SPD-Bundestagskandidat Stephan Schumann
Stephan Schumann
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Frage von Sophia K. •

Wie würden Sie den Mangel an therapeutischen und psychosozial begleitenden Angeboten angehen?

Sehr geehrter Herr Schumann,
nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat einen dramatischen Mangel an Psychotherapeut*innen gezeigt. Gleichzeitig wird die Ausbildung von psychologischen Psychotherapeut*innen gesetzmäßig erheblich erschwert. Seit dem 01.09.2020 dürfen nur noch Absolvent*innen bestimmer Präsenzhochschulen die Ausbildung beginnen. Insbesondere Menschen die den langen Ausbildungsweg auf dem zweiten Bildungsweg auf sich nehmen, werden mit dem neuen Gesetz ausgeschlossen: Absolvent*innen staatlich anerkannter Fernhochschulen mit gleichwertigem Abschluss dürfen die Ausbildung nicht beginnen - Obwohl Fern-HS im Vergleich zu Präsen-HS seit Jahren auf Online-Lehre spezialisiert sind und oft deutlich qualitätivere Lehre machen als Präsenz-HS in der Pandemie.
Ähnliche Angebote (Coaching, HP Psychotherapie), die Erstebetreuung für Betroffene abfedern könnten, werden nicht genügend und immer weniger legitimiert.

Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort.

SPD-Bundestagskandidat Stephan Schumann
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau K.
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich teile Ihre Einschätzung: Ja, es gibt in Deutschland einen Mangel an Psychotherapeut*innen. Das ist Ausdruck der fortbestehenden Stigmatisierung und des Nicht-ernst-nehmens psychischer Störungen. Wir brauchen nun mehrere Maßnahmen, die auf verschiedenen Ebenen ansetzen, um das Problem zu lösen:
1. eine deutliche Erhöhung der Anzahl der Kassensitze um Wartezeiten zu reduzieren
2. das Sicherstellen einer hochwertigen und einheitlichen Ausbildung im Heilberuf Psychotherapie
3. eine feste Finanzierung niedrigschwelliger Beratungsstellen, nicht nur auf Projektbasis
4. das Sicherstellen genügend vorhandener Studienplätze, mit anderen Zugangskriterien als einem Numerus clausus (NC)

Durch die Reform des Psychotherapeuten-Gesetzes wird nun besonders die Weiterbildung standardisiert. Außerdem wird gleichzeitig verhindert, dass der psychotherapeutische Nachwuchs noch länger in prekären Verhältnissen ausgebildet wird. Häufig geschieht das ja, wenn bei voller Arbeitszeit nur ein Praktikant:innengehalt bezahlt wird. Gerade diese finanziell brenzlige Situation während der Weiterbildung ist für Menschen aus Familien mit geringem Einkommen der Grund, sich gegen die Weiterbildung zu entscheiden. Das sind Barrieren auf dem Weg in den psychotherapeutischen Heilberuf. Als Sozialdemokrat setze ich mich dafür ein, diese Barrieren zu überwinden.
Mit Blick auf die fachliche Perspektive bleibt zu erwähnen, dass auch die Bundespsychotherapeutenkammer den neuen Gesetzesentwurf tatsächlich sehr positiv sieht. Sie hat aber auch einige Kritikpunkte, die ich teile: Beispielsweise werden die Kosten für die spezifischen psychotherapeutischen Inhalte der ambulanten Weiterbildung nach dem Studium zwar besser als bislang, aber immer noch nicht ausreichend gedeckt. Die Reform bleibt also an der Stelle halbherzig.