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Susanna Tausendfreund
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Frage von Hasko H. •

Frage an Susanna Tausendfreund von Hasko H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Tausenfreund

mit Interesse habe ich von Ihnen gelesen: "Wir möchten die Chancen, die Open Government für eine moderne Demokratie bietet, kennenlernen [...]. Wir laden Sie herzlich ein, mit uns und mit Experten über das Phänomen Open Government, ihre Erfahrungen mit konkreten Open Government-Projekten und über die Perspektive, die Open Government für eine Demokratie der Zukunft bietet zu diskutieren." Das möchte ich gerne aufgreifen.

Sicher ist meine Heimatgemeinde Neubiberg nicht die Einzige in Bayern, die die Protokolle Ihrer Gemeinderatssitzungen noch nicht im Internet für alle Bürger verfügbar zur Verfügung stellt. Dabei werden die Protokolle sicherlich am Computer erfasst und könnten so leicht, etwa als PDF-Dateien, auf den Webseiten der Gemeinde bereit gestellt werden. Ein umfangreiches IT-Projekt, womöglich landesweit und nach europaweiter Ausschreibung wäre nicht notwendig. Auf einfache Weise könnte das Ziel Open Government auf der wichtigen, weil bürgernahen lokalpolitischen Ebene ein Schritt näher rücken.

Meine Frage: Wie stehen Sie zu einer solchen Initiative? Werden solche pragmatischen Ansätze in der Grünen Fraktion diskutiert und in den geeigneten Gremien angestoßen?

Bedauerlich wäre in meinen Augen, wenn man zwar über große Ziele diskutieren würde, dabei aber die kleinen Schritte vergäße.

Mit freundlichen Grüßen
Hasko Heinecke

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heinecke,

eine bessere Bürgerbeteiligung, neue Planungsinstrumente, verbesserte Instrumente der direkten Demokratie, mehr Transparenz bei Entscheidungsprozessen etc. sind Schwerpunktthemen grüner Politik. Dabei setzen wir auch auf kleine Schritte.

Um im Bereich der Transparenzförderung voranzukommen haben wir beispielsweise in den beiden letzten und in dieser Legislaturperiode Gesetzesinitiativen im Bayerischen Landtag für ein Informationsfreiheitsgesetz eingebracht, die jedoch abgelehnt wurden. Solange diese Mehrheitsverhältnisse im Landtag noch existieren, versuchen wir, möglichst viele Kommunen davon zu überzeugen, eigene Informationsfreiheitssatzungen zu erlassen. Einige Gemeinden, ein Landkreis und die Stadt München haben dies bereits umgesetzt.

Die verschiedenen Ansätze, die es in einigen Städten für "Open Government"-Projekte gibt, verfolgen wir mit großem Interesse und werben natürlich dafür, dass sich andere Kommunen bzw. Länder daran ein Beispiel nehmen.
Die Veröffentlichung der Sitzungsunterlagen und Protokolle der kommunalen Entscheidungsgremien (Gemeinderat, Stadtrat, Kreistag, Bezirkstag) wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung, die bisher noch viel zu selten eingeschlagen wurde. Ich kann Sie bei Ihrer Forderung nur unterstützen. Es ist für mich eine demokratische Notwendigkeit, dass staatliche und kommunale Stellen von sich aus die Bevölkerung möglichst umfassend informieren. Technisch ist das schon längst kein Problem mehr. Es gibt diverse Ratsinformationssysteme, mit denen die kommunalen Mandatsträger und Mandatsträgerinnen mit den Sitzungsunterlagen und Protokollen versorgt werden bzw. diese jederzeit im Internet abgerufen werden können. Warum sollen diese Systeme nicht auch für die Bevölkerung geöffnet werden? Natürlich müssen auch die Belange des Datenschutzes Berücksichtigung finden, sodass schützenswerte Daten über Dritte nicht enthalten sein dürfen. Bisher hatte der Datenschutzbeauftragte erhebliche Bedenken gegen die Veröffentlichung von Sitzungsunterlagen. Die Positionierung seines Nachfolgers ist offener, ich denke auch wegen der verschiedenen Gespräche und Veranstaltungen, die wir gemeinsam hatten.

Ein hohes Gut unserer Demokratie ist die kommunale Selbstverwaltung. Deshalb sollte jede Gemeinde und Stadt, jeder Landkreis und Bezirk selbst entscheiden, wie ihre/seine Veröffentlichungspraxis konkret ausgestaltet wird. Auf Landesebene sollten allerdings gewisse Mindeststandards festgelegt werden. Hierzu werden wir eine Gesetzesinitiative einbringen. Zu den Mindeststandards gehört für mich auch ein Verbot für die öffentliche Hand sog. Geheimverträge abzuschließen, also Verträge mit Privaten, über deren Existenz und Inhalt Stillschweigen vereinbart wird. Vielmehr gibt es keinen Grund, Verträge öffentlicher Stellen mit Dritten nicht offen legen zu können, wenn dies von vorne herein zum Kodex gehört. Schließlich sind dies Verträge, die im Namen der Bevölkerung abgeschlossen werden.

Sitzungsunterlagen und Protokolle zur Verfügung zu stellen ist ein Teilbereich, mit dem die Transparenz verbessert werden kann. Zu Open Government gehört auch die Aufbereitung allgemein interessanter Daten ohne dass ein Bezug zu den jeweiligen Gremiumssitzungen bestehen muss. Ein paar Beispiele, die sich noch beliebig erweitern ließen: Wie verteilen sich die Haushaltsein- und -ausgaben, wie sind die Buslinien ausgelastet, gibt es noch freie Krippenplätze, welche Gaststätten sind barrierefrei, wie setzen sich die Gebühren für Wasser und Abwasser zusammen ..... Um diese Informationen jeweils aktuell bereitstellen zu können, ist kein außerordentlicher Aufwand erforderlich. In einigen Städten sind Wettbewerbe für kleine Computerprogramme durchgeführt worden, die dann mit geringem finanziellen Aufwand zum Einsatz kamen (Beispiel: Apps for democracy).

Mit freundlichen Grüßen

Susanna Tausendfreund, MdL