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Thomas Kossendey
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Frage von Jann H. •

Frage an Thomas Kossendey von Jann H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Kossendey,
wie rechtfertigen Sie eine Verlängerung des Afghanistaneinsatzes? Es ist doch offensichtlich, dass das, was dort geschieht, keine humanitäre Hilfsmission mehr ist, sondern nur noch die USA bei ihrem "Kampf gegen den Terror" (soll heißen, Leute im Zweifel oder wenn man Lust drauf hat abschießen und sich dann über wütende Extremisten wundern) unterstützt.

Times Online: Assault force killed family by mistake in raid, claims Afghan father:
http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/afghanistan/article7040216.ece

Videos über die Ermordung von Zivilisten per Luftangriff durch die USA, aufgenommen per Kamera des angreifenden Helikopters, Echtheit durch das Pentagon bestätigt:
http://www.collateralmurder.com/

Womit rechtfertigen Sie den Afghanistan-Einsatz? Und wie stehen Sie zu den neuesten Anmaßungen von Herrn Guttenberg, der deutsche Militärmitglieder in den Süden Afghanistans schickt?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Horn,

Ihre E-Mail vom 19. April 2010, mit der Sie mich um Auskunft über die Mandatsverlängerung für den ISAF-Einsatz der Bundeswehr bitten, ist bei mir eingegangen.

Die Aufstellung der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe ISAF erfolgte auf Ersuchen der afghanischen Regierung an die internationale Gemeinschaft und auf Beschluss des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Dieser hat zuletzt am 8. Oktober 2009 die Fortsetzung des ISAF-Einsatzes beschlossen und damit erneut die Notwendigkeit der Fortsetzung der Mission unterstrichen. Somit liegt die völkerrechtliche Voraussetzung für die weitere deutsche Beteiligung an der Mission vor. Daneben hat die afghanische Regierung selbst immer wieder die Bedeutung der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe für die friedliche Entwicklung und den Wiederaufbau in Afghanistan gewürdigt und eingefordert. Es liegt in unserem Interesse, dass von Afghanistan keine Gefahr mehr für die internationale Sicherheit ausgeht und sich dort nicht erneut terroristische Strukturen bilden können. Es ist unser Ziel, selbsttragende Sicherheit und funktionierende staatliche Strukturen zu schaffen. Dies ist Voraussetzung dafür, dass Afghanistan seine Sicherheitsprobleme eigenständig meistern und sich stabil entwickeln kann - und dass letztlich der Einsatz unserer Soldatinnen und Soldaten dort nicht mehr notwendig ist.

Vor diesem Hintergrund wäre es unverantwortlich, wenn heute ein sofortiger, womöglich sogar alleiniger Rückzug Deutschlands, losgelöst von seinen Bündnispartnern aus Afghanistan erfolgen würde. Nicht nur würde das Land vermutlich erneut in Chaos und Anarchie versinken, auch wären die Folgen für die internationale Gemeinschaft und ihre Bündnisse, in denen wir Verantwortung übernommen haben, unabsehbar. Die von Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit initiierte internationale Afghanistan-Konferenz am 28. Januar 2010 in London markiert einen wichtigen Fortschritt in diesem Prozess. Die internationale Gemeinschaft und die afghanische Regierung haben sich darauf verständigt, die Sicherheitsverantwortung beginnend ab Ende 2010/Anfang 2011 in afghanische Hände geben zu wollen. Dazu werden die Ausbildungsanstrengungen für die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkt. Der zivile Wiederaufbau steht noch stärker als bisher im Vordergrund. Die afghanische Regierung wird bei ihren Bemühungen um bessere Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung tatkräftig unterstützt. Die Bundesregierung hat ein Paket für die Weiterentwicklung ihres Afghanistan-Einsatzes beschlossen. So wird u.a. die Hilfe für den zivilen Wiederaufbau nahezu verdoppelt und auch die Zahl der deutschen Polizeiausbilder auf insgesamt ca. 260 Beamtinnen und Beamte erhöht. Mit unserem militärischen Einsatz werden wir insbesondere die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte erheblich ausweiten und beschleunigen, um schrittweise eine Übergabe der Sicherheitsverantwortung in afghanische Hände zu ermöglichen. Zudem wird der Schutz der afghanischen Bevölkerung, aber auch der zivilen Aufbauhelfer, noch stärker in den Mittelpunkt gestellt. Für diese Aufgaben werden wir das bestehende deutsche Einsatzkontingent umgliedern sowie verstärken. Das deutsche Engagement konzentriert sich dabei auf den Norden Afghanistans. Dort trägt Deutschland die Führungsverantwortung im Rahmen der ISAF-Operationen. Das derzeit gültige Bundestagsmandat sieht eine deutsche Beteiligung an ISAF in Kabul und Nord-Afghanistan vor. Darüber hinaus können sie in anderen Regionen für zeitlich und im Umfang begrenzte Maßnahmen eingesetzt werden, sofern diese Maß­nahmen zur Erfüllung des ISAF-Gesamtauftrages unabweisbar sind.

Die Bundesregierung wird mit ihrem fortgesetzten ressortübergreifenden Engagement einen wichtigen Beitrag für ein stabiles Afghanistan leisten. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass unsere Soldatinnen und Soldaten Afghanistan verlassen können. Dort erfüllen sie ihre schwierige Aufgabe mit großer Entschlossenheit und persönlicher Tapferkeit. Sie helfen den Bürgerinnen und Bürgern des Landes und schützen sie gemeinsam mit unseren Partnern und mit den afghanischen Sicherheitskräften. Dafür verdienen sie unseren Respekt und unsere Anerkennung. Dies hat auch die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung am 22. April 2010 im Deutschen Bundestag nachdrücklich zum Ausdruck gebracht.

Mit freundlichem Gruß

Thomas Kossendey