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Sylvia Bretschneider
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Frage von Katharina B. •

Frage an Sylvia Bretschneider von Katharina B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Bretschneider,

Ihr Wahlaufruf, welcher von der Linkspartei angeregt wurde, zeugt von Ihrem undemokratischem Demokratieverständnis. Da Sie die Bürger offenbar mit Ihren Argumenten und dem Ergebnis Ihrer langjährigen Regierungstätigkeit nicht mehr überzeugen können, schüren Sie nun Ängste vor dem Einzug der NPD in den Landtag, obwohl nach jüngsten Umfrageergebnissen deren Wählerpotential nur im einstelligen Bereich liegt.
Die NPD kann somit die Regierung nicht übernehmen und wird bestimmt auch in keiner Koalition akzeptiert.
Wäre eine ordentliche Regierungsarbeit gemacht worden, bestünde nun nicht die Gefahr des Landtagseinzugs der Rechten.

Warum scheuen Sie bspw. ein TV-Duell mit NPD-Kanditaten, um diese bloß zu stellen? Wenn die NPD wirklich nur aus "Hohlköpfen" besteht, sollten Sie diese meiner Meinung nach, in einem Streitgespräch argumentativ außer Gefecht setzen.
Die SPD will mit diesen Angstparolen (s. auch Reaktion v. Hr. Tasche) offenbar davon ablenken, dass Sie selbst kein Konzept für unser Land hat und sich weit von ihren sozialen Wurzeln entfernt hat.

Die schlechte Wirtschaftslage (83 % aller Mecklenburger beurteilen die Wirtschaftslage als schlecht http://www1.ndr.de/ndr_pages_std/0,2570,OID3020940_REF_SPC3021016,00.html ), die desolate Arbeitsmarktsituation (ca.19% Arbeitslosenquote) Schulschließungen und Abwanderung junger Familien sind das Ergebnis Ihrer Koalitionsarbeit mit der Linkspartei. Dafür tragen Sie die Verantwortung und nicht die rechten Parteien.

Ich habe den Eindruck, dass hier schon im Vorfeld ein Sündenbock für die völlig verfehlte Landes- und Bundespolitik gefunden werden soll und Sie daher, genauso wie die Abgeordneten der SED-Nachfolgepartei, die NPD im Landtag brauchen und sich sogar wünschen.

Daher meine Fragen an Sie:
1. Wie wollen Sie Investoren für die Wirtschaft locken?
2. Was wollen Sie gegen die Abwanderung unternehmen?
3. Mit wem wollen Sie koalieren?

Gruß
Katharina Büttner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Büttner,

zunächst möchte ich richtig stellen, dass der Wahlaufruf nicht von der Linkspartei. PDS angeregt worden ist. Vielmehr ist der Wahlaufruf eher in der Tradition eines Aufrufes zu sehen, der im Jahr 1998 von dem ehemaligen Bürgerbeauftragten veröffentlicht worden ist. Obwohl der Aufruf inzwischen zahlreiche Unterstützer aus allen demokratischen Parteien aufweisen kann, ist er hinsichtlich des Inhalts und der Erstunterzeichner gerade keiner politischen Partei zuzuordnen. Dies wird auch in dem Text deutlich zum Ausdruck gebracht.

Meine Sorgen hinsichtlich eines Einzugs der Rechtsextremisten in den Landtag gehen nicht dahin, dass die NPD als Koalitionspartner einer demokratischen Partei Regierungsverantwortung übernehmen könnte. Da sind sich alle Demokraten einig, dass das nicht passieren wird. Es geht auch nicht darum, sich einer argumentativen Auseinandersetzung mit der NPD zu entziehen. In allen Parlamenten, in denen rechtsextreme Parteien vertreten waren, hat sich gezeigt, dass die Rechtsextremisten der parlamentarischen Auseinandersetzung mit den Demokraten nicht gewachsen und bereits nach einer Wahlperiode nicht wieder im Parlament vertreten waren.

Die Parolen, die die NPD jetzt im Wahlkampf verwendet, sind als Grundlage für eine sachliche Diskussion mit Demokraten nicht geeignet. Nehmen Sie als Beispiel den Aussagegehalt des Plakates „Touristen willkommen – Asylbetrüger raus“. Touristen sind seit Jahren in Mecklenburg-Vorpommern willkommen. Durch hohe Zuwachszahlen ist unser Land zum Tourismusland Nr. 1 in Deutschland in der Beliebtheit bei den Deutschen geworden. Das konnte nur erreicht werden, weil sich das Land als fremdenfreundlich und weltoffen präsentiert. Dass Asylbetrüger ausgewiesen und abgeschoben werden, ist geltende Rechtslage und nicht Gegenstand der politischen Diskussion. Über das, was unzweifelhaft der gesellschaftlichen und rechtlichen Realität entspricht, lohnt eine Diskussion nicht. Das Plakatieren entsprechender Parolen soll lediglich Ängste schüren.

Die NPD spricht darüber hinaus davon, dass sie das System der Bundesrepublik Deutschland – also unser System der parlamentarischen Demokratie, das auf ethischen und humanitären Grundwerten basiert – abschaffen will. Insoweit gibt es keinen Grundkonsens für eine gemeinsame Arbeit in einem demokratischen Parlament mit Vertretern dieser Partei.

Zu Ihren Fragen:

* Investoren lassen sich für unser Land nur gewinnen, wenn wir ein Investitionsfreundliches Klima schaffen. Dazu gehören viele Faktoren, so genannte harte und weiche Standortfaktoren, die das Image einer Region als Investitionsstandort ausmachen. Dieses Image Mecklenburg-Vorpommerns würde aber erheblich leiden, wenn Rechtsextremisten bei uns politischen Einfluss gewinnen würden. Noch heute wird bei vielen Menschen, die unser Land nicht kennen, Mecklenburg-Vorpommern mit den Vorfällen in Rostock Lichtenhagen negativ assoziiert, obwohl das mit unserem Land des Jahres 2006 nichts mehr zu tun hat.

Mecklenburg-Vorpommern hat sich hinsichtlich der harten und weichen Standortfaktoren in den letzten Jahren deutlich verbessert. So haben Unternehmen die Möglichkeit, Förderprogramme des Landes in Anspruch zu nehmen, durch die Anfangsinvestitionen durch Zuschüsse oder die Kreditgewährung gefördert werden. Durch diese Landesmittel konnten z.B. die Ansiedlungen der Flamm Aerotec in Schwerin oder die CD-Werke in Boizenburg und Röbel maßgeblich gefördert werden. Ein wesentlicher Aspekt, der die harten Standortfaktoren positiv beeinflusst hat, ist die verbesserte Infrastruktur durch die Fertigstellung der A 20. Insbesondere Ostmecklenburg und Vorpommern profitieren von dem Lückenschluss und die dadurch erfolgte Anbindung an die Wirtschaftsräume Hamburg und Schleswig-Holstein. Mit der Fertigstellung der A 14 zwischen Schwerin und Wismar und der südlichen Weiterführung wird auch der Westen Mecklenburgs hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur besser angebunden sein. Verbunden mit der Fortführung der Investitionsförderprogramme wird durch die verbesserte Verkehrsanbindung Mecklenburg-Vorpommern für Investoren noch interessanter werden.

Außerdem verfügt unser Land über viele so genannte positive weiche Standortvorteile. So hat Mecklenburg-Vorpommern einen der höchsten Versorgungsgrade bei der Kinderbetreuung. Anders als in vielen alten Ländern müssen sich die Menschen in unserem Land keine Sorgen darüber machen, eine qualitativ hochwertige und quantitativ ausreichende Betreuung in Krippen und Kindertagesstätten zu erhalten.

Außerdem zeichnet sich unser Land durch seinen hohen Freizeitwert aus, der in die Abwägung bei potentiellen Investitionen ebenso eine Rolle spielen kann.

* Der Stopp der Abwanderung aus unserem Land stellt sicherlich eine große Herausforderung für die nächsten Jahre dar. Die Abwanderungsproblematik betrifft in besonderem Maße unseren östlichen Landesteil, also Vorpommern. Dabei ist zu differenzieren zwischen den jungen Menschen, die aus dem ländlichen Raum in die Städte unseres Landes ziehen und denen, die Mecklenburg-Vorpommern gänzlich verlassen. Ein Zuzug junger Menschen aus dem ländlichen Raum in die städtischen Regionen wird sich sicherlich nicht verhindern lassen. Das hängt zum einen mit den schulischen und beruflichen Angeboten zusammen, die in den Städten zahlreicher sind. Selbstverständlich muss es Ziel der Landespolitik sein, auch die entsprechenden Angebote im ländlichen Raum im Auge zu behalten, jedoch sind die Möglichkeiten zur Steuerung gerade hinsichtlich der Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum begrenzt. Darüber hinaus ist in den Städten das Freizeitangebot weitaus größer, weshalb es nur verständlich ist, dass sich junge Menschen zu urbanen Gebieten stärker hingezogen fühlen.

Eine andere Frage betrifft die Wanderungsbewegungen aus dem Land Mecklenburg-Vorpommern in andere Bundesländer. Ich gehe davon aus, dass wir den Zenit entsprechender Abwanderungen bereits überschritten haben. Zum einen entstehen bei uns wieder mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, die Anzahl der Arbeitsplätze steigt also. Das hängt damit zusammen, dass Strukturumstellungen, die nach 1990 erforderlich waren weitgehend abgeschlossen sind und sich nach dem Einbruch der Baubranche Mitte bis Ende der 90’er Jahre der Anteil der in Baubranche Beschäftigten auf einem langfristig überlebensfähigen Niveau befindet. Neue Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern entstehen jetzt in zukunftsträchtigen Wirtschaftssektoren, etwa im Bereich der Gesundheitswirtschaft.

Zudem wird der veränderte demografische Aufbau unserer Bevölkerung dazu führen, dass weniger junge Menschen Mecklenburg-Vorpommern verlassen. Noch bis Mitte der 90’er Jahre waren wir das Land mit den meisten jungen Menschen, da hier bis zur Wende im Jahr 1989 weitaus höhere Geburtenraten vorzufinden waren als in den alten Ländern. Diese in den 80’er Jahren geborenen jungen Menschen haben inzwischen ihre Schulausbildung beendet und standen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, der jedoch nicht genügend attraktive Angebote aufwies. Anders sah die Situation in den alten Ländern aus, wo bereits in den 80’er Jahren eine relativ niedrige Geburtenrate herrschte und demzufolge ein Bedarf an jungen Arbeitskräften bestand. Inzwischen haben sich die Geburtenraten in den neuen und alten Ländern aber sehr stark angeglichen, mit der Folge, dass die jungen Menschen auch bei uns wieder interessantere Ausbildungs- und Arbeitsplatzangebote in ausreichendem Maße finden.

* Die Frage nach einer Koalition lässt sich erst nach Vorliegen der Wahlergebnisse beantworten. Zunächst muss nach der Wahl festgestellt werden, welche rechnerischen Optionen für mögliche Koalitionsbildungen überhaupt bestehen. Erst dann kann ausgelotet werden, mit welchem Partner die für die nächsten fünf Jahre anstehenden Aufgaben besser bewältigt werden können und mit welchem Partner die eigenen Politikziele besser durchgesetzt werden können.

Eine volle Übereinstimmung mit allen Zielen und Inhalten einer anderen Partei gibt es seitens der SPD nicht (dies gilt für die anderen Parteien natürlich ebenso). So ist ja kein Geheimnis, dass sich die Positionen der SPD im Bereich der Schulpolitik von der der CDU unterscheiden, aber etwa die Haltung der SPD zur Inneren Sicherheit nicht unerheblich von der Position der Linkspartei. PDS abweicht.

Eine Koalitionspräferenz muss sich folglich an den Vorstellungen und Zielen für eine erfolgreiche Landespolitik in den kommenden fünf Jahren orientieren, eine entsprechende Koalitionsaussage kann folglich erst nach entsprechenden Gesprächen erfolgen, wenn das Wahlergebnis feststeht.

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Bretschneider