Portrait von Stephan Kühn
Stephan Kühn
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Stephan Kühn zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Jochen B. •

Frage an Stephan Kühn von Jochen B. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Kühn,

ich habe in den letzten Tagen in der Freien Presse mehrfach zum Thema Breitbandausbau gelesen, dass es in Sachsen darum sehr schlecht bestellt ist. ich weiß das natürlich aus eigener Erfahrung, aber bisher hatte ich vermisst, dass die Politik dies auch eingesteht. Im Gegenteil, zahlreiche Anfragen meinerseits an Abgeordnete, Ministerien, die BNetzA u.a. wurden regelmäßig mit Verweis auf die tolle Förderung und das "schon Erreichte" abgewiegelt. Nun sagen Sie, dass bei dem aktuellen Tempo der Ausbau mit 50 Mbps bis 2076 dauert (was ich gern glaube!). Doch in Sachsen ist man schon weiter vorgeprecht und verspricht 100 Mbps bis 2025.
Was kann und wird denn nun die Politik tun (und speziell z.B. die Grünen), um die Wolkenkuckucksheime wieder mit der Realität in Einklang zu bringen und der Regierung klarzumachen, dass in Deutschland wie immer viel geredet aber zu wenig getan wird? Woran liegt es, dass die Versprechen mal wieder nicht eingehalten werden? Warum wird Herr Dobrindt nicht gezwungen, sich dazu zu erklären? Um ehrlich zu sein, verstehe ich nicht im Geringsten, warum die Initiativen der Grünen (und auch der SPD, als sie noch in der Opposition war) für einen Universaldienst eingeschlafen sind. Dies ist doch die einzige Lösung, die Deutschland voran bringt.

Viele Grüße

Portrait von Stephan Kühn
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bonitz,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Erfahrung, dass die langsamen Fortschritte beim Breitbandausbau nicht zu den Erfolgsmeldungen aus dem Bund und aus Sachsen passen, teilen Sie mit vielen Bürgerinnen und Bürgern im Freistaat. In der Tat wird vor allem durch Bundesinfrastrukturminister Alexander Dobrindt viel Augenwischerei betrieben, um die Realität zu verschleiern. Die Wahrheit ist: Um Deutschlands digitale Konkurrenzfähigkeit zu sichern, müsste der Bund wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen und die Telekommunikationsunternehmen viel deutlicher in die Pflicht nehmen als heute. Die derzeit angestrebte flächendeckende Versorgung mit 50 Mbit/s mag aus heutiger Sicht eine angemessene Breitbandversorgung sein, bereits in fünf Jahren werden wir aber über deutlich ambitioniertere Ausbauziele sprechen, und für das Jahr 2025 müssen wir die Glasfaser- oder Gigabit-Gesellschaft im Blick haben, nicht eine halbherzige Zielstellung wie die 100 Mbit/s, an die der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig denkt.

Meine Partei hat ein ambitioniertes Konzept mit Augenmaß und vor allem einem soliden Finanzierungsvorschlag für den Breitbandausbau vorgelegt: Wir wollen, dass im Jahr 2021 drei Viertel aller Haushalte in Deutschland Glasfaser-Zugänge nutzen können, die verbleibenden 25 Prozent immerhin mit 50 Mbit/s am Netz sind. Weil wir wissen, dass diese Pläne nicht mit den viel zu spät bereitgestellten 3 Milliarden des Bundesprogrammes für den Breitbandausbau zu machen sind, wollen wir die noch in Bundesbesitz befindlichen Restaktien der Deutschen Telekom AG veräußern und den Erlös für einen zügigen Breitbandausbau einsetzen. Genaueres können Sie in unserem Fraktionsbeschluss von Ende 2015 nachlesen:
http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/Beschluss_schnelles_Internet.pdf

Wir sind der Überzeugung, dass ein Breitbandanschluss auch im ländlichen Raum zur Grundversorgung gehört. Die Universaldienstverpflichtung ist aus unserer Sicht ein gangbarer Weg, um diese Grundversorgung durchzusetzen. Allerdings ist sie aufgrund des bestehenden rechtlichen Rahmens eben nur für eine Grundversorgung geeignet, nicht aber dafür, eine Versorgung mit Gigabitanschlüssen zu gewährleisten.

Solange wir in der Opposition sind, werden wir wie bisher mit regelmäßigen Anfragen die realen sächsischen Ausbaustände zum Gegenstand öffentlicher Debatte machen und uns dafür einsetzen, dass Sachsen nicht von der digitalen Entwicklung abgekoppelt wird.

Mit freundlichen Grüßen
Stephan Kühn