Bezogen auf Hermlins Interview im Tagesspiegel: Sehen Sie Antisemitismus als strukturelles Problem in Ihrer Partei? Wie verhindern Sie, dass Israelkritik zur Delegitimierung Israels wird?
Im Interview mit dem Tagesspiegel Checkpoint wirft der Musiker Andrej Hermlin der Partei Die Linke vor, Antisemitismus zunehmend zu dulden. Anlass ist ein Parteitagsbeschluss, der eine neue Definition von Antisemitismus stützt – eine Definition, die die BDS-Bewegung nicht als antisemitisch einstuft und eine Ein-Staat-Lösung im Nahen Osten als legitim erscheinen lässt. Hermlin, selbst jüdischer Herkunft und langjähriges Mitglied der Partei, erklärt dies als Hauptgrund für seinen Austritt. Er sieht in der neuen Haltung eine gefährliche ideologische Verschiebung, bei der unter dem Deckmantel der „Israelkritik“ antisemitische Narrative Raum gewinnen. Diese Entwicklung stelle nicht nur eine politische, sondern auch eine moralische Krise dar, insbesondere angesichts der Verantwortung deutscher Parteien gegenüber dem Existenzrecht Israels und dem Schutz jüdischen Lebens. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Haltung und Verantwortung der Abgeordneten der Partei Die Linke.

Antisemitismus ist kein strukturelles Problem in der Partei Die Linke. Aber wir wären naiv zu glauben, dass es ihn bei uns gar nicht gibt. Wie in allen gesellschaftlichen Bereichen kann es auch in unserer Partei antisemitische Haltungen geben – dem müssen wir uns ehrlich stellen. In den vergangenen Jahren wurden deshalb vermehrt Räume für einen sachlichen und kritischen Austausch geschaffen, um Antisemitismus innerhalb der Partei zu erkennen, zu benennen und zu bekämpfen.
Die Orientierung an der Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus (JDA), zu der sich unsere Partei bekennt, bietet dabei eine wichtige Grundlage: Sie macht deutlich, wie notwendig es ist, zwischen legitimer Kritik an der israelischen Regierung und antisemitischer Delegitimierung zu unterscheiden.
Unsere Partei steht ohne Wenn und Aber für den Schutz jüdischen Lebens – in Deutschland und weltweit. Gleichzeitig setzen wir uns für eine gerechte Zwei-Staaten-Lösung ein. Das schließt für uns auch die Forderung nach einem sofortigen Ende der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen und das Westjordanland sowie nach einem Stopp des Siedlungsbaus ein. Denn der Schutz von Menschenrechten darf niemals selektiv sein – weder für Israelis noch für Palästinenser:innen.
Für uns als Linke gilt: Klare Haltung gegen Antisemitismus, klare Haltung für Menschenrechte – überall.