Frage an Volker Beck von Peter H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Beck,
Dr. Wolfgang Schäuble stellt zur Zeit viele Forderungen auf, die aus seiner Sicht erforderlich sind um den Bedrohungen durch internationalen Terrorismus zu begegnen.
Unter anderen fordert er in einem
Spiegel-Interview ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,493094,00.html ) einen Straftatbestand der Verschwörung. Er äußert weiter das die "gezielte Tötung von Verdächtigen durch den Staat" nur ein "rechtliches Problem" sei. Sehr vehement fordert er das informationelle Selbstbestimmungsrecht, die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Fernmeldegeheimnis einzuschränken um Online-Durchsuchungen möglich zu machen. Weiter äußert Dr. Wolfgang Schäuble "Die nationalen Rechtsordnungen und das internationale Recht passen nicht mehr zu den Bedrohungen". Auch hält er die Unterscheidung zwischen Völkerrecht im Frieden und Völkerrecht im Krieg, angesichts der neuen Terrorangriffe in England, für nicht länger haltbar.
Diese Forderungen und Pläne zum Umbau unseres Rechtsstaats beunruhigen mich. Wie wollen Sie und die Partei der Grünen auf diese Forderungen reagieren? Sehen Sie eine Gefahr für unsere Demokratie wenn Dr. Wolfgang Schäuble seine Ideen umsetzt?
Mit freundlichen Gruß
Peter Henke
Sehr geehrter Herr Henke,
Herr Schäuble fährt eine unglaubliche Attacke gegen den Rechtsstaat. Seine Vorschläge beunruhigen mich ebenso sehr wie Sie.
Ich bin äußerst irritiert, dass der Bundesinnenminister, der ja auch zugleich Verfassungsminister ist, derart maßlose, mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarende Ideen hat, von denen ich hoffe, dass sie niemals Gesetz werden.
Bei all seinen Vorschlägen geht es letztlich darum, die Eingriffsschwelle für die Ermittler so weit herabzusenken, dass nicht mehr "nur" gegen den konkret gefährlichen Terroristen Maßnahmen etwas unternommen werden kann , sondern gegen eine Vielzahl von Menschen, die aus einem diffusen Blickwinkel heraus als irgendwie allgemein gefährlich angesehen werden. Ob diese Menschen tatsächlich gefährlich waren, Straftaten im Schilde führen, wird sich wahrscheinlich nicht herausstellen.
Ein Straftatbestand der "Verschwörung" soll anscheinend die jetzt schon sehr weite Vorschrift des § 129a Strafgesetzbuch weiter ausdehnen: Das heißt, eine konkrete Verletzung oder zumindest eine unmittelbar bevorstehende Verletzung von Rechtsgütern muss dann nicht mehr vorliegen, um gegen die Bürger strafrechtlich zu ermitteln.
Bei dem Vorschlag, Terrorverdächtige gezielt zu töten, verschlägt es mir die Sprache. Was meint Herr Schäuble? Will er lediglich auf den polizeilichen, finalen Rettungsschuss hinweisen, den es z.B. bei bestimmten Konstellationen von Geiselnahmen bereits in den Polizeigesetzen der Länder gibt oder meint er tatsächlich, dass es dem Staat erlaubt sein soll, Menschen, die ihm verdächtig vorkommen, gezielt zu exekutieren? Sollte er letzteres meinen, so wäre diese Haltung für einen Innenminister eines freiheitlichen Rechtsstaates absolut unwürdig!.
Ach die Telefon-Abhörpläne des Herrn Schäuble sind haarsträubend. Ich teile hier die Einschätzung des SPD-Fraktionschefs, Peter Struck, der gesagt hat, dass solche Dinge nur in einem Überwachungsstaat möglich wären.
Der SZ-Journalist, Heribert Prantl, ist in seinem lesenswerten Leitartikel vom 9.7.07 zu den Schäuble-Phantasien zur Einschätzung gelangt, dass der Minister "kein bedachter Gegner des Terrors mehr ist, sondern dessen Getriebener". Herr Prantl hat Recht, aber genau das macht mir Sorgen. Der Bundesinnenminister geht den Terroristen anscheinend auf den Leim, indem er Maßnahmen versucht zu implantieren, die geeignet wären unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ein gutes Stück zu ramponieren.
Mit freundlichen Grüßen
Büro Volker Beck