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Ute Berg
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Frage von Holger M. •

Frage an Ute Berg von Holger M. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frau Berg,

mit Sorge beobachte ich, wie Herr Innenminister Dr. Schäuble die Einrichtung eines Überwachungsstaats unter dem Deckmantel der Abwehr von Terrorgefahr vorantreibt. Dazu zähle ich unter anderem

- die Online-Durchsuchung von PCs,

- die Vorratsdatenspeicherung von Verbindungsdaten,

- die Aufnahme von biometrischen Merkmalen in Ausweisdokumenten,

- Verwendung der Mautdaten zur Aufklärung von Straftaten.

Keine der Maßnahmen ist geeignet um die Sicherheit der Bürger in Deutschland signifikant bezüglich eines Terroranschlags zu erhöhen. Gleichzeitig forcieren aber alle Maßnahmen einen massiven Abbau der Grundrechte aller Bürger.

Noch gefährlicher wird es aber, wenn alle gesammelten Daten eines Tages miteinander verknüpft werden. Das wird nicht passieren? Ich erinnere noch mal an das Versprechen zur Nutzung der Mautdaten zu reinen Abrechnungszwecken.

Ich erwarte von der Politik den Schutz meiner Sicherheit - aber auch meiner Freiheit und meiner persönlichen Daten. Über die letzten Jahren betrachtet, gewinnt man aber immer mehr den Eindruck, dass Datenschutz als etwas lästiges angesehen wird. Anders kann ich mir auch nicht die Einigung zur Weitergabe von Fluggastdaten an die USA erklären. In dem Abkommen wird auf keinerlei Datenschutz in den USA bestanden. Was passiert mit meinen Daten dort?

Für mich sind die Äußerungen und Vorschläge von Innenminister Dr. Schäuble sowie die weiteren angesprochenen Maßnahmen im Kampf gegen den Terror nicht tragbar. Sie bringen keine Sicherheit, sondern manifestieren einen polizeilichen Überwachungsstaat.

Ich würde mich freuen, ihre Position zu den Handlungen und Gesetzesinitiativen von Herrn Dr. Schäuble zu erläutern, und wie Sie den Wert des Datenschutzes in der heutigen Zeit beurteilen.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mense,

vielen Dank für Ihre Anfrage per „abgeordnetenwatch“.

Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt unverhältnismäßige Eingriffe in Bürgerrechte ab, da wir jederzeit die Balance von Sicherheit und Freiheit gewährleisten wollen. Insoweit wenden wir uns nicht grundsätzlich gegen die Vorstöße des Bundesinnenministers, sondern bewerten sie danach, ob sie Eingriffe in Freiheitsrechte auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß beschränken.

Das heißt für die von Ihnen angeführten Vorhaben Folgendes:

Wir befürworten die Speicherung von Fingerabdrücken in Pässen, lehnen jedoch die Speicherung außerhalb der Pässe und die Verwendung zum Abgleich mit Fahndungsdateien ab. Das von uns beschlossene neue Passgesetz trägt dem auch Rechnung.

Wir befürworten nachdrücklich den Zugriff auf Mautdaten zur Verfolgung schwerer Kriminalität und unter Richtervorbehalt. Dass diese Daten bislang den Strafverfolgungsbehörden ausnahmslos verschlossen waren, halten wir für einen Fehler, den wir berichtigen wollen. Einen weitergehenden Zugriff auf diese Daten lehnen wir ab.

Die SPD-Bundestagsfraktion sieht derzeit keine Rechtsgrundlagen für sog. Online-Durchsuchungen, lehnt diese aber nicht grundsätzlich ab. Heimliche Durchsuchungen des PCs sind ein schwerwiegender Eingriff des Staates in die Privatsphäre. Es darf jedoch keine sicheren Räume geben, in denen Spuren begangener Verbrechen oder Anhaltspunkte für die Planung künftiger Verbrechen vor Ermittlungsmaßnahmen geschützt sind. Diese Maßnahmen müssen an hohe rechtsstaatliche Hürden gebunden werden. Die Intensität der heimlichen Maßnahme macht höhere rechtstaatliche Hürden als bei einer offenen Durchsuchung erforderlich. Das praktische Bedürfnis nach einer Neuregelung der Online-Durchsuchung werden wir allerdings zuvor abzuklären haben.

Die EU-Richtlinie zur "Vorratsdatenspeicherung" soll entsprechend den Vorgaben des Deutschen Bundestages nur mit der Mindestspeicherungsfrist von sechs Monaten umgesetzt werden. Diese Mindestfrist ist ein vom Bundestag unterstützter Verhandlungserfolg der Regierung auf EU-Ebene, denn dort war ursprünglich an längere Fristen gedacht.

Nach dem Entwurf umfasst die Speicherpflicht für Telekommunikationsunternehmen, Angaben,wer mit wem wann und - bei der Mobilfunktelefonie - von wo aus telefoniert hat. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um die genutzten Rufnummern und Kennungen, die Uhrzeit und das Datum der Verbindungen sowie - bei der Mobilfunktelefonie - die Standorte bei Beginn der Mobilfunkverbindung. Aus dem Bereich des Internets sind nur Daten über den Internetzugang sowie über E-Mail-Kommunikation und Internettelefonie erfasst. Die genannten Daten müssen auch dann gespeichert werden, wenn sie für die Gebührenabrechnung nicht oder nicht mehr benötigt werden, das heißt auch Anbieter so genannter Flatrates müssen die Daten speichern. Der Inhalt der Kommunikation und Daten, die Aufschluss über aufgerufene Internetseiten geben, dürfen dagegen nicht gespeichert werden.

Mit dem Regierungsentwurf sollen schließlich auch die verfahrensrechtlichen Vorgaben des Übereinkommens des Europarats über Computerkriminalität umgesetzt werden, um Computer- und Internetkriminalität noch wirksamer begegnen zu können.

Sie können sicher sein, dass die SPD-Bundestagsfraktion in den parlamentarischen Beratungen unter Beachtung der Umsetzungsnotwendigkeiten der EU-Vorgaben sowohl ihre Verantwortung für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung als auch ihre Verpflichtung für Bürgerrechte weiterhin ernst nehmen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Berg