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Tim Klüssendorf
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Frage von Klaus W. •

Sind Sie sich darüber im Klaren, was die signifikante Erhöhung der BBMG in der gesetzlichen KV für Menschen bedeutet, die genau in dieser Range liegen, siehe mein Beispiel unten.

Sehr geehrter Herr Klüssendorf,

bei der Rentenversicherung bedeutet höherer Beitrag auch mehr Rentenpunkte/höhere Renten. In der KV/PV ist der höhere Beitrag eine reine Solidarleistung ohne jegliche Gegenleistung. Irgendwo hat das auch eine Grenze. Jetzt schon zahle ich ca. 900€ und erhalte dieselbe Leistung, wie jemand, der 200€ zahlt. Nach Ihren Überlegungen müsste ich in Zukunft ca. 1500 zahlen, das sind mehr als 50% zusätzlich ohne jegliche Gegenleistung.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Zuschrift.

Konkret geht es bei meinem Vorschlag um die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Herausforderungen in diesem Bereich sind erheblich, und es besteht Handlungsbedarf. Dabei ging es mir vor allem darum, eine Debatte über Solidarität im Kontext der Sozialversicherungen anzustoßen.

Meine in den letzten Wochen zitierte Aussage entstand in einem Interview, in dem ich zum Ausdruck gebracht habe, dass ich, als jemand, der deutlich überdurchschnittlich verdient, selbstverständlich bereit wäre, höhere Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen. Das sage ich für mich mit voller Überzeugung. Ich bin selbst freiwillig gesetzlich versichert – so wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion auch – und stehe vollkommen hinter dem für unseren Sozialstaat leitenden Solidaritätsgedanken. Gleichzeitig verstehe ich sehr gut, dass höhere Beiträge für andere eine untragbare Belastung sein können. Meine Absicht ist nicht, Menschen mit niedrigem, mittlerem, durchschnittlichem oder modert überdurchschnittlichem Einkommen zu belasten. 

Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze ist aus meiner Sicht in erster Linie eine sehr aktuelle Frage der Gerechtigkeit: Wer heute als GKV-Versicherter ein Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze hat, zahlt effektiv einen geringeren Beitragssatz als jemand mit einem Einkommen darunter. Das liegt daran, dass alle Einkommen oberhalb der aktuellen Grenze von 66.150 Euro beitragsfrei bleiben. Je höher das Einkommen über dieser Grenze liegt, desto stärker sinkt die reale Beitragsbelastung.

Während ein vergleichsweises niedriges Jahreseinkommen von 35.000 Euro mit 17,1 % Krankenversicherungsbeitrag belastet wird, zahlt ein Spitzenverdiener mit 120.000 Euro nur 9,4 %. Das bedeutet, dass starke Schultern derzeit eine geringere Last tragen als schwächere. Unser Steuersystem funktioniert aus gutem Grund anders: Mit steigendem Einkommen steigt auch der Steuersatz, weil es eine breite gesellschaftliche Akzeptanz dafür gibt, dass stärkere Schultern auch mehr tragen können – und sollen.

Als Sozialdemokrat sehe ich es also als meine Aufgabe, Vorschläge zu machen, die die eklatante Ungleichheit und bestehende Missstände in unserem Land in den Blick nehmen und zusätzliche Belastungen der großen Mehrheit vermeiden. In Zeiten steigender Kosten stehen wir vor der Wahl: Entweder wir erhöhen die Beiträge für alle Versicherten gleichermaßen – was insbesondere Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zusätzlich belasten würde – oder wir prüfen, ob Personen mit höheren Einkommen über eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze stärker beteiligt werden können. Gerade die kleineren und mittleren Einkommen sind derzeit ohnehin schon stark belastet. Ich halte Letzteres in der Abwägung daher für die sozial gerechtere Option.

Bei dem zugegebenermaßen unglücklich und, wie sich nun zeigt, zu eng kommunizierten Thema ging es mir also nicht darum, Menschen mit Einkommen knapp über der Beitragsbemessungsgrenze zu belasten. Vielmehr wollte ich eine grundsätzliche Frage stellen: Was ist uns unsere Gesundheitsversorgung wert? Mir geht es dabei vor allem um eine gerechtere Lastenverteilung – sowohl bei den Beiträgen als auch bei den Leistungen. Dieser Debatte müssen wir uns als Gesellschaft stellen.

Langfristig setzen wir uns als SPD für eine Reform hin zu einer Bürgerversicherung ein, in die alle – also auch Beamtinnen und Beamte sowie Selbstständige – einbezogen werden. Damit könnte der individuelle Beitragssatz insgesamt weiter gesenkt werden. Diese grundlegende Reform halte ich für konsequent und notwendig, um die Finanzierung stabil und solidarisch nachhaltig zu gestalten.

Darüber hinaus ist es wichtig, die bereits angesprochene Effizienzpotenziale in der Krankenversicherung zu heben. Dazu hat Karl Lauterbach bereits in der vergangenen Legislaturperiode wichtige Reformen angestoßen, an die wir anknüpfen müssen.

Das Solidarprinzip in der Krankenversicherung stellt sicher, dass die Gesundheitsversorgung unabhängig vom persönlichen Einkommen oder Gesundheitszustand gewährleistet ist. Wer mehr verdient, zahlt mehr – aber jede und jeder bekommt die nötige Behandlung, wenn sie oder er sie braucht, egal, wie hoch das Einkommen ist. Dieses System ist ein zentraler Baustein unserer sozialen Absicherung und sorgt dafür, dass auch in schwierigen Zeiten niemand auf notwendige medizinische Versorgung verzichten muss.

Ich wünsche Ihnen alles Gute!

Beste Grüße
Tim Klüssendorf

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