablehnung des geplanten Gesetzes entschieden werden soll?

4. In Ihrer Antwort schreiben Sie, es sei nicht möglich, ausländische Webseiten direkt von den Servern zu löschen. Wie beurteilen sie die Arbeit des AK Zensur, dem das durch Hinweise an die zuständigen Provider in 60 Fällen innerhalb von 12 Stunden gelungen ist? Könnten sich aus Ihrer Sicht ähnliche Ergebnisse erreichen lassen, wenn dafür entsprechende Meldestellen geschaffen würden?

5. Ihrer Antwort entnehme ich, daß eine Anwendung der Stop-Filter auf Seiten innerhalb Deutschlands nicht notwendig ist, da sich diese auf direktem Wege sperren lassen. Ist das mittlerweile so im Gesetzentwurf festgeschrieben?

6. Zuguterletzt: wie ist die Antwort auf der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (und Ihrer Kollegin Gisela Piltz) zu verstehen, wonach die Gefahr eines Bekanntwerdens der Schwarzen Liste vernachlässigt werden könne, "da diese täglich aktualisiert werden solle"? Inwiefern schließt eine tägliche Aktualisierung deren Bekanntwerden aus?

Nun sind es doch ein paar mehr Fragen geworden. Vielen Dank jetzt schonmal für Ihre Zeit und Mühe!

Grüße
B. Koppe

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Koppe,

Vielen Dank für Ihre Nachfragen. Im Folgenden möchte ich zu Ihren einzelnen Fragen Stellung nehmen:

1. Seit Beginn der Legislaturperiode habe ich mich für Datenschutz und Informationsfreiheit eingesetzt. Ich habe mich z.B. in diversen Beratungen, Anhörungen und Hintergrundgesprächen deutlich gemacht, dass ich Online-Durchsuchungen für nutzlos und gefährlich halte, weil der ermittlungstaktische Sinn fraglich und die Regelung geeignet ist, das Vertrauen der Bürger in die Polizei zu untergraben. Auch habe ich im Bundestag gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung gestimmt, um ein weiteres Beispiel zu nennen. Meine detaillierte Position zu Datenschutz und Informationsfreiheit können sie meiner Webseite entnehmen.

Das versehentliche Aufrufen einer Stoppseite wird nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf keine Strafverfolgung zur Folge haben. Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.

2. Eine Ausweitung der Sperren sind klar abzulehnen und auch nicht im Sinne des vorliegenden Gesetzesentwurfs.

3. Der Antrag mit dem Titel "Löschen statt Sperren" enthält in meinen Augen wichtige Kritikpunkte und Anregungen. Die zentralen Bedenken sind aber in den aktuellen Gesetzesentwurf eingeflossen und wurden in Verhandlungen gegen die Union durchgesetzt: Dazu gehört der an anderer Stelle in meiner Antwort erläuterte Grundsatz "Löschen vor Sperren". Auch durch die vorläufige Befristung des Gesetzes trägt den Bedenken Rechnung: Die Geltungsdauer des Gesetzes ist bis zum 31.12.2012 befristet. Auf der Grundlage der nach zwei Jahren vorzunehmenden Evaluierung wird der Gesetzgeber in die Lage versetzt, zu prüfen und zu bewerten, ob die Maßnahme erfolgreich war, um endgültig zu entscheiden.

4. Ob mit einer entsprechenden Meldestelle ähnliche Ergebnisse zu erreichen wären, kann ich nicht beurteilen. Wie gesagt wird im neuen Gesetzesentwurf der Grundsatz "Löschen vor Sperren" kodifiziert: Danach kommt eine Sperrung durch die nicht verantwortlichen Internet-Zugangsvermittler nur dann in Betracht, wenn eine Verhinderung der Verbreitung der kinderpornografischen Inhalte durch Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nicht möglich oder nicht in angemessener Zeit Erfolg versprechend ist. Das halte ich für angemessen. Allein auf die freiwillige Mithilfe der Provider zu hoffen, wird der Gefahr der Kinderpornografie nicht gerecht.

5. In den Verhandlungen mit der Union haben wir durchsetzen können, dass die Aufnahme in die Sperrliste des BKA nur erfolgt, so weit zulässige Maßnahmen, die auf eine Löschung der Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten abzielen, keinen Erfolg haben.

6. Gar nicht. Deswegen lege ich vielmehr wert darauf, dass die Sperrliste nicht veröffentlicht wird:
Würde die Liste in ihrer Gesamtheit veröffentlicht, würde potentiellen Tätern eine Informationsquelle an die Hand gegeben, wie sie am schnellsten zu kinderpornographischem Material gelangen. Besonders für Täter im Ausland wäre dies ein gefundenes Fressen. Denn durch das Gesetz kann nur der Zugriff aus Deutschland verhindert werden. Sobald ein Zugriff auf eine gesperrte Seite versucht wird, ist allerdings für den Nutzer am Stoppschild erkennbar, dass sie auf der Liste steht - damit sind die einzelnen Elemente der Liste keinesfalls "geheim".

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Gunkel, MdB