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Thomas Jarzombek
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Frage von Eckhard S. •

Frage an Thomas Jarzombek von Eckhard S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

seit einigen Monaten demonstrieren Arbeiter der Bekleidungsindustrie in Bangladesch für eine Erhöhung der gesetzlichen Mindestlöhne. Aktuell verdienen diese Arbeiter nur etwa 29 € für einen vollen Monat. Seitdem die Mindestlöhne im Jahr 2010 auf nahezu das Doppelte gestiegen sind, sind die Preise vor allem für Miete und Grundnahrungsmittel dramatisch angestiegen.

Der Druck auf deutsche Importeure von Bekleidung aus Bangladesch (Einzelhändler, Markenhersteller) wächst, da NGOs verlangen, dass diese Firmen freiwillig höhere Preise für die Produkte zahlen sollen, damit dann wiederum die Arbeiter mehr verdienen. Dieses Konzept ist als "Asian Floor Wage Campaign" bekannt geworden.

Das Konzept erscheint bei genauerem Nachdenken völlig unrealistisch und wird daher von keiner einzigen Firma befürwortet oder praktiziert.

Anstatt dessen verlangen einzelne dieser Firmen von der Regierung in Bangladesch, dass die gesetzlichen Mindestlöhne so angehoben werden, dass alle Kunden der dortigen Firmen die gleichen Voraussetzungen haben, und die Arbeiter ein Einkommen beziehen, dass eine Grundsicherung ermöglicht. So hat am vergangenen Montag der CEO von H&M der Ministerpräsidentin von Bangladesch diese Forderung vorgetragen.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, um ebenfalls auf die Regierung in Bangladesch dahingehend einzuwirken, dass die eigene Bevölkerung eine würdige Existenz durch ausreichende Löhne erhalten kann?

Ich freue mich auf eine Antwort.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Spanier,

vielen Dank für Ihre Frage. Für Deutschland gibt es keine Möglichkeiten, direkten Einfluss auf die Arbeitsbedingungen in anderen souveränen Staaten auszuüben. Dies ist allenfalls indirekt im Wege der Entwicklungszusammenarbeit möglich.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sieht Bangladesch als einen wichtigen Partner an. Das Land ist sehr bevölkerungsreich, zählt aber leider zu den ärmsten Regionen der Welt. Dennoch konnten in den vergangenen Jahren bei der Armutsbekämpfung bereits Erfolge erzielt werden. Beispielsweise konnte seit 2005 der Anteil der unter der nationalen Armutsgrenze lebenden Menschen von 40 auf 31,5 Prozent gesenkt werden. Dies ist insbesondere dem beachtlichen Wirtschaftswachstum zu verdanken, zu dem auch die Textilindustrie einen Beitrag geleistet hat. Diese Branche ist besonders lohnsensibel und wandert dorthin, wo die Löhne niedrig sind. Derzeit ist dies vor allem Bangladesch. Die Löhne der Arbeitnehmer sind im internationalen Vergleich momentan also gering, konnten aber dennoch ein wenig zur Armutsbekämpfung beitragen. Doch auch die Arbeitnehmer in Bangladesch entwickeln zunehmend ein stärkeres Selbstbewusstsein und treten ihrerseits selbst für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen ein. Im Jahr 2012 gab es etwa landesweite Streiks, in deren Folge einige hundert Fabriken für längere Zeit geschlossen bleiben mussten.

Ein weiterer Aspekt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist die sogenannte „Corporate Social Responsibility“. Die deutsche Bundesregierung setzt sich beispielsweise im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) dafür ein, dass im Bereich der Arbeitsrechte verbindliche Standards vereinbart werden, die von den Unternehmen aufgrund ihrer Gesellschaftsverantwortung eingehalten werden. Eine Ächtung rechts- und sittenwidriger Löhne konnte bereits erreicht werden. Dies sind erste erfreuliche Fortschritte, die jedoch selbstverständlich noch nicht ausreichen, um die Situation im Land nachhaltig zu verbessern.

Auch der Verbraucher hat mit einer bewussten Kaufentscheidung durchaus die Möglichkeit, einen gewissen Druck auf die Industrie auszuüben, indem er beispielsweise gezielt auf die Anschaffung von Textilien verzichtet, die in Ländern mit rückständigen Arbeitsbedingungen produziert worden sind. Verständlicherweise spielt jedoch meist der Preis eine entscheidende Rolle beim Kauf eines Produktes, so dass letztlich viele Verbraucher das günstigere, da unter anderen Arbeitsbedingungen hergestellte Produkt kaufen.

Mit besten Grüßen

Thomas Jarzombek

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