Warum werden nur schulpflichtige Kinder von Expats/beruflich mobilen Familien von der Schulpflicht befreit, die sich Internationale Schulen (22.000 -56.000 Euro/Jahr) leisten können?
In LDrs. BW, etwa 15/5739 u 15/437 wird erläutert, dass es Internationale Schulen brauchen würde und auch KM a.D. Dr. Eisenmann führte aus, dass es kein vergleichbares Angebot im System geben würde. Das Antidiskriminierungsabkommen (Paris 14.12.1960) wird dazu nicht umgesetzt (Klage vor VGH). Sind diese Kinder nur zu schützen, wenn eine Internationale Schule für die Eltern finanzierbar ist? Die anderen Kinder müssen derzeit mit den Nachteilen leben. Dabei könnten zumindest Hybrid- und Onlineangebote gestattet werden, wenn dem Kind der Zugang zu einer Internationalen Präsenzschule verwehrt bleibt. Grds. sollte der Staat aber m.E. alle Betroffenen gleichstellen und die benötigte Bildung zugänglich machen.

Sehr geehrte Frau B.,
unter Internationalen Schulen werden in der Regel Schulen verstanden, die ihre Bildungsziele, Lehrpläne und Abschlüsse an ausländischer Kultur orientieren oder ausländische Schulformen verwenden. In der Regel werden sie vom European Council of International Schools akkreditiert und führen zu dem vom International Baccalaureate Office in Genf abgenommenen International Baccalaureate Diploma (IB). Im Übrigen fehlt eine gesetzliche Definition für diese Einrichtungen.
An den Internationalen Schulen in Baden-Württemberg kann die Schulpflicht nicht erfüllt werden. Die Schulpflicht besteht für alle Kinder und Jugendlichen, die im Land Baden-Württemberg ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 72 SchG). Diese ist zu erfüllen durch den Besuch einer (öffentlichen) deutschen Schule (§ 72 Absatz 4 SchG) oder einer genehmigten Ersatzschule (§ 4 Abs. 2 PSchG). Internationale Schulen sind jedoch keine Ersatzschulen im Sinne von §§ 3 ff. PSchG, sondern lediglich Ergänzungsschulen im Sinne von §§ 13 ff. PSchG. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die zuständige Schulaufsichtsbehörde jedoch die Feststellung treffen, dass durch den Besuch der Internationalen Schule für die Erziehung und Unterrichtung der Schülerinnen und Schüler in anderer Weise ausreichend gesorgt ist.
Die Maßstäbe für eine solche Gestattung sind aus dem historischen Hintergrund abzuleiten, Privatunterricht für einzelne Kinder oder gemeinsamen Privatunterricht für Kinder mehrerer Familien, die sich zu diesem Zwecke zusammenschließen nur ausnahmsweise in besonderen Fällen zuzulassen.
Im Einzelfall ist die Entscheidung vor diesem Hintergrund in Abwägung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz zwischen dem Erziehungsrecht der Eltern nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und dem durch Art. 7 Abs. 1 GG gewährleisteten staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag zu finden. Entscheidende Bedeutung kommt dabei neben der Wissensvermittlung der Schaffung sozialer Begegnungsräume zu, in denen die Schülerinnen und Schüler soziale Verhaltensweisen und Interaktionsmuster erproben und einüben können. Es soll soziale Kompetenz im Umgang auch mit Andersdenkenden, gelebte Toleranz, Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung einer von der Mehrheit abweichenden Überzeugung effektiver eingeübt werden können.
Die Internationale Schule gewährleistet einen Unterricht im Klassenverband und fördert die Begegnung mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher internationaler Herkunft. Anders als die Beschulung im häuslichen Bereich kann deshalb die Integrationsfunktion des schulischen Unterrichts gewährleistet werden.
Das Land beabsichtigt nicht, entsprechende öffentliche Schulen einzurichten. Im Rahmen seiner Schulhoheit nach Art. 7 des Grundgesetzes stellt das Land eine sehr breite Palette an Bildungsangeboten bereit, auch z.B. bilinguale Angebote für Schülerinnen und Schüler, die sich sprachlich in besonderer Weise profilieren wollen. Es ist aber nicht diskriminierend, wenn das Land die Angebote von Ergänzungsschulen nicht auch in öffentlichen Schulen abbildet und deshalb auch nicht zu internationalen Abschlüssen führt, sondern zu den nationalen Abschlüssen, wie z.B. der Hochschulreife.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Schebesta