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Frage von Klaus S. •

Frage an Uli Grötsch von Klaus S. bezüglich Recht

Guten Tag Herr Grötsch,
seit einigen Jahren sind schon die Machenschaften mit sog. CumEx-Geschäften bekannt.
Es entsteht dadurch ein hoher Milliardenschaden gegenüber den deutschen Bürgern ( im europäischen Ausland auch gegen EU-Bürger).
Es ist mir vollkommen unverständlich, wie so etwas gehen kann. Die Praktiken sind und waren nicht nur Herrn Scholz als Finanzminister sondern auch seinen Vorgängern bekannt. Die Justiz und die Politker sind nicht in der Lage, diesen Riesenbetrug zu stoppen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen und zu verurteilen.
Da dies bei uns nicht funktioniert, sind Journalisten investigativ tätig geworden und haben diese Praktiken und das Versagen der Politik öffentlich gemacht, großteils auch Ross und Reiter benannt. Und siehe da, unsere Justiz schläft ja doch nicht. Aber jetzt wird gegen die Journalisten ermittelt, die die Arbeit der Staatsanwälte tun.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen Oliver Schröm (Chefredakteur Correctiv) wegen des Verdachts der Anstiftung zum Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im CumEx-Skandal.
Es wurde bekannt, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit Schröms CumEx-Recherchen schon vor Monaten ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleitete und einen mutmaßlichen Informanten vernehmen ließ. Jetzt werden diejenigen verfolgt, die den Skandal aufgedeckt haben.
Ich hätte gerne gewusst, ob Ihnen das bekannt war und ob Sie bereit sind, im Bundestag etwas dagegen zu unternehmen. Es ist der größte Steuerraub aller Zeiten, anders kann man das nicht mehr bezeichnen.
Also, Herr Rupprecht, sind Sie bereit in Berlin etwas in dieser Richtung in die Wege zu leiten und wenn ja, was werden Sie tun, um im Bundestag Ihren Verpflichtungen nicht nur gegenüber Ihren Wählern, sondern auch gegenüber allen deutschen Bürgern nachzukommen.
Ich freue mich auf Ihre baldige Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Schreiber

P.S. Solche Geschichten sind m.E. ein großer Beitrag zur "Politikverdrossenheit"

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de.

Fakt ist, dass mit dem Cum-Ex-System und dem Cum-Cum-System 11 EU-Staaten über 55 Mrd. € Steuereinnahmen entgangen sind. Deutschland geht gerade über 400 Verdachtsfällen nach mit einem Volumen von deutlich über 5 Mrd. €. Das ist der größte Finanzskandal in der deutschen Geschichte. Unfassbar, dass sowas über Jahre möglich war und in der Öffentlichkeit nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit erfährt wie eine Kassiererin, die einen Pfandbon einlöst.

Ich bin froh, dass der Bundestag einen sog. Untersuchungsausschuss eingesetzt hat, der sowohl das behördliche Handeln als auch die Rolle der privaten Marktteilnehmer eingehend beleuchtet hat. Mit dem Abschlussbericht aus dem Jahr 2017 haben wir als Parlament die Öffentlichkeit über das Verhalten der Finanzmarktakteure, die sich auf Kosten der Steuerzahler bereicherten, aufgeklärt. Ich sage dabei ganz klar: Wir haben es hier mit einem kriminellen Netzwerk von Banken, Investoren und Beratern zu tun, denn in Deutschland waren die "Geschäfte" immer schon illegal.

Die steuer- und strafrechtliche Aufarbeitung der Cum-Ex-Fälle ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Eine Reihe an Strafprozessen läuft gerade an. In ersten Urteilen wurden die Angeklagten bereits zu massiven Strafzahlungen verurteilt. Es ist davon auszugehen, dass es noch zu deutlich mehr solcher Urteile kommen wird und sich der Fiskus einen Großteil des gestohlenen Geldes zurückholen wird. Und das ist auch richtig so. Aber: Es geht um viel mehr als um gestohlenes Geld. Es geht, da haben Sie völlig recht, um das Vertrauen in die Steuergerechtigkeit in diesem Land.

Ohne Whistleblower wäre der Skandal nie aufgedeckt worden. Leider sind und werden wir in dieser Großen Koalition bei diesem Thema zu keiner Einigung mit den Unionsparteien kommen. Die CDU/CSU ist zu keiner gesetzlichen Regelung zum Schutz von Whistleblowern bereit. Für meinen parlamentarischen Arbeitsbereich der Nachrichtendienste haben wir 2017 eine Regelung eingeführt, dass Whistleblower sich direkt und anonym an mich oder ein anderes Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium der Nachrichtendienste wenden können. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir für Fälle wie Sie sie beschreiben, entsprechende und klare Schutzmechanismen einführen. Dafür setze ich mich gerne auch weiterhin ein und zähle auf Ihre Unterstützung!

Mit freundlichen Grüßen
Uli Grötsch