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Volker Beck
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Frage von Joachim P. •

Frage an Volker Beck von Joachim P. bezüglich Recht

Sehr geehrter Volker Beck,

ich habe heute mit Interesse Ihre Beiträge in der Deuschlandfunk Sendung "kontrovers" zum Thema "Brandanschläge und Morddrohungen - Wie fremdenfeindlich ist Deutschland?" wahrgenommen.

Zwei Fragen habe ich an Sie:
1.
Warum werden Flüchtlinge aus Kriegsgebieten den Anstrengungen von Asylverfahren- Einzelprüfungen unterzogen, wenn sie doch aus Kriegsgebieten, gemäß Genfer Flüchtlingskonvention, kommen?

2.
Was tut die deutsche Politk auf der Regierungs- und Oppositionsbank, damit ein Vermögensentzug, der in der Regel mit einer Flucht aus der Heimat einhergeht, bzw. diese erst auslöst, diplomatisch, juristisch, wenn nicht verhindert, so doch massiv erschwert wird, Rechtsansprüche auf Rentenanwartschaften, Leistungen aus Versicherungen aller Art, eigenes Vermögen von Flüchtlingen in der Heimat, wie im Ausland, zu entziehen?

Wer übernimmt in solchen Fällen treuhänderisch die Aufgabe in deutschen Botschaften, Konsulaten vor Ort in oder nahe den Krisen- und Kriegsgebieten für Flüchtlinge, damit deren Vermögensrechte gegenüber kriegführenden Parteien aufrechterhalten eingefordert bleiben?

Ist nicht allein die ungebremste Androhung von Vermögensentzug in Krisen- und Kriegsgebieten eine der Hauptursachen für die Flucht vieler Menschen in aller Welt? Inziwschen sind nahezu 60 Millionen Menschen inner- oder außerhalb ihrer Heimatländer auf der Flucht.

Herzlicher Gruß
Joachim Petrick

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Petrick,

Nach der Genfer Flüchtlingskonvention ist nicht jeder Mensch, der aus einem Kriegsgebiet flieht, ein Flüchtling im völkerrechtlichen Sinne, sondern nur jede Person, die "aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz des Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will".

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, prüft im deutschen Asylverfahren das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Ferner prüft das Bundesamt im Asylverfahren ebenfalls, ob die Voraussetzungen für die Gewährung anderweitigen humanitären Schutzes erfüllt sind. Auch wenn für die Anerkennung als Flüchtling im Rechtssinne die Herkunft aus einem Kriegsgebiet ausreichend würde, wäre zumindest in Grenzfällen zu prüfen, ob es sich bei dem Herkunftsland tatsächlich um ein "Kriegsgebiet" handelt. Das verdeutlicht, warum nach geltendem Recht ein Asylverfahren erforderlich ist. Im Sinne eines effektiven Flüchtlingsschutzes sollte das Asylverfahren einerseits möglichst schleunig durchgeführt werden, andererseits aber eine angemessene Beratung und Aufklärung des Antragstellers über seine Rechte im Verfahren gewährleisten.

Die - rechtliche oder tatsächliche - diskriminierende oder willkürliche Entziehung von Vermögenswerten im Herkunftsland kann die Menschenrechte der Vermögensinhaber verletzen und unter Umständen Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darstellen. Menschenrechtsverletzungen verurteilen wir. Wir setzen uns für eine menschenrechtsorientierte Außen- und Entwicklungspolitik ein, zu deren Kernbestandteil die Prävention und Ahndung von Menschenrechtsverletzungen gehört. In den schwerwiegendsten Fällen können Menschenrechtsverletzungen als Kriegsverbrechen von internationalen oder auch deutschen Gerichten verfolgt werden. In anderen Fällen sind die rechtlichen Einflussmöglichkeiten der Bundesrepublik Deutschland jedoch begrenzt. Die treuhänderische Wahrnehmung der finanziellen Interessen von Flüchtlingen in ihren Herkunftsländern durch die deutschen Auslandsvertretungen, die Sie anregen, dürfte die Kapazitäten der Auslandsvertretungen bei weitem überstrapazieren und daher nicht praktikabel sein. Leider muss sich die deutsche Außenpolitik in diesen Fällen auf diplomatische Bemühungen beschränken, die den (Wieder-)Aufbau von rechtsstaatlichen Strukturen in den Herkunftsländern unterstützen.

Viele Grüße

Team Beck