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Susanna Tausendfreund
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Frage von Raymund M. •

Frage an Susanna Tausendfreund von Raymund M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Tausendfreund,

wie ist Ihre Haltung zu dem seit einiger Zeit diskutiertem bedingungslosen Grundeinkommen?

Was denken Sie, wie sich Ihre Partei in den kommenden fünf Jahren auf Landesebene zu diesem Thema positionieren wird?

Mit freundlichen Grüssen

Raymund Messmer

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Messmer,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich sympathisiere sehr mit den Modellen für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Vielen Menschen, die sonst von Armut betroffen oder von ihr bedroht sind, könnte so unbürokratisch und ohne die Hürde, seine eigene Situation beim Amt darlegen zu müssen, geholfen werden. Für Schwellenhaushalte gäbe es ebenfalls eine deutliche Erleichterung, da ein gewisser finanzieller Grundstock vorhanden wäre, auf dem Jeder/Jede aufbauen kann. Gerade Kinderarmut könnte vermieden werden.

Allerdings kann durch die Einsparungen, die durch eine reduzierte Verwaltung in den Sozialämtern und bei den Arbeitsagenturen möglich sind, nicht so viel eingespart werden, dass die Gegenfinanzierung darstellbar wäre. Es würde auch bei der Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens noch genügend Fälle geben, bei denen zusätzliche Leistungen erforderlich sind, wie Mietkostenübernahmen, Kostenübernahme für die Krankenversicherung, Betreuungskosten bei Behinderten, Kostenübernahmen für Ferienmaßnahmen für Kinder oder die Arbeitsvermittlung. D.h. das bedingungslose Grundeinkommen macht die Sozialbehörden und die Arbeitsagenturen nicht überflüssig.

Unter dem Strich ist - so befürchte ich - das bedingungslose Grundeinkommen nicht finanzierbar. Ich trete jedoch für deutliche Verbesserungen des bisherigen Unterstützungssystems insbesondere mit folgenden Maßnahmen ein:

- deutliche Erhöhung der Regelsätze beim ALG II und der Grundsicherung/Sozialhilfe. Von 347,- pro Monat für das ALG II kann man nicht leben. Im Landkreis München konnten wir wenigstens eine Erhöhung des Sozialhilferegelsatzes auf 372,- erreichen, was aber noch immer zu wenig zum Leben ist. Die Minimalforderung sind 420,- zzgl. angepasster Sätze für die weiteren Familienangehörigen und eine großzügigere Kostenübernahme für weitere laufende oder punktuelle Kosten.

- Erhöhung des Freibetrags für vorhandenes Vermögen. In der Notsituation sollten die Betroffenen nicht gezwungen werden, Werte, wie z.B. Lebensversicherungen wirtschaftlich unsinnig auflösen zu müssen.

- Ausbau der Hilfs- und Beratungsangebote. Der Aufbau der Tafeln und Kleiderkammern ersetzen keine Sozialpolitik, auch wenn sie ein wichtiges Element sind. Viele kurz- oder längerfristig in finanzielle Not geratene Menschen wissen über viele Hilfsangebote nicht Bescheid. Viele Behörden reagieren abweisend gegenüber diesem Personenkreis. Hier muss ein niedrig schwelliges Angebot aufgebaut werden, bei dem sich die Betroffenen nicht zu Bittstellern degradiert fühlen, sondern ihnen wirklich aktiv geholfen wird.

- Die Trennung im Landkreis München zwischen Sozialverwaltung und Arbeitsagentur, die zur Folge hat, dass die betroffenen ALG II-Berechtigten bei zwei Behörden alle Ihre Nachweise vorlegen müssen, halte ich für unerträglich. Hier hatte der alte Landrat zwar einen juristischen Erfolg erzielt, bei dem seine Position der Trennung der beiden Verwaltungen bestätigt wurde. Für die Betroffenen ist dies allerdings unnötig mit Erschwernissen verbunden. Hier wird dank unserer neuen Landrätin und mit meiner Unterstützung ein neues System aufgebaut, bei der es nur noch eine Anlaufstelle geben wird.

- Kindern muss eine gute Ausgangsposition ermöglicht werden, egal welcher sozialer Herkunft sie sind. Dazu gehört eine kostenlose Kinderbetreuung in Kinderkrippen, Kindergärten bei Tagesmüttern und im Hort sowie ein kostenloses und vollwertiges (möglichst ökologisches) Mittagessen in allen Kinderbetreuungseinrichtungen und an den Schulen. Essentiell sind Verbesserungen beim Bildungssystem, damit es allen Kindern ermöglicht wird, einen guten Schulabschluss zu machen.

Die Beschlussfassung der letzten Bundesdelegiertenkonferenz zu den sozialen Sicherungssystemen füge ich in Anlage bei.
Dieser Politikbereich fällt weitgehend in Bundeskompetenz, wobei ich mich hier auf der lokalen und der Landesebene weiter einbringen werde.

Mit freundlichen Grüßen

Susanna Tausendfreund