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Steffen Bilger
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Frage von Alexander W. •

Frage an Steffen Bilger von Alexander W. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Bilger,

wie stehen Sie zu dem bald im Bundesrat besprochenen Leistungsschutzrecht für Verlage:
https://www.google.de/campaigns/deinnetz/?utm_source=google&utm_medium=hpp&utm_campaign=11272012deinnetz

Meine Meinung (ich komme aus dem digitalen Bereich):
Dieser Leistungsschutz fördert veraltete digitale Geschäftsmodelle und hemmt digitale Innovation.

Warum sollten Verlage subventiert werden und anderer Webseiten mit hochwertigen Inhalten weiterhin ohne Entgeltzahlung in Google gefunden werden? Wenn die Verlage es nicht schaffen ihre qualitativ hochwertigen Inhalte gegen Entgelt zu verkaufen, dann ist kein Markt da bzw. der Wettbewerb durch mittlerweile teils qualitativ fast ebenso hochwertie freie Blog- und Newsbeiträge zu stark. Dies mag zur Folge haben, dass einige weitere Verlage in die Insolvenz rutschen - aber so ist der Lauf der Wirtschaft und möglicherweise der Branchenlebenszyklus. Ein staatlicher Eingriff verzögert diesen Lauf der Zeit letztlich nur, löst aber nicht das grundsätzliche Problem der Verlage: Im analogen Zeitalter hängen geblieben zu sein.

Viele durch digitale Werbung finanzierte Verlage schreiben bereits heute schwarze Zahlen im Onlinegeschäft und versuchen nun auf diese Art und Weise zusätzliche Umsätze trotz ineffizientem Geschäftsmodell zu erzwingen.

Darf das sein? Wie sehen Sie das? Wofür werden Sie stimmen?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Alexander Walz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Walz,

vielen Dank für Ihre E-Mail, mit der Sie sich zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage äußern (Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, Bundestags-Drucksache 17/11470). Entgegen der weit verbreiteten Meinung in der Öffentlichkeit, wurde noch rein gar nichts entschieden. Wir sind mitten in der Diskussion – wie das nach einer ersten Lesung im Bundestag auch ansonsten üblich ist.

Mit vielen anderen – mehrheitlich jüngeren – Kollegen meiner CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist mein Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen. Ich werde weiterhin die Diskussion verfolgen und mich entscheiden, wenn die endgültigen Lesungen des Gesetzes im Bundestag anstehen. Dies bedeutet auch, dass ich noch für Argumente offen bin. Ihre habe ich somit interessiert zur Kenntnis genommen.

Mein sehr geschätzter Kollege Dr. Peter Tauber hat in seinem Internetblog ( petertauber.wordpress.com ) vieles von dem geschrieben, was ich so oder ähnlich auch sehe. Deshalb schließe ich mich auch in weiten Teilen seiner Einschätzung an.

Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass die Verlage auch etwas von den Milliarden Euro an Werbeerlösen haben möchten, die vor allem Google einnimmt und von denen leider kein Euro an Steuern in Deutschland bleibt. Allerdings kann ich auch nachvollziehen, dass die Suchmaschinen darauf hinweisen, dass ohne sie die Nutzer gar nicht erst auf diese Seiten gelangen würden.

Wenn mich der Gesetzentwurf der Koalition auch bisher nicht vollkommen überzeugt hat, so enthält er doch auch richtige Gedanken und ist nicht so gedankenlos und lebensfern, wie oft behauptet wurde. Er zielt darauf, Presseverlage mit anderen sogenannten Werkmittlern gleichzustellen. Das Urheberrechtsgesetz kennt schon heute eine Vielzahl von Leistungsschutzrechten, durch die die spezifische Leistung eines Werkmittlers, beispielsweise eines Schauspielers, Musikers, Musik- oder Filmproduzenten, unabhängig vom Urheber als dem Schöpfer des Werkes rechtlich geschützt wird.
Presseverleger dagegen verfügen bisher nicht über ein entsprechendes Leistungsschutzrecht, obwohl sie ähnlich wie die genannten Berufsgruppen urheberrechtlich geschützte Werke, nämlich journalistische Artikel, einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen. Die spezifische Leistung des Verlegers liegt in der berufsmäßigen Veröffentlichung einer Vielzahl von Presseartikeln, die mit einem erheblichen technischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Aufwand verbunden ist. Ähnlich wie Produktmarken bürgen Verlage für eine besondere Qualität ihrer Erzeugnisse. Auswahl, Arrangement und Präsentation der Artikel bieten dem Leser Orientierung und erleichtern ihm den Qualitätsvergleich. Es ist auch ein Gebot der Gleichbehandlung nach Artikel 3 des Grundgesetzes, dass diese verlegerische Leistung – ähnlich wie bei anderen Werkmittlern – rechtlich geschützt wird.

Oft ist kritisiert worden, Verlage könnten schon bisher mit technischen Mitteln eine Nutzung ihrer Seiten etwa durch Suchmaschinen verhindern (Auslistung über robots.txt) oder ihr Angebot mit Bezahlschwellen versehen. Dies ist richtig, allerdings würde eine mögliche Einführung des Leistungsschutzrechts nicht nur Suchmaschinen – wie etwa Google – betreffen, sondern desgleichen auch so genannte Newsaggregatoren, die ohne Zustimmung des Verlegers mit Metacrawlern auch Paywalls unterlaufen und Presseerzeugnisse aufbereiten und wirtschaftlich weiternutzen.

Nach dem bisherigen Gesetzentwurf soll das Leistungsschutzrecht nur die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen zu gewerblichen Zwecken erfassen. Ausdrücklich wird dabei nur auf Suchmaschinen und sogenannte Newsaggregatoren abgestellt. Andere Nutzer – wie beispielsweise Blogger, Verbände, Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmen der sonstigen gewerblichen Wirtschaft und private oder ehrenamtliche Nutzer – würden vom vorgelegten Entwurf für ein Leistungsschutzrecht nicht betroffen. Das Zitatrecht und die übrigen Schranken des Urheberrechts würden auch für das Leistungsschutzrecht gelten.

Einen Konflikt mit dem rechtlichen Schutz der Urheber, das heißt vor allem der Journalisten, scheint es nicht zu geben: Nach dem Gesetzentwurf könnte das Leistungsschutzrecht des Presseverlegers ausdrücklich nicht zum Nachteil des Urhebers geltend gemacht werden. Ferner bestimmt der Gesetzentwurf, dass der Urheber angemessen an der Vergütung, die durch die Lizenzierung des neuen Leistungsschutzrechts generiert würde, zu beteiligen wäre.

Ich darf Ihnen abschließend versichern, dass wir den Gesetzentwurf im Rahmen des laufenden parlamentarischen Verfahrens und der Anhörung im Rechtsausschuss intensiv beraten werden. Dabei werden wir die vorgetragenen Argumente für und wider das Leistungsschutzrecht und im Hinblick auf mögliche Änderungen des Gesetzentwurfs im Einzelnen sorgfältig prüfen. Wie dargelegt gibt es durchaus Gründe für ein Leistungsschutzrecht. Ob aus meiner Sicht aber die Nachteile überwiegen, kann ich noch nicht abschließend sagen.

Wenn Sie noch weitere Fragen und Anregungen haben, können Sie sich gerne jederzeit wieder melden.

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Bilger MdB

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