Portrait von Volker Beck
Volker Beck
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Volker Beck zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Claudius M. •

Frage an Volker Beck von Claudius M. bezüglich Jugend

Sehr geehrter Herr Beck,

in letzter Zeit wurden Sie in der Öffentlichkeit wiederholt im Zusammenhang mit Forderungen der Pädophilen und der Geschichte Ihrer Partei in den 80-er-Jahren angegriffen.

Als schwuler Mann, der diese Diskussion damals verfolgt hat, meine ich mich zu erinnern, dass Sie aus dem sog. linken Teil der Schwulenbewegung für Ihre Forderung nach Öffnung der Ehe, aber eben auch für Ihre Absage an die Forderungen der Pädophilen kritisiert wurden.

Erinnere ich mich richtig?
Können Sie Beispiele dafür nennen?

Und wenn dieses richtig ist, warum wird das von Ihrer Partei in diesem Zusammenhang nicht geäußert?

In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Claudius Müller

Portrait von Volker Beck
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Müller,

Sie erinnern sich richtig, allerdings wurde darauf auch schon verschiedentlich hingewiesen - zuletzt von Jürgen Trittin in der Welt am Sonntag vom 11.8.2013:
"Es hat eine völlige Neugründung der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule gegeben. Das war im Wesentlichen das Verdienst von Volker Beck, der die grüne Schwulenpolitik von pädophilen Einflüssen befreit hat."
http://www.welt.de/politik/deutschland/article118891032/Mit-dem-Veggie-Day-gegen-Drogenhandel-im-Stall.html

Zum Hintergrund:
1987 hatte ich mit einem Antrag des LAK Schwule der Grünen Baden-Württemberg beim Bundeshauptausschuss für die Auflösung der BAG SchwuP gesorgt. In diesem Zusammenhang war ich auch mindestens einmal 1986 Gast bei der BAG SchwuP, um diese zu beobachten. Am 22./23.4.1989 beschloss der BHA die Anerkennung der neuen BAG Schwulenpolitik und stellte auf meinen Antrag hin per Beschluss fest:
"Die Forderung nach einer Abschaffung des 13. Abschnitts des Strafgesetzbuches ("Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung") oder eine Streichung der §§ 174 und 176 ("Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen" und "Sexueller Missbrauch von Kindern"), wie sie von Teilen der Schwulenbewegung diskutiert wird, ist für DIE GRÜNEN völlig inakzeptabel."

1993 hatte ich rückblickend auf die Diskussionen dieser Jahre und auch eigene Erkenntnisprozesse in der taz geschrieben:
"Lange Zeit hatten wir in der Schwulenbewegung von ´einvernehmlichen´ und ´gleichberechtigten´ pädophilen Beziehungen gefaselt und über die strukturelle Asymetrie der Erwachsenen-Kind-Beziehung hinwegschwadroniert" Und ich fügte hinzu, "daß auch sexuelle Handlungen ohne Gewaltanwendungen zu tiefgreifenden Traumatisierungen führen können"."

Ich hatte mich seit Ende der 80er Jahre intensiv mit den Berichten von Vereinen wie Wildwasser oder Zartbitter über die Arbeit mit Opfern sexualisierter Gewalt bzw. sexuellen Missbrauchs auseinandergesetzt. Seitdem hatte ich mit Liberalisierungsüberlegungen zum Sexualstrafrecht, die über die 1994 in Deutschland erfolgte Gleichstellung von Hetero- und Homosexualität (Streichung des § 175 StGB) hinausgehen, völlig gebrochen und bin Forderungen in diese Richtung immer entgegengetreten. Mein daraus resultierendes politisches Handeln gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie finden Sie in verschiedenen parlamentarischen Initiativen.

Seit meiner Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag bin ich wiederholt für die Verbesserung der Rechtssituation der Opfer sexuellen Missbrauchs und für eine Schließung von Strafbarkeitslücken initiativ geworden. Bereits in meiner ersten Wahlperiode im Bundestag ab 1994 habe ich einen Vorschlag für einen eigenständigen Verbrechenstatbestand für die schweren Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 a StGB) ausgearbeitet, der von der damaligen Koalition entgegen ursprünglich anders lautender Vorstellungen auch im Sechsten Strafrechtsänderungsgesetz aufgegriffen wurde.
Die Vertreter der Gegenposition haben mich dafür immer wieder kritisiert (Davon habe ich allerdings nur noch Zufallsfunde):
Dies wurde mir damals in der taz als Auflösung des "Zusammenhang[s] mit den anderen Perversen, den Pädophilen ..., die das StGB kriminalisiert," angekreidet (taz 08.08.1989).
Hans Nieters, einer der Protagonisten des Lüdenscheider Papiers, kritisiert mich dafür, dass für mich ein "Einsetzen für die Freilassung aller Pädos und für die Abschaffung des § 176 StGB" nicht drin sei und phantasiert, an "den schlichten Grabplatten [von Realos, SPD und ein paar schwulen Realos] entlangzuschlendern" . (Rosa Flieder Juni/Juli 1987)
Dieter F. Ullmann bezeichnet mich in der gleichen Zeitschrift - nicht ganz zu Unrecht - als "Totengräber" der BAG SchwuP. (Rosa Flieder Dez./Jan. 1988/89)
In einer Kampagne gegen meine Bundestagskandidatur 1998 namens "Beck ab!" wurde mir 1997 aus sich links nennenden schwulen Kreisen u.a. vorgeworfen, keine "Initiativen zur Abschaffung des Sexualstrafrechts" ergriffen zu haben und für"die Ausgrenzung sexueller... Minderheiten" (gemeint waren da die Pädophilen) verantwortlich zu sein.

Mit freundlichen Grüßen

Volker Beck